500 Tage sind die im Mai 2019 neu gewählten Wehrer Gemeinderäte im Amt. Ein guter Anlass für eine Bilanz. Fast die Hälfte des Gemeinderats wurde bei der letzten Kommunalwahlwahl neu besetzt. Viel Zeit zum Einleben blieb den acht frischgebackenen Stadträten nicht: Vom Brennet-Areal über den Brand des Kindergarten Seebodens bis hin zur Corona-Pandemie kam von Anfang an große Themen auf den Tisch.

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Spannend, vielseitig und überraschend zeitaufwändig – so fassen es die neuen Gemeinderäte zusammen. „Die Arbeit ist sehr zeitintensiv – sowohl die Unterlagen als auch die Nachfragen“, erklärt Christine Mattes (CDU). Dazu kommen Fraktionssitzungen, Einführungskurse und natürlich die Sitzungstermine selbst mit ihren teils sehr umfangreichen Vorlagen.

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Um die städtischen Einrichtungen besser kennenzulernen, gab es für die Stadträte die große Tour – von Kindergarten über Kläranlage bis zum Wasserwerk. Eine zeitraubende aber auch interessante Erfahrung, so Björn Griener (FDP): „Man sieht das große Ganze, viel mehr als ein Außenstehender.“ Lob gibt es für die Zusammenarbeit über die Fraktionen hinweg: „Wir sind nicht immer einig, aber es wird gut diskutiert“, so Hans-Peter Zimmermann (FDP). Üblicherweise treffen sich die Fraktionen einige Tage vor der Gemeinderatssitzung und gehen gemeinsam die Unterlagen durch. Bei Fragen der Neuen können oftmals die erfahrenen Räte weiterhelfen, freut sich Mattes. Ansonsten werde bei der Stadtverwaltung nachgefragt. Man lerne dazu und diskutiere respektvoll, auch über Altersgrenzen hinweg, stellt Griener dazu fest.

Einige Wermutstropfen

Trotzdem gibt es Wermutstropfen: „Bei manchen Entscheidungen gab es nur kurzfristige Informationen. Ich hätte manchmal gerne mehr Zeit für Beratungen,“ so Stefan Engel (Grüne). Auch wünschen sich manche Stadträte etwas mehr Geschwindigkeit: „Ich hätte mir mehr Pragmatismus gewünscht. Oft herrscht die Sorge vor, das eine Entscheidung auch rechtssicher ist“, so Scheer. Dazu gebe es im System wenig Spielraum, vieles scheint umständlich und langwierig. „Ich bin enttäuscht über die schwerfällige Arbeitsweise, das war ernüchternd“, so auch Hans-Peter Zimmermann (FDP).

Der größte Brocken für die neuen Räte war eindeutig das Brennet-Areal. Hier habe man sich sehr reinknien müssen, denn eigentlich sollte der alte Gemeinderat das Projekt noch auf die Gleise bringen. Nach einigen Hürden sei man jetzt aber auf einem guten Weg, so Niedermayer. „Wenn wir das unter Dach und Fach bringen, ist das ein großer Erfolg – das wäre wohl nicht zu toppen“, so Griener. Ein weiterer Meilenstein war für viele das auf dem Brennet-Areal geplante Ärztehaus: „Wir konnten viel bewegen, was vorher nicht funktioniert hat. Solche Erfolgserlebnisse motivieren“, freut sich Stefan Tussing (CDU). Man muss sich einarbeiten und sollte viel Zeit einplanen: „Es ist wichtig, sich mit der Stadt zu Identifizieren. Und es muss einen natürlich auch interessieren, vom Ärztehaus bis zum Bebauungsplan“, so Petra Niedermayer (FW), die im März 2020 in den Gemeinderat nachrückte. Es sei eine große Verantwortung und auch Verpflichtung, so die einhellige Meinung.

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„Auch die Bürger nehmen Kontakt zu uns auf, man bekommt Anregungen und Rückmeldungen“, so Engel. Dazu könne man mitgestalten und so aktiv an der Stadtentwicklung teil haben, so Andre Langbein (SPD). „Aber wenn man nur mitmacht, um etwas zu ändern, dann holt man sich eine blutige Nase“, gibt Scheer zu Bedenken. Man müsse für die Entscheidungen des Gemeinderats geradestehen, auch wenn es nicht immer die persönliche Meinung wiedergebe. „Und man wird in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen: man steht unter Beobachtung, positiv wie negativ“, gibt Scheer potentiellen Interessenten auf den Weg. Eine große Verantwortung, die einigen neuen Stadträte zu Beginn auch ein paar schlaflose Nächte bereitet hat.