Engen/Konstanz (bie) Die Oma aus dem Engener Stadtteil Welschingen kann es kaum erwarten, dass ihre Enkel Daniel und David aus Kalifornien im Hegau eintreffen. Quasi am anderen Ende der Welt haben sich der Elf- und der Achtjährige auf den diesjährigen Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ vorbereitet, der an diesem Wochenende von der Konstanzer Musikschule ausgerichtet wird.
Daniel und David Herbrich reisen aus der Nähe von San Francisco an, um in der Kategorie Violine Solo ihr Können unter Beweis zu stellen. „Der Konstanzer Musikschulleiter Dieter Dörrenbächer hatte bereits im April vergangenen Jahres grünes Licht für die Teilnahme der beiden Deutsch-Amerikaner gegeben“, berichtet die Mutter der beiden jungen Geiger, Melina Gehring. Sie fiebert gemeinsam mit ihren Söhnen dem Wettbewerb entgegen: „Im Alter von 11 bis 19 Jahren habe ich jedes Jahr an Jugend musiziert teilgenommen“, erzählt die gebürtige Welschingerin, die im Jahr 2000 ihr Abitur am Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen abgelegt hat. „Der Wettbewerb war für mich immer ein großer Ansporn, intensiv zu üben, aber auch eine wunderbare Gelegenheit, durch Kammermusik Freundschaften zu schließen.“ Ein Vierteljahrhundert später wird sie erneut eine Jugend musiziert-Bühne betreten – dieses Mal als Klavierbegleitung ihrer Söhne. Im Gepäck hat die Familie ein vielseitiges Repertoire: Neben klassischen Werken von Bach, Brahms und Seitz bringen sie auch amerikanische Fiddle-Musik mit, die an die Atmosphäre alter Western-Saloons erinnert. Schließlich wachsen die Brüder im Silicon Valley auf – einem Gebiet, das einst zur Goldgräberregion des „Wilden Westens“ gehörte.
Für den elfjährigen Daniel wird der Auftritt am Samstagvormittag im Kammermusiksaal der Musikschule in Konstanz besonders emotional: Sowohl seine Großmutter aus Welschingen als auch seine Großeltern aus Brandenburg werden mit im Publikum sitzen. Nervosität verspürt er dennoch kaum. „Ich liebe es, Geige zu spielen“, sagt Daniel, der seit fünfeinhalb Jahren Unterricht nimmt und bereits im dritten Jahr im Orchester musiziert. „Manchmal kann ich mich mit Musik besser ausdrücken als mit Worten – und ich mag das Gefühl, wie die Töne in meinem Körper klingen“, schwärmt er. Sein kleiner Bruder sieht die Sache dagegen etwas nüchterner: „Wir machen das, weil Mama selbst immer gern bei dem Wettbewerb war.“
Für die Mutter, Melina Gehring, gibt es schließlich noch eine besondere musikalische Zugabe: Nach dem Wettbewerb wird sie ihrem ehemaligen Klavierlehrer, Karl-Heinrich Dähn, gemeinsam mit ihren Söhnen ein kleines Ständchen in Mühlhausen-Ehingen spielen. Dähn, der mehr als 50 Jahre als ehrenamtlicher Juror bei „Jugend musiziert“ tätig war, drückt seinen „musikalischen Enkeln“ für den Wettbewerb fest die Daumen.