Die Allensbacher Gemeindeverwaltung platzt aus den Nähten. „Wir haben eine absolut beengte Raumsituation“, klagte Bürgermeister Stefan Friedrich im Gemeinderat, „an Auszubildende ist im Moment nicht zu denken.“ Und schwierig sei es erst recht, in der aktuellen Corona-Situation die Abstände einzuhalten. Zudem sollte das Rathaus mehr bürgerorientiert sein, war Friedrich überzeugt: Es soll ein Bürgerbüro entstehen.

Kauf von weiteren Häusern

Bisher ist die Verwaltung nebst dem Rathaus in den Räumen unterhalb der Seniorenwohnanlage im Bereich Rathausplatz 8 bis 10 untergebracht. Um die Probleme lösen zu können, hat Allensbach im vergangenen Jahr eine wichtige Voraussetzung geschaffen: den Kauf des Hauses am Rathausplatz 7, in dem ein Frisörladen war. Schon damals war sich der Gemeinderat einig, dass gegen die Raumnot etwas getan werde sollte. Doch in der jüngsten Diskussion kamen auch Bedenken ans Tageslicht, wie und wann die Probemlösung angegangen werden soll angesichts diverser anderer Großprojekte und der schwieriger werdenden Haushaltslage.

Bürgermeister Stefan Friedrich: „Wir können gar nicht alles gleichzeitig machen.“
Bürgermeister Stefan Friedrich: „Wir können gar nicht alles gleichzeitig machen.“ | Bild: Scherrer, Aurelia

DRK gibt Seniorenwohnanlage auf

Zudem hat sich die Situation noch einmal geändert. Zum einen hat die Gemeinde jetzt auch noch das Haus Nummer 6 mit der Gaststätte Scharfes Eck zum 1. Dezember gekauft. Und zum anderen habe das Deutsche Rote Kreuz angekündigt, seine Sozialstation in der Seniorenwohnanlage im Jahr 2022 aus wirtschaftlichen Gründen aufzugeben, sagte der Bürgermeister.

Mehr an Büroflächen

Nun gehört der Gemeinde also der komplette Gebäuderiegel zwischen Pfarrbüro und Löwengässle, und in dem Bereich sollte eine funktionierende Einheit entstehen, war der Bürgermeister überzeugt. Die Verwaltung soll rund 170 Quadratmeter an Bürofläche zusätzlich erhalten – und eben ein Bürgerbüro. Hierfür schlägt die Verwaltung nebst den bestehenden Verwaltungsräumen unterhalb der Seniorenanlage vor allem das Haus 7 sowie den Umbau einer Seniorenwohnung vor. Im Gegenzug sollen in den bisherigen DRK-Räumen ein bis zwei neue Seniorenwohnungen entstehen.

Der Blick von der anderen Seite. In diese Häuserzeile will Allensbach ein Bürgerbüro integrieren.
Der Blick von der anderen Seite. In diese Häuserzeile will Allensbach ein Bürgerbüro integrieren. | Bild: Zoch, Thomas

Wie viele Büros sollen es werden?

Wie das Gesamtkonzept aussehen könnte, soll ein Architekturwettbewerb aufzeigen. Zunächst sollen sich alle interessierten Architekten bewerben dürfen. Vermutlich, so Stefan Friedrich, sei das vor allem für jene interessant, die auf Umbauten im Bestand und Errichtung von Bürgerbüros spezialisiert sind. Aus allen Bewerbungen ließen sich für den weiteren Wettbewerb drei bis fünf Büros auswählen. Der Gemeinde lägen dann mehrere Entwürfe vor und sie könne den besten zum Sieger küren. Das Projekt soll begleitet werden von dem in solchen Prozessen erfahrenen Architekten und Stadtplaner Thomas Hirthe aus Friedrichshafen. Hirthe erklärte im Gemeinderat, die Vorbereitungsphase mit der Erstellung eines Raumprogramms werde einige Monate dauern. Für den eigentlichen Wettbewerb seien etwa 90 Tage anzusetzen.

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Rochus Schulter blickt kritisch auf Kosten

Der Gemeinderat stimmt dem Wettbewerb zwar grundsätzlich zu – bei zwei Enthaltungen. Doch es gab einige kritische Anmerkungen zum Ausschreibungstext, zum Verfahren und zur Finanzierung. Rochus Schulter (CDU) war der Ansicht, Wunsch und Realität lägen hier auseinander. Bei diesem Ausmaß an Umbauten betrügen die Kosten rasch mindestens 2 Millionen Euro. „Das lässt sich doch gar nicht umsetzen“, sagte Schulter. Ob das in Etappen zu machen sei, wollte er wissen. Bürgermeister Friedrich betonte: „Wir können gar nicht alles gleichzeitig machen.“ Es gebe auch noch keinen Zeitplan, und die Kosten seien schwer abzuschätzen. Thomas Hirthe sagte, den Architekten könnte ein Kostenrahmen vorgegeben werden.

Patrick Konopka, FDP: „Ich sehe das Nutzungskonzept ambivalent.“
Patrick Konopka, FDP: „Ich sehe das Nutzungskonzept ambivalent.“ | Bild: Tassilo Stewanowitsch

Mehr als nur Stühle und Tische in die Räume

Karin Heiligmann (Freie Wähler) erschloss sich der Sinn eines Architekturwettbewerbs nicht, wenn nur ein Teil der Gebäude umgebaut werden soll. Stefan Friedrich erwiderte, es sei nicht damit getan, bestehende Räume mit Tischen und Stühlen zu Büros umzufunktionieren, „dann hat man kein bürgerorientiertes Rathaus.“ Und das bestehende Verwaltungsgebäude unterhalb der Seniorenwohnanlage erfülle diesen Anspruch auch nicht, obwohl es erst gut 20 Jahre alt ist.

Jetziges Rathaus mit Defiziten

Unterstützung erhielt er von Tobias Volz (SPD). Beim aktuellen Verwaltungsgebäude seien schon nach wenigen Jahren Defizite klar geworden. Es habe nichts mit einer von ihm gewünschten offenen Gemeinde zu tun, wenn die Bürger an einer Bürotür klopfen müssen. Und es brauche eine funktionierende Verwaltung. „Die sitzen da in dunklen Löchern“, sagte Volz. Aber es bräuchte in dem Verfahren eine klare Festlegung der Bauphasen und wann sich die Gemeinde etwas leisten könne. Die Auswahl der Zahl der Architekten sollte übersichtlich bleiben. Dieser Ansicht war auch Jeanette Klingbeil (Bunte Liste). Sie betonte zudem, dass es eher zusätzliche Seniorenwohnungen geben sollte: „Der Bedarf ist da.“

Tobias Volz, SPD: „Die sitzen da in dunklen Löchern.“
Tobias Volz, SPD: „Die sitzen da in dunklen Löchern.“ | Bild: irpix

Geld falsch eingesetzt?

Bürgermeister Friedrich sagte, auch hierfür könnte der Wettbewerb vielleicht eine Lösung liefern. Patrick Konopka (FDP) sagte: „Ich sehe das Nutzungskonzept ambivalent.“ Natürlich brauche es eine modernisierte Verwaltung. Aber dafür sei der Kauf des Hauses Nummer 6 mit der Gaststätte nicht notwendig gewesen. Das Geld wäre besser für den Umbau genutzt worden. Auch er plädierte dafür, die Zahl der teilnehmenden Architektenbüros zu beschränken.