Wer sich im Internet über den Mindelsee informiert, der findet einige Fakten über einen „Gletscherzungensee auf dem Bodanrück auf den Gemarkungen Möggingen und Markelfingen im östlichen Gemeindegebiet von Radolfzell“. So weit, so richtig. Mit einer minimalen Einschränkung allerdings.
Ein ganz kleiner Teil des dortigen Naturschutzgebiets, nur wenige Meter vom Ufer entfernt, gehört zur Gemarkung der Gemeinde Allensbach.
Versteckt findet sich diese Tatsache unter anderem im Namen der Narrenzunft Ducherle aus dem Allensbacher Ortsteil Kaltbrunn. Die Mäschgerle mit den Blässhuhnmasken werden auch an dieser Fasnacht ihr närrisches Unwesen treiben – und mit vollem Namen heißen sie seit nunmehr 81 Jahren „Ducherle vom Mindelsee“.
Die Legende, wie die Durcherle zu ihrem Namen kamen
Als 1938 der Narrenverein Alet aus Allensbach die damals noch eigenständigen Kaltbrunner närrisch eingemeinden wollte, mussten die Nachbarn sich natürlich wehren. Kurzfristig wurde in der damaligen Gaststätte Quelle, die lange Zeit das Ducherlenest war, die Gründungsversammlung einberufen. Einer Legende nach fiel während der Besprechung ein ausgestopftes Blässhuhn vom Fensterbrett – und die Kaltbrunner Narren hatten durch diesen Zufall im „Taucherle“, dem Ducherle, ihr Maskottchen gefunden.
„Diese Geschichte kenne ich zwar nicht“, sagt Peter Waidele, seit 1991 Präsident des Vereins, doch er erklärt: „Man wollte sich geografisch von den Allensbachern absetzen. So kam die Idee mit den Ducherle vom Mindelsee.“

In den ersten Jahren wurde am Mittwochabend vor dem Schmotzigen Dunschtig auf den Gemeinmerkerhöfen noch die Kaltbrunner Fasnacht eröffnet. „Das war lange vor meiner Zeit als Vorsitzender“, sagt Waidele, nach dessen Kindheitserinnerungen der Fanfarenzug vor jedem Haus gespielt hat und bewirtet wurde. „Am Donnerstag wurde dann ein kleiner Narrenbaum gesetzt, und die Narren wurden anschließend im Gasthaus Mindelsee von den Anwohnern der fünf Höfe bewirtet“, sagt der Narrenpräsident.
Heute haben die Ducherle, vom Namen einmal abgesehen, keinen Bezug mehr zum Mindelsee
„Der Kaltbrunner Teil ist schwer zugänglich, weil er sich in der Nähe des Stöckenhofs mitten im Naturschutzgebiet befindet“, sagt Waidele. „Daher ist es nicht denkbar, dort die Ducherle am 11.11. zum Leben zu erwecken.“
Zwischenzeitlich diente der Mindelsee den Ducherle jedoch gezwungenermaßen als Rückzugsort. Nur zwei Jahre nach ihrer Gründung seien sie dort „von 1940 bis 1947 durch Krieg und sonstige Ereignisse untergetaucht“, heißt es in einer Schrift aus der damaligen Zeit. Trotz des Weltkriegs verloren die Ducherle aber „nie die Hoffnung, aus den kalten Gewässern aufzutauchen, um fröhlich und munter wieder ihr Geschnatter über die Dächer des Dorfes klingen zu lassen“.
So steht es in der Chronik zum 50-jährigen Jubiläum der Zunft. „Im Jahr 1948 war es dann endlich wieder soweit“: Laut der Chronik reckten einige ganz freche Ducherle „ihre Köpfe aus dem Wasser, watschelten an Land, um zu sehen, ob die Narretei die böse Zeit gut überstanden hatte“.
Heute wissen wir: Sie hat
Die Ducherle aus dem zwar nicht närrisch, inzwischen aber politisch eingemeindeten Kaltbrunn sind aus der hiesigen Fasnacht nicht mehr wegzudenken. Mehr als 70 Jahre, nachdem sie wieder aufgetaucht sind aus ihrem Mindelsee.