Das neue Format „Stadtgespräche im Engener Kornhaus“ steckt gerade noch in den Kinderschuhen, doch der zweite Termin am Mittwoch, 5. März, sorgt schon für laute Kritik. Denn dafür hat Bürgermeister Frank Harsch die bekannte Journalistin und ehemalige ARD-Moskau-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz eingeladen. Die verspricht einerseits eine spannende Gesprächspartnerin mit großem Erfahrungsschatz zum Thema Russland zu sein, doch ihre Einladung sorgt auch für Unverständnis. Woran genau sich die Kritik entzündet und welche Haltung Bürgermeister Harsch dabei einnimmt.
Gabriele Krone-Schmalz war von 1987 bis 1991 Moskau-Korrespondentin der ARD – also während der Zeit, als der Eiserne Vorhang fiel. Entsprechend prägte die Journalistin mit der markanten Frisur die damalige Nachrichtenlandschaft mit. Osteuropa und explizit Russland waren bereits im Studium der Geschichte, Slawistik und Politikwissenschaften ihr Schwerpunkt. Danach widmete sie sich beispielsweise 2007 als Autorin dem ihrer Meinung nach verzerrten Russlandbild des Westens.
Kritik wegen Verharmlosung russischen Handelns
Offene Kritik entzündete sich an Krone-Schmalz‘ Äußerungen nach der Einnahme der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014. Die beurteilte sie nicht als völkerrechtswidrige Landnahme, sondern bezeichnete sie als „Notwehr unter Zeitdruck“. Durch ihre Relativierung russischen Handelns wurde sie in den Medien teilweise als Putin-Versteherin bezeichnet.
In ihrem 2015 erschienenen Buch „Russland verstehen“ blende sie die politische Opposition in Russland aus, zeige nur wenig Empathie für die Opfer auf ukrainischer Seite und verharmlose die Krim-Annexion, so die Kritik der Rezensenten. Wissenschaftler werfen ihr außerdem vor, die innenpolitischen Motive, nämlich den Machterhalt im eigenen Land, für Putins Expansionswillen außer Acht zu lassen.
Bürgermeister zeigt sich überrascht
Dass Gabriele Krone-Schmalz nun zum Gespräch nach Engen eingeladen wurde, sorgt auch im Hegau für Kritik. Die wurde sowohl als Hinweis gegenüber dem SÜDKURIER als auch gegenüber dem Rathauschef geäußert, wie dieser auf Nachfrage bestätigt.
„Es war von mir nicht gewollt, jemanden zu erzürnen“, sagt Frank Harsch mit Nachdruck. Russland sei ein sehr zeitkritisches Thema und die Einladung sei aus diesem Impuls heraus erfolgt. „Es hat keinen tieferen Grund, warum ich Gabriele Krone-Schmalz eingeladen habe. Sie ist eine anerkannte Journalistin, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und Grimme-Preisträgerin“, begründet er. Mit Kritik, die die Einladung unter anderem sogar einen Skandal nennt, habe er nicht gerechnet, gibt Harsch offen zu.
Er sieht allerdings auch keinen Grund dafür, jetzt in die Defensive zu gehen. Er könne den Vorwurf an Krone-Schmalz, Putin-freundlich zu sein, so nicht nachvollziehen, sagt er. Ihm sei ganz wichtig, dass die Journalistin in Engen keinen Vortrag halte, sondern zu einem Dialog mit Moderatorin Isabel Meier-Lang eingeladen sei, bei dem auch Fragen zu den Kritikpunkten gestellt werden sollen.
„Wir sind frei im Denken“
Menschen, deren Aussagen Kritik hervorgerufen haben, nicht mehr zu hören oder einzuladen, lehnt er ab. „Wo führt denn das hin, dass man nicht einmal mehr bereit ist, in den Dialog zu gehen?“, fragt er. Mit so extremen Reaktionen habe er nicht gerechnet. „Wir sind frei im Denken und das dürfen wir uns nicht kaputt machen lassen“, so seine feste Überzeugung.
Neben der Kritik ist das Interesse am Stadtgespräch riesig. Die Tickets für 5 Euro für die Veranstaltung mit insgesamt 80 Plätzen waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. „Wir könnten damit glatt noch Geld verdienen“, so Harsch, wenn die Veranstaltung in die deutlich größere Stadthalle umziehe. Aber das komme nicht in Frage, denn bei der Veranstaltungsreihe sei schließlich die Belebung des Kornhauses das Ziel.