Dieser kuriose Fehler machte Schlagzeilen: Die Sportvereine der deutschen Exklave Büsingen hat seit mehreren Jahren versehentlich Fördergelder aus der Schweiz erhalten, das sorgte für mächtiges Aufsehen. In Deutschland und der Schweiz. Nach der Freude über die stetigen finanziellen Beihilfen geht aber vor allem beim Fußballclub (FC) Büsingen die Sorge um. Er hat am meisten profitiert und bis zu 15.000 Franken jährlich erhalten. Doch nun sind die Förderungen eingestellt worden. Wie sollen die vielfältigen Aufgaben ohne den bisher gewohnten Zustupf aus dem Nachbarland bewältigt werden?
Nachwuchsarbeit will bezahlt sein
Der Verein hat sich vor allem der intensiven Nachwuchsarbeit verschrieben. Und dabei kommen überwiegend junge Kicker aus Schweizer Nachbargemeinden zum Zug. „Unsere Trainer müssen an einem speziellen Ausbildungsprogramm teilnehmen. Das will alles aber auch bezahlt sein“, erklärt Heinz Wipf, Vorsitzender des FC Büsingen. Die Mannschaften des Vereins spielen seit mehr als 75 Jahren in Schweizer Ligen.
Die knapp 1600 Einwohner zählende Gemeinde Büsingen ist Deutschlands einzige Exklave. Sie ist komplett umgeben von der Eidgenossenschaft und gilt zollrechtlich auch als Schweizer Gemeinde. Deshalb hat sie zu ihrer deutschen auch eine Schweizer Postleitzahl. Die machte sich der FC Büsingen zunutze und beantragte damit Fördergelder, die auch bewilligt wurden.

Keine Rückzahlung geplant
Wegen der Postleitzahl war nicht ersichtlich, dass es sich in Büsingen um Vereine auf deutschem Staatsgebiet handle, so das Schweizer Bundesamt für Sport in Magglingen bei Bern. Erst bei einer Änderung in der Datenbank, bei der eine bestimmte Versicherungsnummer der Mitglieder fällig wurde, die nur Schweizer haben, sei der Fehler aufgefallen. Auch, wenn die Vereine eng mit den umliegenden Gemeinden verbunden seien, bestehe keine Rechtsgrundlage, um die Vereine in Büsingen finanziell zu unterstützen. Auf eine Rückzahlung soll aber verzichtet werden.
In den Mannschaften spielen fast überwiegend Schweizer
„Die Wege sind kürzer in der Schweizer Liga, wir sind aber auch eng verbunden mit deutschen Fußballvereinen, vor allem in der Nachbarschaft, wie dem SV Gailingen. In unseren beiden Aktivmannschaften spielen wie bei den Junioren fast überwiegend Schweizer. Nur mit Büsingern könnten wir keine Mannschaft stellen“, sagt Wipf.
Indes stellt Bürgermeisterin Vera Schraner den Sportvereinen in Aussicht, dass die Gemeinde laut Willen des Büsinger Gemeinderats durch eigene finanzielle Unterstützung die Lücken schließen will. Dies soll vor allem über die Rückerstattung von Mehrwertsteuer geschehen, die Büsingen rechtlich an die Schweiz mit dem dort geltenden Satz von 7,7 Prozent abführen muss. „Das Geld, das nach einem bestimmten Schlüssel wieder in der Gemeinde ankommt, soll für die Verbesserung der Infrastruktur Verwendung finden. Und dazu gehört auch maßgeblich das Vereinsleben“, erklärt Vera Schraner.
Alles läuft nun auf politischer Schiene
„Wir wollen nicht jammern, sondern die Vereine bestmöglich unterstützen. Sie leisten einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag, wie durch die gemeinsame Ausbildung samt toller Einbindung von deutschen und schweizer Sportlern“, sagt Vera Schraner. Die große Bedeutung für die Tätigkeit der Büsinger Sportvereine sehe auch der Kanton Schaffhausen. „Er unterstützt uns deshalb und will forcieren, dass der Schweizer Sportbund weiterhin die Aktivitäten finanziell unterstützt. Alles weitere läuft aber nun auf der politischen Schiene“, erklärt Verena Schraner.
Ein Meilenstein war für den Verein der Bau eines neuen Clubheims und eines Kunstrasenspielfeldes vor einigen Jahren. Kostenpunkt etwa 1,8 Millionen Schweizer Franken. Einen Großteil hat die Gemeinde Büsingen geschultert. Seither müssen die Akteure auch nicht mehr vom Fußballplatz aus durch das ganze Dorf fahren, um in der Turnhalle duschen zu können.
Ein beim Südbadischen Fußballverband beantragter, aber abgelehnter Zuschuss war sogar ein Tagesordnungspunkt beim Weltfußballverband FIFA. Der sollte sich damit befassen, ob die Förderung zugunsten eines in Deutschland ansässigen Vereins verwehrt werden kann, weil er nicht in einer deutschen Liga, sondern in einer Schweizer kickt. „Unser Fall fiel unter den Tisch, da sich der Verband mit Bestechungsvorwürfen gegen hochranginge FIFA-Funktionäre befassen musste“, blickt Heinz Wipf zurück.
So kam es erst zu den Fördergeldern
„Der Fußballverein spielt seit mehr als 75 Jahren in der Schweizer Liga“, betont Heinz Wipf. Acht von zehn Mitgliedern seien Eidgenossen. „Mit Deutschland haben wir nichts zu tun“, erklärte der 66-Jährige. Weil der Verein kein Mitglied der deutschen Liga sei, gebe es auch keine Gelder aus Baden-Württemberg. „Wir dachten, dass uns die Schweizer Förderungen zustehen“, sagte Wipf, der selbst aus dem benachbarten Schaffhausen kommt.
Ein Kuriosum schildert Heinz Wipf aus Corona-Zeiten.: „Einige Monate durften wir wegen des Platz-Verbotes des zuständigen Landratsamtes Konstanz keine Spiele in Büsingen austragen. Die Liga lief aber in der Schweiz weiter, wo andere Bestimmungen galten. So mussten wir alle Partien auf Schweizer Sportplätzen austragen“, berichtet er.
Alte Herren spielen gegen junge Frauen
Vor Corona gab es auf dem Kunstrasenplatz große Ereignisse, wie ein Juniorinnen-Länderspiel zwischen Deutschland und der Schweiz. Auch die Nationalmannschaft des deutschen Nachbarlandes hat dort schon trainiert. Und das Alte-Herren-Team spielt auch schon mal gegen aktive Damenmannschaften. Mit eklatantem Altersunterschied. „Unser Stammtorhüter ist immerhin schon 72“, verrät Wipf, der selbst in Schaffhausen in der zweithöchsten Schweizer Liga spielte und in der Schweizer Polizei-Nationalmannschaft mitkicken durfte.