Es gibt Kollegen, die sind so lange dabei, dass sie zum sprichwörtlichen Inventar eines Unternehmens gehören. Albert Bittlingmaier ist einer dieser Kollegen. Etwa 30 Jahre lang gehörte er allein zum Team der SÜDKURIER-Redaktion in Singen, zuvor führte ihn sein Berufsweg aber auch in die Villinger Redaktion des Medienhauses. Seit Frühjahr 2023 war er als Editor in der SÜDKURIER-Redaktion tätig und brachte zahllose Texte aus dem ganzen Verbreitungsgebiet in Form und auf die Seiten der gedruckten und digitalen Tageszeitung.

Dass es für ihn beruflich einmal in Richtung Journalismus gehen würde, war dabei keineswegs ausgemacht. Zuerst machte er nämlich eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Das Abitur machte er am Abendgymnasium und in dieser Zeit ging es für ihn auch mit dem Journalismus los, zunächst als freier Mitarbeiter.

Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1992 und aus der SÜDKURIER-Redaktion Villingen.
Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1992 und aus der SÜDKURIER-Redaktion Villingen. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Wer Albert Bittlingmaier kennt, weiß, dass es abgesehen von seiner Arbeit und neben seiner Familie noch eine weitere Leidenschaft für ihn gab: den Fußball. Schier endlos ist die Liste an Verbindungen, die sich durch dieses Thema ergaben. Der frühere Bundestrainer Jogi Löw? HSV-Legende Uwe Seeler? Na klar, Bittlingmaier hatte beide schon getroffen. Mal ganz zu schweigen von seinem weitverzweigten Netzwerk an Ansprechpartnern in der Region.

Selbst Tuner kennen den Mann aus dem Hegau

Keine Frage, der Mann ist vernetzt bis in die Haarspitzen und hat ein Adressbuch, für das man ein Vermögen hinblättern würde. Und sogar zu völlig unerwarteten Gelegenheiten wurde man mitunter auf ihn angesprochen. Bei einem Treffen der Autoposer- und -tunerszene zum Beispiel. Da sprach an einem späten Freitagabend ein junger Mann den Autor dieser Zeilen an: „Kennen Sie eigentlich Albert Bittlingmaier?“ Unser Albert, ausgerechnet in Tuner-Kreisen unterwegs? Damit konnte nun wirklich niemand rechnen. Der junge Mann klärte dann aber auf: Sein Vater sei mit Bittlingmaier bekannt.

In der Redaktion war Albert der Spezialist für die Themen aus den kleinen Orten, aus dem oberen Hegau, wo er herstammte und lange auch für die Berichterstattung verantwortlich war, und für die Themen aus den Singener Ortsteilen – immer mit einem Herz für die Menschen und einem Gespür für das, was sie bewegt.

Uwe Seeler? Klar, kenne ich. Albert Bittlingmaier mit „Uns Uwe“ 1993 in Kärnten.
Uwe Seeler? Klar, kenne ich. Albert Bittlingmaier mit „Uns Uwe“ 1993 in Kärnten. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Und was noch besser ist: Albert Bittlingmaier geht zwar offiziell in den Ruhestand. Als freier Mitarbeiter will er aber wieder für die Singener SÜDKURIER-Redaktion schreiben. Insofern kann man sich über diesen Abschied dann auch wieder ein bisschen freuen – denn freie Mitarbeiter sind immer willkommen. (eph)

Ein spontaner Teamplayer

Albert Bittlingmaier war in der Singener Redaktion, in der ich ihn schon während meines Volontariats im Jahr 2000 kennenlernte, nicht nur für sein Fußball-Knowhow, seine unerschöpflichen Kontakte, seine Bodenständigkeit und sein Unverständnis für Überheblichkeit und Kulturberichterstattung bekannt. Letztere fand er übrigens völlig überbewertet und wollte sie lieber durch Berichte vom Spielfeldrand des FC Rielasingen-Arlen ersetzt wissen.

Albert war auch ein Meister des Nicht-Festlegen-Wollens, besonders wenn es darum ging, freie Tage aus Sonntagsdiensten zu bestimmen. Über Monate im Voraus planen, das war nicht sein Ding. Die Dinge auf sich zukommen zu lassen und auf das zu reagieren, was gerade ansteht, schon eher. Diese Spontanität kam den Redaktionskollegen dann zugute, wenn es darum ging, einzuspringen, wenn jemand krank wurde oder nicht konnte. Kollegialität und Teamgeist wurden in der Singener Redaktion schon immer großgeschrieben und da war Albert ein guter Kollege. (jac)

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Geht ins Ohr, bleibt im Kopf

Es gibt ja Kollegen, die brauchen Ruhe am Arbeitsplatz, doch dazu zählt bit nicht. Ruhe macht ihm zu schaffen, weil dann die Tinnitus-Geräusche unangenehm überhandnehmen. Also dann lieber das Radio an und dem Besten aus den 70ern, 80ern, 90ern und von heute lauschen. Das sorgt für sonore Hintergrundgeräusche – und dank der Verkehrsnachrichten verpasst man auch fast keinen schweren Unfall. Nebenbei sorgt das dann sogar noch für Aktualität.

