Wehr – Die Kreismülldeponie Lachengraben zwischen Schwörstadt und Wehr ist von der Europäischen Union (EU) erneut für ihren Beitrag zum Umweltschutz mit dem EMAS-Zertifikat ausgezeichnet worden. Grund sind die Verbesserungen im Umweltschutz der letzten Jahre, darunter die 2024 in Betrieb genommene Entgasungsanlage. Sie kann die zunehmend kleineren – aber deswegen nicht weniger klimaschädlichen – Mengen Methan neutralisieren, die bei der Zersetzung des Mülls entstehen. Beim Pressegespräch vor Ort am Mittwoch wurde die Zertifizierungsurkunde feierlich von der IHK Hochrhein-Bodensee überreicht.
Der Berg, auf den sich die Müllfahrzeuge hocharbeiten, ist gigantisch, bedenkt man, dass er über Jahrzehnte durch unseren Müll gewachsen ist. Seit der Lachengraben 1973 Kreismülldeponie wurde, hat sich – auch seitens des Mülls viel geändert: Inzwischen ist der Berg, der vom Tor aus zu sehen ist, begrünt. Solarzellen erzeugen Strom und zwischen ihnen lugen Betonschächte hervor. Bei diesen handelt es sich um sogenannte Entgasungsbrunnen, die Teil der RTO-Anlage (Regenerative Thermische Oxidation) sind.
Der Restmüll von früher zersetzt sich weiterhin. Dabei entsteht Methan. Deponieleiter Karl Thomann erklärte neben technischen Details, was die Anlage für den Umweltschutz leistet: „2022 hatten wir 143.000 Kubikmeter Gas mit einem Methananteil von 25 bis 28 Prozent. 2023 war der Umbau und letztes Jahr konnten wir 2,5 Millionen Kubikmeter Gas gewinnen, die einen Methananteil von gerade noch fünf oder sechs Prozent hatten.“ Das sei keine Zauberei, sondern Technik, mit der ein entscheidendes Problem gelöst wurde, und die unter dem Namen „Inspiro-Verfahren in Fachkreisen bekannt ist: In den versiegelten Bereich wird Luft gepumpt, die – zusammen mit dem Methan – durch erzeugten Unterdruck wieder abgesaugt wird. Durch die anschließende Erhitzung wird diese Gasmischung oxidiert und so neutralisiert, also unschädlich gemacht.
Mit der dabei entstehenden Wärme werden gedämmte Gebäude auf dem Gelände beheizt. „Wir beschleunigen damit auch die Abbauprozesse“, so Thomann. Überdies, so der Kreis, sei der Grundwasserschutz durch eine Reduktion des Sickerwassers stark verbessert worden. Heike Wagner von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee lobte das langjährige Engagement des Kreises, welches für Landrat Martin Kistler „Ansporn für weitere Verbesserungen ist“.
Noch Luft nach oben
Darüber hinaus ist auf dem Lachengraben und bei den Müllmengen im Landkreis ein Wandel erkennbar: Elmar Weißenberger, Leiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft des Kreises, nennt die Einführung der Biotonne 2019 einen entscheidenden Schritt: „Dadurch konnten wir die Müllmenge im Kreis von 32.000 Jahrestonnen binnen fünf Jahren auf 24.000 Jahrestonnen senken. Bei einem Anschlussgrad von aktuell 50 Prozent der Haushalte sehe ich da noch viel Luft nach oben“, sagte Weißenberger. Aus dem Biomüll wird in einer Vergärungsanlage in Singen Strom und Wärme erzeugt. Landrat Kistler dankt den Menschen, dass sie die Recyclinghöfe so gut annehmen. Das habe die Müllmenge drastisch reduziert und die Anlage soll noch bis 2080 in Betrieb bleiben und erweitert werden.
Neuer Restmüll wird nicht mehr eingelagert, stattdessen vor allem nicht verrottender Bauschutt und asbesthaltige Abfälle. In den nächsten Jahren rechnen die Verantwortlichen mit deutlich mehr davon und mit Verbundmaterial, etwa Steine mit Styroporfüllung oder Wärmedämmung. „Das war damals Stand der Technik, heute verbaut man vieles nicht mehr“, so Kistler. Permanente Kontrolle und technische Maßnahmen würden verhindern, dass sie ins Grundwasser gelangen. „Urban mining“ – mit neuen Technologien etwaige Rohstoffe auf Deponien gewinnen – wäre weiter möglich.
Fortschritt gebe es bei den Plänen, auf dem Lachengraben Erdaushub zu lagern, erklärte Weißenberger. Artenschutzrechtliche Untersuchungen und Gutachten würden ausgewertet. Infoabende, aber auch die verpflichtende Bürgerbeteiligung seien die nächsten Schritte.