Ein Wink des Nachbarn, unbedingt in den Keller zu gehen, hat Rudolf Stier und seiner Familie das Leben gerettet. Als die Alliierten am 22. Februar 1945 Engen aus der Luft bombardierten, war Stier acht Jahre alt. 80 Jahre später erinnert er sich an diesen Tag, der sich über so viele Jahre in seinem Kopf eingebrannt hat. Anlässlich der Gedenkfeier am Samstag, 22. Februar, lässt er als einer der letzten Zeitzeugen seine Erlebnisse noch einmal Revue passieren.

Schon den ganzen Vormittag seien Flugzeuge über Engen hinweggezogen, erzählt Rudolf Stier. Die Bomben fielen kurz nach der Mittagszeit. Ein heftiger Knall und danach sei es erst einmal still gewesen. Der Vater habe mühsam mit den Händen ein Loch gegraben, um für frische Luft im Keller zu sorgen. „Wir sind gegen 17 Uhr wieder aus dem Keller rausgekommen und alle Häuser um uns herum bis auf eins waren weg“, erinnert sich der Engener an das verstörende Bild der Mundingstraße, in der er wohnte.

Nachbarn hätten ihn und seine Familie aus den Trümmern befreit. Aus Angst vor weiteren Angriffen habe seine Familie die Nacht zusammen mit anderen Menschen aus dem Altdorf im Bunker bei der Gärtnerei Weggler verbracht.

Operation Clarion forderte viele Opfer

An diesem Tag kamen durch den Luftangriff 31 Menschen in Engen zu Tode, außerdem gab es viele Verletzte und Schwerverletzte. Insgesamt wurden 100 Häuser in der Stadt zerstört oder beschädigt. „Engen wurde Opfer einer der größten Luftangriffe der Alliierten“, erläutert Stadtarchivar Wolfgang Kramer. Am selben Tag wurden in der Nähe ebenso Singen, Meßkirch, Überlingen und Geisingen bombardiert. Ziel der Aktion waren eigentlich Verkehrsknotenpunkte wie der Engener Bahnhof. Die Bomben landeten aber einige Meter weiter im Altdorf.

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Es waren die Erzählungen von Rudolf Stier, die Bürgermeister Frank Harsch bewegt und ihm bewusst gemacht hätten, was in Engen damals geschehen ist. So sei auch die Idee für eine Gedenkfeier am 22. Februar 2025 entstanden. „Wir machen das, damit man etwas daraus lernt“ und damit sich die Geschichte nicht wiederhole. „Krieg ist das letzte Mittel, das es überhaupt geben kann“, vermittelt Harsch.