Josef Jäger darf man zutrauen, gut unter Kleingärtnern vernetzt zu sein. Seit etwa 30 Jahren hat er einen Garten in der Singener Anlage im Römerziel, im Bezirksverband Bodensee-Hegau des Landesverbandes der Gartenfreunde Baden-Württemberg ist er Schriftführer. Der Bezirksverband vertritt nach eigenen Angaben immerhin 16 Kleingärtnervereine, vom Hegau bis Überlingen und Pfullendorf. „Einen Gemüsediebstahl in dieser Größenordnung hatten wir noch nicht, auch nicht in früheren Jahrzehnten“, sagt Jäger beim Gespräch in seinem Garten nahe der Singener Nordstadt.

Gemeint ist der Vorfall Ende August, bei dem zwei Frauen mehrere Kilogramm Gemüse aus Gärten beim Singener Stadtteil Beuren an der Aach gestohlen haben. Wellen geschlagen hatte der Vorfall vor allem, weil die beiden Diebinnen bei ihrer nächtlichen Tour von einer Wildkamera fotografiert wurden. Nonna Tröster, die Tochter eines der geschädigten Ehepaare, hat eines der Fotos daraufhin anonymisiert in das soziale Netzwerk Facebook gestellt – um Menschen von ähnlichen Raubzügen abzuhalten. Aber auch, um die Täterinnen von Ende August vielleicht noch zu finden.

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Zumindest dieser letzte Punkt habe sich nicht erfüllt, sagt Tröster nun. Mehrere der damals geschädigten Gartenbesitzer hätten den Diebstahl zwar bei der Polizei angezeigt, was die Beamten damals auch bestätigten. Hinweise seien jedoch nicht eingegangen, erklärt Tröster nun. Im Gemüsegarten sei es seitdem allerdings ruhig geblieben, so Nonna Tröster.

Das bestätigt auch Polizeisprecherin Katrin Rosenthal. Beim zuständigen Polizeiposten in Steißlingen habe sich nichts Neues zu dem Fall ergeben, die Anzeige gehe nun gegen Unbekannt und werde an die Staatsanwaltschaft Konstanz weitergegeben. Von ähnlichen Vorfällen im Einzugsbereich sei nichts bekannt, so Rosenthal. Zum Einzugsbereich des Postens Steißlingen gehören bei der Polizei die Gemeinden Steißlingen und Volkertshausen sowie die Singener Ortsteile Schlatt unter Krähen, Friedingen, Hausen an der Aach und Beuren an der Aach.

Solche Größenordnung ist außergewöhnlich

Dass Trösters Eltern und deren Nachbarn etwas Außergewöhnliches passiert ist, wird auch deutlich, wenn man mit Kleingärtnern aus der Region ins Gespräch kommt. Denn nicht nur Josef Jäger kann sich aus seiner jahrzehntelangen Aktivität als Kleingärtner an keinen ähnlich großen Fall von Gemüsediebstahl erinnern.

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Auch Elisabeth Auer sagt, dass in Beuren eine sehr große Menge gestohlen wurde. Sie bewirtschaftet einen Garten im Kabisland von Worblingen. Auch dort gebe es, wie in Beuren, keine Zäune. „Andere Gärtner haben mal gesagt, dass möglicherweise etwas weggekommen ist“, sagt sie. Doch im großen Stile sei dort laut Auer noch kein Gemüse gestohlen worden. In Worblingen seien eher Wühlmäuse und Dachse die Feinde der Gärtner. Wie die Diebinnen in Beuren vorgegangen sind, das finde sie aber schon sehr dreist, schiebt Auer dann noch hinterher.

Empört wäre auch Josef Jäger, wenn es ihn getroffen hätte. Der 73-Jährige sagt: „Wenn jemand nach Gemüse fragen würde, hätte ich kein Problem damit, etwas zu geben.“ Aber was den Gärtnern in Beuren passiert sei, das sei Diebstahl. Auch er wäre zur Polizei gegangen und hätte Anzeige erstattet, wenn sein Garten leer geräumt worden wäre, sagt Jäger.

„Bei uns kommt eigentlich nichts weg“

Dass das Römerziel als Verein organisiert ist und die Gärten beispielsweise eingezäunt oder von Hecken umfriedet sind, tue dabei kaum etwas zur Sache. „Wenn man will, kommt man überall rein“, sagt Elisabeth Auer. Und Josef Jäger gibt zu bedenken, dass die Zäune im Römerziel nicht allzu hoch seien.

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Dem pflichtet auch Renate Mathea bei, die Vorsitzende des Vereins Römerziel. Mit 226 Parzellen ist das Römerziel die größte einzelne Kleingartenanlage in Singen. Im Durchschnitt seien die Parzellen etwa 300 Quadratmeter groß, sagt Mathea. Und auch sie sagt: „Bei uns kommt eigentlich nichts weg.“ Ob der nächtliche Einbruch in die Gemüsegärten bei Beuren eine Ausnahme bleibt, kann nur die Zeit zeigen.