Ein äußerst seltenes Jubiläum steht am Sonntag in Eggingen an, und das ganze Dorf feiert mit: Pfarrer Hans-Jürgen Allgaier kann auf 50 Jahre Priester-Tätigkeit in Eggingen zurückblicken. Dass der 85-Jährige seine gesamte Zeit als Pfarrer in einer einzigen Kirchengemeinde verbracht hat, ist im Bereich der Erzdiözese Freiburg die absolute Ausnahme. Bekanntheit erreichte Allgaier bundesweit als „Raketen-Pfarrer“: Die Raumfahrt ist sein großes Hobby.

Bereits im Frühjahr gab Bürgermeister und Sprecher des Gemeindeteams Eggingen Karlheinz Gantert den Vereinen in ihren Hauptversammlungen Bescheid und bat darum, dass diese sich für den 20. Oktober nichts anderes vornehmen. Das Jubiläum startet um 10.15 Uhr mit einem Gottesdienst zu Ehren des Schutzpatrons, den heiligen Gallus. Der Jubilar Pfarrer Hans-Jürgen Allgaier wird den Gottesdienst zusammen mit dem Leiter der Seelsorgeeinheit Eggingen-Stühlingen Heilig Kreuz Pfarrer Karl-Michael Klotz zelebrieren.
Der offizielle Festakt beginnt dann um 14 Uhr. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung vom Musikverein, dem Kirchenchor St. Gallus sowie dem Singkreis Eggingen. Für das leibliche Wohl sorgen die Landfrauen, das Gemeindeteam sowie die Ministranten. „50 Jahre in ein- und derselben Pfarrei als Priester wirken zu dürfen, ist wahrlich ein äußerst seltenes Ereignis. Und genau deshalb nimmt sowohl das Gemeindeteam der kirchlichen Pfarrgemeinde St. Gallus Eggingen aber insbesondere die politische Gemeinde Eggingen dies zum Anlass, das fünf Jahrzehnte lange Wirken von Herrn Pfarrer a.D. Allgaier in unserer Gemeinde mit einem Festakt zu ehren und zu würdigen“, freut sich Bürgermeister Karlheinz Gantert.
Beim Stöbern im Internet über Pfarrer Hans-Jürgen Allgaier stößt man schnell auf die informativen und kurzweiligen Videos, die nach entsprechenden Berichten in unserer Zeitung später in der Landesschau Baden-Württemberg ausgestrahlt wurden und in der ARD-Mediothek abrufbar sind. Dort werden auch die Begriffe „Raketenpfarrer“ sowie die Freundschaft Allgaiers mit Raketenpionier Wernher von Braun (1912-1977) erläutert.
Doch den Humor des Pfarrers kennen wohl nur die Egginger. Denn bei den Ausflügen mit dem Club der Weisen, wie das Altenwerk heute genannt wird und bei der Stürmung der Narren am schmotzigen Donnerstag in der Grundschule bringt der Pfarrer auch heute noch gerne kleine Überraschungen für die Erwachsenen mit, sorgt für gute Laune und jede Menge gute Unterhaltung und zeigt seine Nähe zu den Mitmenschen.
Ein Pfarrer als Himmelsstürmer
Pfarrer Hans-Jörg Allgaier interessierte sich schon als Jugendlicher für Raketen und Raumfahrt. 1953 hatte der gebürtige Heidelberger als Abiturient eine Reportage über den Raumfahrtpionier im Dienste der NASA, Wernher von Braun, gelesen und beschlossen: „Dem schreib‘ ich!“ Und es kam tatsächlich Antwort.
Daraus ist eine Brieffreundschaft entstanden, in deren Verlauf beispielsweise auch die Frage diskutiert wurde, ob bei einer zweijährigen Flugzeit zum Mars nicht die Anwesenheit eines Seelsorgers an Bord des Raumschiffs sinnvoll wäre.
1969 begegnete Allgaier seinem Idol dann persönlich. Wernher von Braun war auf Einladung des Verlagshauses Burda zu einem Vortrag nach Offenburg gekommen. „Als ich auf ihn zuging, hielten mich Sicherheitsleute zurück. Aber von Braun sagte: ,Lasst den Mann durch, das ist mein treuester Fan!‘“
Der bewegendste Tage in seinem Leben sei der 21. Juli 1969 gewesen, als die Raumfähre von Apollo 11 auf dem Mond landete, sagte der heute 84-jährige Pfarrer in einem Interview mit unserer Zeitung. Er erinnert sich: „Es war genau 3.56 Uhr und 21 Sekunden, als der Funkspruch kam ,Der Adler ist gelandet‘. – Das war für mich die Nacht der Nächte!“ Seine eigenen Raumfahrt-Ambitionen beschränkten sich auf das Abfeuern von Mini-Raketen – „einmal sogar vom Dach des Priesterseminares“, wie sich Hans-Jörg erinnert. Mit explosiven Treibstoffen kannte er sich aus: „Chemie war mein Lieblingsfach!“
Rafael Herrmann