Es ist ein Fall, bei dem das respektlose Verhalten eines Angeklagten mehr empört als die eigentliche Tat. Angeklagt sind vor dem Amtsgericht ein 19- und 20-Jähriger, weil sie gemeinsam in einem Stockacher Handyladen, in dem sie zeitweise arbeiteten, einen Betrug begangen haben sollen. Laut Anklageschrift sollen sie im September und Oktober 2023 neunmal mit einem Prepaid-Kreditkarten-System Geld auf ein eigenes Konto gebucht haben, ohne dafür zu bezahlen. Der Schaden: 2765 Euro, so der Tatvorwurf.
Diesen räumten die beiden jungen Männer vor Gericht unumwunden ein. Bei ihren weiteren Aussagen machten sie jedoch einen gänzlich verschiedenen Eindruck.
20-Jähriger nennt Schulden als Tatmotiv und zeigt Reue
So zeigte sich der 20-Jährige, der in dem Handyladen als Auszubildender gearbeitet hatte, vergleichsweise reif, respektvoll und einsichtig. „Ich war in einer finanziell schwierigen Situation“, sagte er zu seinem Motiv. Er habe seinem Vater Geld geliehen, damit dieser eine Wohnung anmieten konnte, das er nicht zurückerhalten habe. Insgesamt habe der junge Mann sogar Schulden in Höhe von mehreren Tausend Euro und auch familiär keine leichte Situation, wie Theo Rüttinger von der Jugendgerichtshilfe mitteilte.
Vor der Tat habe er sich mit seinem Chef eigentlich gut verstanden, so der Angeklagte, auch wenn es rund um die Auszahlung von Inflationsausgleich und Energiepauschale Unstimmigkeiten gegeben habe. Die Tat bereue er jedoch. „Das war sehr dumm und ein großer Rückschlag für mich. Ich habe diesen Job geliebt“, sagte der 20-Jährige, der inzwischen einen neuen Ausbildungsplatz gefunden hat.
Zudem sagte er aus, er habe sich mit seinen Eltern kurz nach der Tat mit dem Geschädigten getroffen, um eine Rückzahlung der Summe zu besprechen, was dieser vor Gericht bestätigte. Die erste Rate von 300 Euro habe er im Januar 2025 überwiesen, allerdings sei die Überweisung zurückgekommen, wovon der Geschädigte wiederum nichts wusste.
19-Jähriger unterbricht Richterin mehrfach
Ganz anders präsentierte sich sein 19-jähriger Mitangeklagter, der im Vorfeld schon drei Terminangebote bei der Jugendgerichtshilfe nicht wahrgenommen hatte. Mehrfach wirkte er so, als würde er das Verfahren nicht ernst nehmen – er spielte mit Papieren herum und unterbrach Richterin Melina Michalski, um sich mit kruden Ausflüchten zu rechtfertigen.
So deuteten Chatnachrichten auf seinem Handy darauf hin, dass die Tat die Idee des 19-Jährigen gewesen sein könnte, was auch der Geschädigte vermutete. Zudem wurden die Beträge auf das Konto von dessen 18-jähriger Freundin gebucht – angeblich ohne ihr Wissen. Der 19-Jährige war selbst zum Tatzeitpunkt zu jung, um ein Konto im Aircash-System zu eröffnen.
Die junge Frau verweigerte vor Gericht jedoch die Aussage mit dem Hinweis, sie sei seit zufällig einer Woche mit dem Angeklagten verlobt. Ob sie Mittäterin oder eher Opfer ist, blieb daher unklar.
Er wollte seinem Chef eins auswischen
Der 19-Jährige selbst, der bereits wegen Diebstahls und Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorbestraft ist, sagte zwar, die Tat sei „total dumm“ gewesen. Anschließend verlor er sich jedoch in einer langen, aber wenig nachvollziehbaren Rechtfertigung für sein Verhalten und zeigte sich wenig einsichtig. Der Geschädigte habe ihn, während er in dem Handyladen ein Schnupperpraktikum machte, schließlich nicht ausreichend wertgeschätzt. Deshalb habe er ihm eins auswischen wollen, führte der 19-Jährige patzig aus.
Zudem habe er Geld gebraucht. „Und das war ein leichter Weg“, beendete der Angeklagte seine Erklärungen, in denen er Richterin Melina Michalski immer wieder unterbrochen und damit sichtlich verärgert hatte. Auf deren Ermahnung, sich vor Gericht angemessener zu verhalten, erwiderte er, er habe eben schlecht geschlafen und fühle sich nicht gut, da könne er sich nicht besser präsentieren.
Auch Theo Rüttinger von der Jugendgerichtshilfe mahnte den 19-Jährigen, sich zu zügeln. Das Angebot, als Auflage wegen seiner schwierigen Kindheit und seiner Probleme einen Betreuer zu bekommen, lehnte dieser allerdings entrüstet ab. Schließlich behandle er seine ADHS-Erkrankung selbst mit THC-Konsum, also Cannabis – und diesen Konsum habe er selbstverständlich im Griff.
So fiel das Urteil aus
Die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer schließlich, die beiden nach Jugendstrafrecht zu verwarnen. Für den 20-Jährigen verlangte sie, 900 Euro in Raten abzuzahlen sowie eine Schuldnerberatung. Sozialstunden kämen wegen seines Jobs nicht in Frage. Für den 19-Jährigen seien hingegen 100 Arbeitsstunden im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichfonds angemessen, um seine Schulden abzuzahlen.
Richterin Michalski folgte diesen Argumenten in ihrem Urteil, machte dem 19-Jährigen aber klar, wie schlecht er sich vor Gericht präsentiert habe. „Ihr Auftreten war höchst unangemessen, eine absolute Katastrophe. Ich war kurz davor, Ihnen einen Arrest zu geben, wollte aber nicht über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus“, sagte sie.
Er habe das Urteil der Geduld von Staatsanwaltschaft und Theo Rüttinger zu verdanken, sagte sie zu dem jungen Mann – der sie daraufhin noch ein letztes Mal unterbrach.