Mehrere Bohrlöcher in der Wand zeigen noch, wo bis vor Kurzem die Kartoffelkasse in „Drexler‘s Eierlei“ hing. In die konnten Kunden das Geld legen, mit dem sie für die abgepackten Kartoffeln im Laden bezahlen. Doch die Kasse ist inzwischen verschwunden. Denn gleich zweimal innerhalb einer Woche wurde sie aus dem kleinen Selbstbedienungsladen mitten in der Engener Altstadt samt der Tageseinnahmen gestohlen. Seitdem verkauft die Familie Drexler in Engen vorerst keine Kartoffeln mehr auf Vertrauensbasis.

Nicht der erste Diebstahl im Selbstbedienungsladen

Neben den Kartoffeln gibt es in dem kleinen Laden, den Familie Drexler seit 2021 betreibt, Produkte wie Eier, Nudeln und Getränke in einem Verkaufsautomaten. „Eigentlich hat alles immer gut funktioniert“, erinnert sich Larissa Drexler, deren Schwiegereltern der Hof in Bittelbrunn gehört. Doch inzwischen habe es bereits drei Diebstähle gegeben. Auch andere Landwirte und der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband kennen das Problem.

Hier hing die Kartoffelkasse, bis sie gestohlen wurde.
Hier hing die Kartoffelkasse, bis sie gestohlen wurde. | Bild: Sabrina Morenz

Der erste Vorfall ereignete sich vor etwa zwei Jahren, berichtet die 30-Jährige. Ein Kunde habe Geld aus der Kartoffelkasse entwendet. Doch anstatt mit dem das Geld abzuhauen, habe die Person damit Ware aus dem Automaten bezahlt. Der ungewöhnliche Dieb konnte geschnappt werden.

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Der nächste Täter, der im Mai gleich zweimal zuschlug, ist hingegen noch unbekannt. „Auf der Überwachungskamera ist zu sehen, dass die Person beide Male die gleiche Kleidung trug“, erzählt Larissa Drexler. Am 20. Mai habe der oder die Unbekannte die Kartoffelkasse nachts aus der Wand gerissen und mitgenommen. Nur sechs Tage später, am 26. Mai, wurde die Kasse erneut geklaut. Beide Male waren nur wenige Euro drin. Familie Drexler hat bei der Polizei Anzeige erstattet. „Bisher haben wir aber noch nichts gehört“, sagt die 30-Jährige.

Rückhalt von den Kunden

Nach dem doppelten Diebstahl hat sich Familie Drexler dazu entschieden, den Kartoffeltisch vorerst leer zu lassen. Wenn im Herbst die nächste Kartoffelernte kommt, wollen sie noch einmal einen Versuch wagen. Denn generell komme der kleine Laden gut an. „Ganz viele Leute schätzen den Laden total“, sagt Johannes Drexler, Larissas Ehemann.

Bis auf wenige Ausnahmen läuft der Selbstbedienungsladen von Familie Drexler sehr gut. Larissa und Johannes Drexler schätzen ihre Kunden ...
Bis auf wenige Ausnahmen läuft der Selbstbedienungsladen von Familie Drexler sehr gut. Larissa und Johannes Drexler schätzen ihre Kunden sehr. | Bild: Sabrina Morenz

Und die allermeisten Kunden seien sehr ehrlich. „Wir hatten sogar schon Geld in der Kasse, obwohl wir zu dem Zeitpunkt gar keine Kartoffeln angeboten haben“, so der 32-Jährige. Viele ihrer Kunden hätten mitfühlend reagiert, als sie von dem Diebstahl erfahren haben. „Die Leute waren verärgert und empört“, sagt Larissa Drexler. Abgesehen von den drei Vorfällen habe es bisher keine Probleme gegeben, auch Vandalismus am Automaten sei nie ein Thema gewesen.

So ist die Lage bei anderen Landwirten

Anders war das bei Lukas Bucher und Daniel Häufle. Die Landwirte betreiben Verkaufsautomaten in Hilzingen und Mühlhausen-Ehingen, die vor einigen Jahren häufiger von Vandalismus betroffen waren. Doch inzwischen habe sich die Situation deutlich verbessert. „Das Anbringen der Überwachungskameras hat sehr viel gebracht“, sagt Bucher auf Nachfrage.

Auch Häufle berichtet, dass es seit der Installation von Überwachungskameras keinen Vandalismus mehr an seinem Automaten gegeben hat. Ein Problem mit Diebstahl habe es an den Automaten noch nicht gegeben: „Klauen geht da eigentlich nicht“, sagt Bucher.

(Archivbild von 2022) Lukas Bucher vom Berghof in Hilzingen hat sich über die Vandalen, die seinen Verkaufsautomaten mehrfach beschädigt ...
(Archivbild von 2022) Lukas Bucher vom Berghof in Hilzingen hat sich über die Vandalen, die seinen Verkaufsautomaten mehrfach beschädigt haben, sehr geärgert. | Bild: Matthias Güntert

Anders sieht es in Buchers Selbstbedienungshäuschen auf dem Hof in Hilzingen aus. „Vor zwei Jahren wurde die Kasse aufgebrochen und geleert“, erinnert sich der Landwirt. Aber insgesamt funktioniere das Selbstbedienungsprinzip in seinem Laden gut: „Die Leute, die zu uns kommen, sind ehrlich.“

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Dass es in anderen Läden häufiger zu Diebstählen kommt und die Besitzer dann teilweise gezwungen sind, ihr Angebot einzuschränken, findet er sehr schade. „Den Leuten fehlt dann wirklich was.“ So gibt es beispielsweise einen Dorfladen im Hegau, der in den sozialen Netzwerken mitteilt, dass er den Betrieb seines Selbstbedienungsbereiches komplett einstellen müsse, sollte es weiterhin zu Diebstählen kommen. Dieser möchte sich im SÜDKURIER jedoch nicht äußern.

Verband weiß: „Diebstahl ist immer ein Thema“

Wie häufig es in landwirtschaftlichen Selbstbedienungsläden zu Diebstählen kommt, kann das Polizeipräsidium Konstanz nicht mitteilen, da sie darüber keine gesonderte Statistik führt. Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) bestätigt jedoch, dass es ein Problem ist: „Diebstahl ist immer ein Thema. Dass geklaut und randaliert wird, war schon immer so und wird auch so bleiben“, sagt Pressesprecher Padraig Elsner. Es habe in der Vergangenheit zwar keine spürbare Zu- oder Abnahme der Diebstähle in Hofläden gegeben, doch die Dreistigkeit der Täter scheine zuzunehmen.

Mitten in der Engener Altstadt gegenüber der Kirche befindet sich der kleine Laden „Drexler`s Eierlei“.
Mitten in der Engener Altstadt gegenüber der Kirche befindet sich der kleine Laden „Drexler`s Eierlei“. | Bild: Sabrina Morenz

Wie groß die wirtschaftliche Bedeutung von Selbstbedienungsläden für die Landwirte ist, sei sehr unterschiedlich. Bei großen Betrieben handle es sich oft um einen kleinen Zuverdienst, sagt Elsner. Für kleinere Betriebe hingegen könne diese Art der Direktvermarkung ein wichtiges finanzielles Standbein sein.

Auch bei Familie Drexler ist die Direktvermarktung insbesondere für den Absatz ihrer Eier wichtig. Auch die Kartoffeln seien in dem Laden in Engen so gut angekommen, dass die Familie extra mehr davon angebaut hat. Es bleibt zu hoffen, dass sie diese bald wieder in der Altstadt verkaufen können – ohne Diebstahl.

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