Immer nah bei den Menschen: Bittlingmaier (rechts) mit dem freien SÜDKURIER-Mitarbeiter Jürgen Waschkowitz (links) bei einer Leseraktion.
Immer nah bei den Menschen: Bittlingmaier (rechts) mit dem freien SÜDKURIER-Mitarbeiter Jürgen Waschkowitz (links) bei einer Leseraktion. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Aber unfallträchtig kann es werden, wenn der Sender einmal unerwartet aus dem populären Bereich ins klassische Fach wechselt und wider Erwarten Astor Piazzolla statt Andrea Berg tönt. Der Jazz-Freund am Schreibtisch gegenüber denkt: „Welch‘ schöne Überraschung!“ – doch noch ehe der Gedanke zu Ende gedacht ist, hört man ein Knistern. Bit wechselt die Welle und schlagartig kommt wieder das Beste – aus den 70ern, 80ern, 90ern und von heute.

Und ohne Frage, auch aus diesen Jahren gibt es Schlager, die man immer wieder hören kann. Trude Herrs Hit zum Beispiel „Niemals geht man so ganz…“ Das könnte ja auch für den Kollegen mit dem Kürzel bit gelten. Als Rentner hat er dann womöglich wieder mehr Zeit, sich seinen Lesern zu widmen. Dass die ihn die letzten Jahre vermisst haben, konnte man immer wieder heraushören. Und das Radio kann man ja auch anmachen, ohne dass bit dabei ist. Gerne wieder das Beste aus den 70ern, 80ern, 90ern und von heute. (bie)

Nur beim Plutonium war bit nicht vor Ort

Als langjährige Kollegen teilten Albert Bittlingmaier (bit) und Gudrun Trautmann (gtr) sich einige Jahre ein Büro. Schreibtisch an Schreibtisch konnte man bit etwas genauer kennenlernen. Ein echtes Hegauer Urgestein. Engen, Tengen, überhaupt der Randen mit seinem Heimatort Wiechs und dann Gottmadingen sind ihm vertraut wie die eigene Westentasche. Kein Wunder also, dass er immer wieder mit kuriosen Geschichten um die Ecke kam.

Albert Bittlingmaier (links) als Kind mit seinen Geschwistern.
Albert Bittlingmaier (links) als Kind mit seinen Geschwistern. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Besonders der Wiechser Fußballplatz hatte es ihm angetan. Die Story von dessen Grenzlinie, die zugleich Außengrenze zur Schweiz ist, zählte zu seinen Lieblingen. Die Landnahme der Schweizer Bauern beschäftigte ihn.

Gewaltig ärgerte ihn, dass er gerade im Urlaub war, als man in einer Wiechser Garage hochradioaktives Plutonium fand. Wie konnte es sein, dass bit nicht da war, als der größte Skandal die beschauliche Dorfidylle störte? Kollegin gtr übernahm und konnte kaum glauben, wie weit Wiechs von Singen entfernt ist. Und von Wiechs fuhr Albert einst mit dem Bus zur Schule ins Hegau-Gymnasium. Was für eine Leistung. (gtr)

Der Urlaubskampf des Albert B.

Quellenschutz wird bei der Zeitung mitunter groß geschrieben. Redakteure haben die Möglichkeit, wichtige Informationsquellen anonym zu halten. Aber auch Urlaubsplanungen können mitunter Quellenschutz erfordern. Wir schreiben das Jahr 2020, es ist mein erstes in der Singener Lokalredaktion. Sechs Kollegen, alle mit unterschiedlichen Urlaubswünschen.

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Einer von ihnen ist, nennen wir ihn aus Quellenschutzgründen, Albert B. Ein harter Kampf beginnt, er wird sich über fast zwei Stunden erstrecken. Kompromisse werden eingegangen, es werden Urlaubstage und -wochen geschoben. Am Ende des Urlaubskampfes steht ein Urlaubsplan, mit dem alle zufrieden sind, die Stimmung ist dennoch ein bisschen getrübt,denn nicht alle Wünsche können erfüllt werden. Aber dann sagt jener Kollege, nennen wir ihn aus Quellenschutzgründen, A. Bittlingmaier: „Na, da sind wir aber schon noch bissle flexibel.“ Und schon lachen alle – ein echter Teamplayer eben, dieser Albert B. aus G. (mgu)

Er ist der, der wirklich alle kennt

Seit meinem ersten Tag beim SÜDKURIER in der Lokalredaktion – und der liegt mittlerweile auch schon einige Jahre zurück – begleitet mich Kollege Albert Bittlingmaier. Zeitweise saßen wir zusammen in einem Büro. Genauer genommen saß ich mit dem Kollegen Bittlingmaier und seinem Radio, das immer zum guten Ton gehörte, in einem Raum. Aus der gemeinsamen Zeit ist mir auch die Erkenntnis geblieben, dass es sehr von Vorteil ist, wenn man als Reporter die Leute in seinem Gäu kennt. „Ha, des isch doch der Sowieso, den kenn ‚ich von da und dort“, im Zweifelsfall war es beim Kollegen Bittlingmaier so oft der Fußballplatz.

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Es gab quasi kein Thema, bei dem er nicht eine Person kannte, die genau dazu etwas sagen könnte. So dürfte er auch der einzige Kollege sein, der seine Post aus dem Engener Rathaus grundsätzlich mit einem handgeschriebenen Gruß und der freundschaftlichen Anrede „Lieber Albert“ von Alt-Bürgermeister Johannes Moser bekommen haben dürfte. Das muss man erst mal schaffen – und wahrscheinlich war‘s auch hier ... der Fußballplatz! (ker)