Hans Loritz

Ihr zehnjähriges Bestehen feiert die Tagespflege St. Elisabeth dieser Tage. Es handelt sich um ein bislang einmaliges Kooperationsmodell von Bürgerstiftung Wehr, Caritas-Verband Hochrhein und St.-Elisabeth-Verein. Und die Wurzeln dieses Angebots reichen weit zurück – bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.

In vielen Ortschaften gründen sich Frauenvereine

Damals gründeten sich in vielen Ortschaften Badens Frauenvereine. Die Initiative ging auf die damalige Großherzogin von Baden, Luise Marie Elisabeth, zurück, eine überaus gebildete und volksnahe Frau. Sie heiratete 1856 den Großherzog Friedrich von Baden und schon 1859 gründete sie den ersten Badischen Frauenverein – mit der Maßgabe, dass man ihrem Vorbild überall folgen möge. Aufgabe der Vereine sollte es sein, sich um Arme, Kranke und Notleidende zu kümmern, auch in Friedenszeiten.

Amtsgericht Säckingen ermuntert zur Gründung

In der Folge wurden etliche Frauenvereine gegründet. Auch im Amtsbezirk Säckingen gab es Bemühungen, die Menschen zur Gründung von Frauenvereinen zu motivieren – so ebenfalls in Öflingen: „Wir ersuchen Sie deshalb, entweder in einer zusammen zu berufenden Versammlung der Frauen und Jungfrauen in Ihrer Gemeinde, oder in anderer geeignet scheinender Weise die Zwecke des Vereins auseinanderzusetzen und zur Bildung von Ortsvereinen zu ermuntern.“

Schreiben an den Gemeinderat Öflingen

Doch zunächst brachte die Initiative keinen Erfolg. Schließlich schrieb das Großherzogliche Bezirksamt Säckingen am 8. November 1901 an den Gemeinderat von Öflingen: „Die Gründung eines Frauenvereins in Öflingen betreffen. Nachdem die dortige Gemeinde eine Einwohnerzahl von 1400 Seelen erhalten hat, wird wohl die Einrichtung einer Krankenpflegestation in dortiger Gemeinde nicht mehr zu umgehen sein. [...] Bis Ende ds. Js. sehen wir einem Bericht über den Stand der Sache entgegen.“ Dem Druck folgend fasste der Gemeinderat am 12. Dezember 1901 den Beschluss: „Zur Gründung eines Frauenvereins sind die nötigen Schritte mit Aussicht auf Erfolg eingeleitet.“

Groß war die Zahl der „Kinderschüler“ auch Anfang der 1930er Jahre, die von einer Ordensschwester betreut wurden.
Groß war die Zahl der „Kinderschüler“ auch Anfang der 1930er Jahre, die von einer Ordensschwester betreut wurden. | Bild: Archiv

Dem Bezirksamt ging es allerdings nicht schnell genug. Im März 1902 mahnte es noch einmal: „Der Gemeinderat wird veranlasst, über den Stand obiger Sache sofort zu berichten!“ und erhielt daraufhin Nachricht über den Gemeinderatsbeschluss vom 12. April 1902: „Auf Anregung des Herrn Pfarrer Dolland haben sich noch eine Anzahl von Frauen zum Eintritt erklärt, sodaß die Gründung eines Frauenvereins und Einrichtung einer Krankenpflegestation gesichert sein sollten."

Am 21. April 1902 war es schließlich soweit: Der Frauenverein Öflingen wurde gegründet. Vereinszweck war gemäß Protokoll die Errichtung und Unterstützung einer Krankenpflegestation. Dazu wurden zwei Krankenschwestern aus Gengenbach beantragt.

Händchen mit dem Führungsgespann

Der jeweilige Bürgermeister und Ortsgeistliche wurden in den zehnköpfigen Vorstand berufen. Als Beirat wurde Herr Carl Denk ernannt. Erste Präsidentin des Vereines wurde Johanna van Eyk. Mit dieser personellen Wahl bewiesen die Mitglieder ein glückliches Händchen, denn das Führungsgespann hatte Pläne, die weit über die Einrichtung einer Krankenstation hinausgingen. Stattdessen befasste sich der neue Verein auch mit den Themen Kinderschule und Nähschule.

Gelände im Wasen für den Frauenverein

Das Gelände im Wasen an der heutigen Wehrastraße, ehemals eine Hammer- und Nagelschmiede und bis 1910 Produktionsstandort der Buntweberei Brennet, schien für diesen Zweck ideal. Der Ehemann der Frauenvereins-Vorsitzenden und Mitbegründer der Firma Weck, Georg van Eyk, verhandelte daher mit der Buntweberei und konnte die ganze Liegenschaft östlich und westlich der Wehra für den symbolischen Preis von 8000 Mark für den Frauenverein erwerben.

Ein mutiges Unterfangen für den Verein

In dem Haus sollten eine Kinderschule, die Krankenpflegestation, eine Nähschule und Räume für die Ordensschwestern beherbergen. Ein mutiges Unterfangen für einen jungen Verein. Doch Georg van Eyk stellte dem Frauenverein Öflingen ein Darlehen von 50 000 Mark zur Verfügung, und der Umbau der Fabrikhalle in das Haus St. Elisabeth konnte beginnen. Später hat Georg van Eyk dem Frauenverein das Darlehen erlassen und diesen damit zum wohlhabendsten Verein in der Region gemacht.

1913 eröffnet der Kindergarten

Im Juni 1913 konnte der Kindergarten eröffnet werden. Im Obergeschoss des Hauses entstand eine Schwesternstation. Gefordert war der Frauenverein vor allem während und nach dem Ersten Weltkrieg. Da wurde im Schulhaus ein Lazarett für erholungsbedürftige Soldaten eingerichtet. Die Betreuung übernahmen Freiwillige des Vereins.

1928 konnte der Frauenverein sein 25-jähriges Bestehen feiern. Aber schon packte man eine neue Aufgabe an und konnte 1930 das Altersheim als Pfründerhaus eröffnen. In dem Haus wurde auch eine Kapelle eingerichtet.

Im Nationalsozialismus ändern sich die Zeiten

Die Lage entwickelte sich im Großen und Ganzen sehr vorteilhaft für den Verein mit seinem Haus St. Elisabeth und den sozialen Leistungen. Das änderte sich in der Zeit des Nationalsozialismus. Denn vom NS-Regime vorgesehenen System der Gleichschaltung und Linientreue passte der Frauenverein nicht. Das Haus St. Elisabeth wurde dem Deutschen Roten Kreuz unterstellt, das man schon „auf Vordermann“ gebracht hatte. Und das war erst der Anfang.