Das am Westhang entlang des Seltenbachtals liegende Schmitzingen gibt einige Rätsel auf, zum Beispiel: Wie kann es sein, dass ein Dorf mehr Mitglieder in einem Verein hat als Einwohner? Wie kommt es, dass die Ortschaft auf dem Gebiet von Gaiß-Waldkirch liegt? Und warum trägt Schmitzingen eigentlich das Wappen einer ungarischen Königin? Die Antworten darauf gibt es hier.

Das Wappen

Das Wappen von Schmitzingen.
Das Wappen von Schmitzingen. | Bild: Stadt Waldshut-Tiengen

Königin Agnes von Ungarn stammte aus dem Geschlecht der Habsburger und war die Tochter des deutschen Königs Albrecht I. 1296 heiratete sie den ungarischen König Andreas III., der aber schon fünf Jahre später starb. Von 1317 an lebte sie, ohne ein Gelübde abzulegen, im Kloster Königsfelden in der Gemeinde Windisch (CH), das Agnes‘ Mutter gestiftet hatte. Mit wirtschaftlichem Geschick sowie umfangreichen Landkäufen führte sie das Kloster zur Blüte.

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Auch Besitzungen um die Gebiete von Eschbach, Gaiß und Schmitzingen herum gehörten dazu. Das Kloster übernahm seinerzeit das Wappen der Königin, ein Patriarchenkreuz auf rotem Grund, wie es auch auf dem Schmitzinger Wappen zu sehen ist. Königin Agnes von Ungarn stiftete im Jahr 1349 auch das Spital in Baden/Schweiz. Dort entsteht aktuell ein Neubau des Kantonsspitals, das Projekt wurde nach seiner Gründerin „Agnes“ benannt.

Das Gotteshaus: Darauf mussten die Schmitzinger bis zum Jahr 1953 warten.
Das Gotteshaus: Darauf mussten die Schmitzinger bis zum Jahr 1953 warten. | Bild: Melanie Mickley

Die Geschichte

Urkundlich wurde Schmitzingen erstmals 1266 unter dem Namen Smiczingen erwähnt. Am Südrand von Schmitzingen lag die verlassene Ansiedlung Stunzingen, die erstmals 1281 erwähnt wurde. Die Besiedelung des Seltenbachtals erfolgte jedoch schon einige Jahrhunderte früher. Seit dem Mittelalter war das religiöse Leben in Schmitzingen eng mit der nahegelegenen Kirche in Waldkirch verbunden, was erklärt, dass das Dorf erst im Jahr 1953 ein eigenes Gotteshaus bekam.

Die Aussicht: Idylle mit Rindern vor der Alpenkulisse.
Die Aussicht: Idylle mit Rindern vor der Alpenkulisse. | Bild: Melanie Mickley

Handwerk und Unterricht

377 Einwohner leben heute in Schmitzingen. Von den einst vielen Handwerkern gibt es nur noch eine Zimmerei und einen weiteren Zimmermeister. Im alten Schulhaus werden in der „Navi Klasse“ zwölf bis 17-jährige Schüler aus dem Landkreis zur Vermeidung von Schulabstinenz aufgefangen. Mit individuell angepasstem Unterricht und sozialpädagogischer Unterstützung werden neue Perspektiven für die Schüler entwickelt. Mit dem „Haus Benedikt“ befindet sich auch ein Aufnahmehaus für Wohnungslose im Ort und im Obergeschoss des Gemeindehauses lernen Migranten tagsüber Deutsch.

Das Veranstaltungshaus: Das ehemalige Feuerwehrgerätehaus dient nun als Gemeindehaus und wird auf vielfältige Weise genutzt.
Das Veranstaltungshaus: Das ehemalige Feuerwehrgerätehaus dient nun als Gemeindehaus und wird auf vielfältige Weise genutzt. | Bild: Melanie Mickley

Die Zugehörigkeit

Lange gehörte Schmitzingen mit Gaiß zur Einheitsgemeinde Waldkirch. Erst 1975, mit der Schaffung der Stadt Waldshut-Tiengen, wurde Schmitzingen zu einem eigenen Ortsteil. So liegt die Ortschaft zwar noch auf der Gemarkung Gaiß-Waldkirch, seine Ortsgrenzen kennt Ortsvorsteher Lorenz Eschbach dennoch genau. In seinem Büro in der Ortsverwaltung hängt eine detaillierte Karte, die die Begrenzung zu den benachbarten Ortsteilen zeigt.

Die Sage

An der Grenze zu Ay befinden sich sagenumwobene Reste eines Sandsteinkreuzes, das „Steinackerkreuz“, das zur Sühne einer Mordtat aufgestellt wurde. Der Sage zufolge soll hier spät abends hin und wieder ein kopfloser Schimmelreiter erscheinen.

Viele Ziele für eine Wanderung gibt es in alle Richtungen.
Viele Ziele für eine Wanderung gibt es in alle Richtungen. | Bild: Melanie Mickley

Die Landschaft

Vom Sommertal-Weg auf 580 Metern Höhe lassen sich die Landschaft und der Ausblick genießen. Über das Schmitzinger Tal blickt man auf die Aare-Mündung und den Rhein. Auch der Klingnauer Stausee ist zu sehen und, je nach Wetterlage, die Alpen. Von hier aus bieten sich einige Wanderwege, wie zum Beispiel zum Gupfen, nach Waldkirch, zum Indlekofer Feld oder mit Kindern über den Erlebnispfad Eibenwald zum Wildgehege in Waldshut, an.

Die Vereine

380 Mitglieder hat der Radsportverein – mehr, als es Einwohner gibt. Viele Sport- und Bewegungsbegeisterte aus den umliegenden Orten sind Mitglied, hier werden mit sieben Unterabteilungen verschiedenste Aktivitäten geboten wie Frauengymnastik, Aerobic, Kinderfußball, Hip-Hop, Jazztanz, die Jedermänner-Sportgruppe und die Theatergruppe. Letztere zieht mit den vier Theateraufführungen zum Jahresende ein großes Publikum an. Der Schmitzinger Eierlauf mit Geschicklichkeitsparcours ist eine Traditionsveranstaltung des Vereins, die am Ostermontag Hunderte Besucher anlockt. Im nächsten Jahr feiert der Radsport-Verein sein 100-jähriges Bestehen.

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Außerdem gibt es noch einen Narrenverein, der die Fasnachtsveranstaltungen organisiert, eine Seniorengruppe, die das „fatale Seniorentheater“ bildet sowie den im Gemeindehaus ansässigen Schlachthüsle-Verein. „Neben den vielen Aktionen in den Vereinen gibt es aber auch eine große Verbundenheit der Bewohner untereinander und man hilft sich gegenseitig. Das macht unser Dorf aus“, erklärt Ortsvorsteher Lorenz Eschbach.