Knapp einen Monat nach dem Ende der Sommerferien ist die alte Stadthalle Engen, die von Engener Schulen und Vereinen genutzt wird, geschlossen: Hier sollen ab sofort Flüchtlinge unterkommen. Der Turnverein Engen als Hauptnutzer sei darüber Ende August informiert worden, so die Vorsitzende des TV, Marita Kamenzin. Dennoch sei es eine Herausforderung gewesen, die dort stattfindenden Kurse kurzfristig auf andere Orte, etwa Bürgerhäuser, zu verlegen.

Hier sollen in den nächsten Wochen 132 Flüchtlinge einziehen: Die alte Stadthalle Engen wird derzeit dafür vorbereitet.
Hier sollen in den nächsten Wochen 132 Flüchtlinge einziehen: Die alte Stadthalle Engen wird derzeit dafür vorbereitet. | Bild: Holle Rauser

„Wir mussten Schlüssel und Berechtigungen besorgen und die Verfügbarkeit prüfen“, so Kamenzin. Zum Training für das Geräteturnen sei man nach Aach gewechselt und habe innerhalb des Vereins Lösungen gefunden. „Die Schulen mussten mehr Kompromisse eingehen“, betont Marita Kamenzin. „Bei uns steht immerhin die Perspektive im Raum, dass die neue Sporthalle kommt“. Man wisse nicht was noch komme.

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„Wenn die Großsporthalle zugeteilt wird, wäre es fatal. Aber es ist Jammern auf hohem Niveau, wir sind wenigstens nicht auf der Flucht“, machte sie deutlich. Der Verein sei rechtzeitig mit ins Boot geholt worden. Die Schulen werden laut einer Mitteilung der Schulleiter den Sportunterricht teilweise einschränken oder auch im Freien stattfinden lassen. „Wir rechnen damit, dass wir die neue Sporthalle Mitte November zur Nutzung durch Vereine und Schulen öffnen können“, stellte Bürgermeister Johannes Moser bei der Informationsveranstaltung in Aussicht.

Die Informationsveranstaltung richtete sich vorrangig an die Nachbarn und Anwohner der alten Stadthalle. Diese werden auch noch einmal ...
Die Informationsveranstaltung richtete sich vorrangig an die Nachbarn und Anwohner der alten Stadthalle. Diese werden auch noch einmal gesondert vor Ort zu einer Besichtigung eingeladen und den Mitarbeitern vorgestellt. Auch Vereinsvertreter und Flüchtlingshelfer waren anwesend. | Bild: Holle Rauser

„Wir haben die Not der Unterbringung im Gemeinderat gesehen und uns entschlossen, dem Landkreis die alte Stadthalle zur Verfügung zu stellen“, so Moser. „Unserer Meinung nach ist es besser, die Flüchtlinge in festen Hallen unterzubringen“. 132 Flüchtlinge werden in die Alte Stadthalle Engen ziehen, die derzeit schon vorbereitet wird. 49 Plätze werden im ehemaligen Gasthaus Sonne geschaffen. Die Amtsleiterin des Amts für Migration und Integration, Monika Brumm, machte deutlich, dass man über das Angebot sehr froh sei.

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„Die Solidarität in und unter den Kommunen ist sehr wichtig“, so Brumm, die auf die dramatische Lage im Land hinwies. „Wir erleben die größte Flüchtlingswelle seit Ende des Zweiten Weltkriegs“, betonte sie. Von Januar bis August 2015 seien in die Unterkünfte des Landkreises 979 Personen gekommen, von Januar bis August 2022 waren es bereits 2089. Neben den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine müssen auch Asylbewerber aus anderen Ländern untergebracht werden. Das warf in der Veranstaltung die Frage auf, wie es um Anschlussunterkünfte in Engen bestellt sei, denn die Ukrainer bleiben nur sechs Monate in den Gemeinschaftsunterkünften.

30 neue Wohnungen sollen entstehen

Bürgermeister Moser berichtete von dem im Gemeinderat und im Ausschuss beschlossenen Bau eines Mehrfamilienhauses in Anselfingen. 30 Wohnungen sollen entstehen, für Migranten, aber auch Sozialwohnungen. Private Wohnungsangebote gebe es nicht mehr. „Wir sind an unsere Grenzen gekommen. Zu Beginn gab es eine große Solidarität, nun erhalten wir trotz vieler Appelle keine Angebote mehr“, so Moser.

Die Amtsleiterin des Amts für Migration und Integration, Monika Brumm, wies auf die dramatische Lage im Land hin. „Die Solidarität ...
Die Amtsleiterin des Amts für Migration und Integration, Monika Brumm, wies auf die dramatische Lage im Land hin. „Die Solidarität in und unter den Kommunen ist sehr wichtig“, so Brumm. | Bild: Holle Rauser

Der Bürgermeister wies auch auf die hohe Belastung der Kommunen hin. Zwar würde Wohnraum für Geflüchtete vom Land mit 80 Millionen Euro gefördert, doch das werde angesichts der zu erwartenden Flüchtlingszahlen nicht ausreichen. „Das kann man leicht ausrechnen“, sagte er. „Ich erwarte, dass Bund und Landesregierung hier weiter in die Zukunft blickt“, forderte der Bürgermeister. „Wir fühlen uns allein gelassen“, so Moser, der in der Funktion als Vorsitzender des Gemeindetags Baden-Württemberg, Kreisverband Konstanz, ein Positionspapier für die kommende Woche ankündigte.