Es ist schon deutlich zu sehen: Helle Balkenstücke hier und da, offene Dachgauben, Farbunterschiede bei den Dachziegeln. Die Sanierung der im Jahr 1772 erbauten Schlosstorkel in Bodman läuft auf Hochtouren. "Es ist eine Art chirurgische Arbeit unter Wahrung des Bestands", beschreibt Architekt Tobias Jaklin den Austausch von nicht zu rettenden Holzteilen in einer speziellen Technik.

Mit Expertenhilfe gab es zunächst eine Überprüfung, wo das Holz erhalten werden kann und wo es ersetzt werden muss. Wenn etwas ausgetauscht werden müsse, geschehe das mit historischer Arbeitstechnik und nachgeahmter Bausubstanz, erklärt Jaklin. Ein Beispiel dafür ist der Mörtel für die Steine, die beim Austausch des Fachwerks zwischen den Balken herausgenommen und später wieder eingesetzt werden. Die waagerechten Dachlatten unter den Ziegeln werden sogar rund herum komplett erneuert.

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Wie in der Medizin heißen die Ersatzstücke an den Holzbalken Prothesen. Durch diese gleicht die Fassade der Torkel oder so mancher Bereich im Inneneren derzeit ein wenig einem Holzflickwerk. Das historische Holz ist dunkel, das neue ganz hell. Beides ist Eiche und beides werde bald gar nicht mehr so unterschiedlich aussehen, erläutert Jaklin. Denn das neue Material werde mit der Zeit von selbst nachdunkeln. Alle Schritte beim Ersatz würden mit höchster Präzision gemacht. "Da passt später kein Blatt Papier dazwischen." An manchen Stützbalken sind die Reparaturen sogar so möglich, dass später nichts zu sehen ist.

Architekt Tobias Jaklin zeigt wiedereingesetzte Steine an einer sanierten Gaube.
Architekt Tobias Jaklin zeigt wiedereingesetzte Steine an einer sanierten Gaube. | Bild: Löffler, Ramona

Wer in diesen Tagen vor dem Gebäude steht, sieht, dass vor allem im Sockelbereich zwischen den beiden Eingangstoren viel Ersatz nötig war. Das liege daran, dass links an der Schloss­torkel ein historischer Putz sei, der es erlaube, dass Feuchtigkeit aus dem Boden verdunstet und nicht ins Holz zieht, erklärt Jaklin. In der Mitte sei dies nicht möglich gewesen. Dort sei etwa in den 1970ern ein Zementputz aufgebracht worden. Wasser konnte so nach oben ins Holz ziehen und dieses verfaulte innen. An Stellen wie diesen zeigten sich beim Sanieren interessante Zusammenhänge und grundsätzliche Gesetze des Bauens, so Jaklin. "Aus dem Sanieren lernt man so vernünftiges Bauen." Der ursprüngliche Zustand der Wand werde nun wiederhergestellt. Ebenso verdeutliche soetwas, dass auch im vorindustriellen Zeitalter gutes Bauen möglich gewesen sei. Ein leichtes Gefälle zwischen den geduckten Schleppgauben ist eines der Beispiele dafür. So fließe dort das Wasser ab und komme nicht an die Gauben selbst heran, erklärt der Architekt.

Die Arbeiten laufen überall im Gebäude parallel. Innen sind Mitarbeiter der Schreinerei und Zimmerei Hummel aus Heiligenberg unterwegs, auf dem Dach ebenfalls. Dieses hat auf 900 Quadratmetern Fläche rund 33 000 Biberschwanz-Ziegel und eine ganze Reihe kleiner Dachgauben. "Wir müssen etwa ein Drittel der Ziegel austauschen, weil sie zu stark verwittert sind", sagt Jaklin. Die Mitarbeiter des auf historische Bauwerke spezialisierten Betriebs retten, was möglich ist. Beim Holz müssen zwar frische Balken ran, aber bei den Ziegeln sieht es anders aus. Denn das Gräfliche Haus Bodman hat einen Vorrat von rund 15 000 historischen Biberschwanz-Ziegeln. "Wir sammeln und kaufen Bestände auf", erklärt Jaklin. Viele Ziegel seien von anderen alten Gebäuden in Bodman-Ludwigshafen, aber das Gräfliche Haus stehe auch in Kontakt mit einem Händler für gebrauchte Baustoffe. Rund 11 000 dieser gesammelten Ziegel werden nun das Dach der Torkel ergänzen. "Es ist das wichtigste historische Dach in Bodman." Da die Ziegel aus der Umgebung stammen, haben sie auch etwa dieselbem Maße, so dass dies problemlos möglich ist. Auf der Dachfläche liegen Rundbogenziegel, unter den Gauben die unten etwas flacheren Segmentziegel.

Ralf Kurz von der Firma Hummel deckt das Dach wieder mit Biberschwanzziegeln ein.
Ralf Kurz von der Firma Hummel deckt das Dach wieder mit Biberschwanzziegeln ein. | Bild: Löffler, Ramona

Die Mitarbeiter der Firma Hummel seien sehr engagiert, lobt Jaklin. Sie seien sich der besonderen Kunstfertigkeit bewusst. Alle Ziegel werden Stück für Stück abgedeckt, repariert oder ersetzt und wieder eingedeckt. Die Experten haben extra eine Spülmaschine so umgerüstet, dass die Ziegel damit von Moos und organischen Resten befreit werden können und so fit für die nächsten Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte werden. Momentan laufen die Arbeiten auf der Westseite (Vorderseite) der Torkel. Die Ostseite sei erst später. Dies geschehe aus Rücksicht auf die Tourismussaison und umliegende Vermieter. Rücksicht nehmen die Arbeiter auch auf einzelne Fledermäuse unter dem Dach, indem die Sanierung in Etappen stattfindet, so dass diese immer Rückzugsmöglichkeiten haben.

Die Sanierung soll bis Mai 2019 abgeschlossen sein. Die Kosten liegen bei rund 650 000 Euro. Das Gräfliche Haus erhält für die Maßnahme Mittel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. In die Torkel, die übrigens wie die namensgebende historische Obstpresse heißt, wird später ein Fossilien-Museum einziehen. Es soll auch wieder eine Gastronomie geben. Dies kündigte Johannes von Bodman bereits zum Auftakt der Sanierung im Juni an. Bisher laufe laut Tobias Jaklin aber noch die Suche nach einem Pächter: "Es wäre schön, wenn sich eine Gastronomie mit dem Museum verzahnen würde."