Frau Katter, im ersten Teil des diesjährigen Sommerinterviews haben wir über das neue Feuerwehrhaus gesprochen, das eines der größten Bauprojekte für die Stadt wird. Doch es ist nicht das einzige. Woran arbeiten Sie gerade noch?
Ein großes Thema ist die Stadtentwicklung. Eines der größten Projekte in diesem Zusammenhang ist derzeit der Flächennutzungsplan für die Agri-Photovoltaik in Wahlwies und damit verbunden die Erweiterung des Industriegebiets Hardt. Auch die Innenstadtentwicklung mit der Oberstadtsanierung ist ein großes Projekt. Wir haben das Volksbankgebäude gekauft, um hier ein Medienhaus einzurichten. Das wird ein großes Projekt. Der Umbau des Hauses in der Hauptstraße 8, das wir gekauft haben, wird ebenfalls ein Thema sein. Hierfür gibt es noch keine konkreten Pläne, aber die Überlegungen laufen und wir führen bereits erste Gespräche. Auch die Musikschule wird saniert. Im Rahmen der Sanierung wird dann auch die Oberstadt irgendwann aufgegraben. Mit unseren Stadtwerken werden wir die Einrichtung eines Nahwärmenetzes prüfen. Da wird sehr viel passieren in den nächsten Jahren.
Ein großes Projekt, um das es zuletzt sehr ruhig geworden ist, ist der Aachpark. Warum geht es hier nicht voran?
Ich finde nach wie vor, dass das ein wundervolles Projekt ist. Wir haben eine wasserrechtliche Genehmigung sowie eine Genehmigung für das grüne Klassenzimmer beantragt. Beides liegt momentan beim Landratsamt zur Prüfung. Dies ist ein Grund, weshalb es momentan um den Aachpark ruhig geworden ist. Ein anderer Grund ist, dass ursprünglich 6 Millionen Euro für das gesamte Projekt eingeplant waren. Es soll Stück für Stück umgesetzt werden, so wie Fördermittel zur Verfügung stehen. Das heißt, von Anfang an war geplant, dass sich das Projekt über einen sehr langen Zeitraum hinziehen wird.
Ist denn wenigstens absehbar, wann mit dem Projekt begonnen werden könnte? Zumindest für das grüne Klassenzimmer waren die Planungen ja schon weit vorangeschritten.
Die Anträge wurden vor fast einem Jahr gestellt, hängen aber momentan noch beim Landratsamt in der Bearbeitung. Der Fachkräftemangel trifft eben nicht nur die Industrie, sondern auch die Verwaltung.
Die Liste an Großprojekten ist sicherlich auch mit großen Kosten verbunden. Kann sich Stockach das überhaupt leisten?
Momentan sind wir schuldenfrei und haben noch Rücklagen. Aber die finanzielle Situation wird sich mit Sicherheit verschärfen. Schon jetzt ist es so, dass wir unter der Prognose hinsichtlich der Einnahmen für dieses Jahr zurückbleiben. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir jetzt schon 1,8 Millionen Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen. Wir haben dieses Jahr bereits mit einem Defizit geplant. Das wird wahrscheinlich auch kommen.
Trotz dieser Entwicklung sind wir im Investitionshaushalt fleißig und haben jetzt schon mehr als die Hälfte der Projekte für dieses Jahr geschafft. Im vergangenen Jahr hatten wir Ende des Jahres gerade mal 48 Prozent umgesetzt. Allerdings werden wir jetzt kürzertreten müssen, um den städtischen Haushalt zu schonen.

Die Gewerbesteuer, die die örtlichen Unternehmen zahlen, ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt. In den vergangenen Monaten haben wir des Öfteren schlechte Nachrichten von Stockachs größtem Arbeitgeber Eto gehört. Welche Konsequenzen hat es für die Stadt, wenn so ein Unternehmen ins Straucheln gerät?
Wir befinden uns in einem sehr guten und regelmäßigen Austausch mit Eto und sind daher gut über die aktuelle Lage informiert. Wir versuchen, das Unternehmen da zu unterstützen, wo es uns als Stadt möglich ist. Wir fühlen uns Eto sehr verbunden, denn das Unternehmen hat schon viel für die Stadt getan. Es ist nicht nur ein großer Gewerbesteuerzahler und der größte Arbeitgeber der Stadt, sondern hat unter anderem auch die naturwissenschaftlichen Räume am Schulverbund Nellenburg und ein CT-Gerät für das Krankenhaus bezahlt. Momentan ist eine solche Unterstützung nicht möglich, aber ich bin überzeugt, dass es dem Unternehmen irgendwann wieder besser geht und dann sieht das auch wieder anders aus.
Wie genau sieht die Unterstützung aus, die die Stadt Eto zugesagt hat?
Uns liegt die Zukunft des Unternehmens und der Arbeitsplätze in der Stadt sehr am Herzen. Deshalb prüfen wir sorgfältig alle rechtlichen und machbaren Wege der Unterstützung. Ich bitte um Verständnis, dass ich zu einzelnen konkreten Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen kann.
Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die weiter auf Wachstumskurs sind. Wie wichtig ist es für die Stadt, diesen Erweiterungsflächen bieten zu können?
Die Gewerbesteuereinnahmen sind sehr wichtig für die Stadt, denn damit wird ein großer Teil von dem finanziert, was eine Stadt liebens- und lebenswert macht. Deshalb brauchen wir die Unternehmen und deshalb ist es wichtig, Gebiete wie das Vorhardt als Erweiterung des Industriegebiets Hardt zu entwickeln. Ohne wird es nicht gehen. Ähnlich ist es beim Himmelreich. Die Erweiterung, die dort gebaut wird, ist eigentlich schon wieder voll. Der Bedarf ist also da. Die geplante Erweiterung des Blumhofs wird länger dauern, weil der Flächenerwerb herausfordernd ist.
Nun wurde vor einigen Jahren seitens der Landesregierung vorgegeben, dass der Flächenverbrauch bis 2050 bei netto-null ankommen soll. Wie ist das mit der Ausweisung von neuen Industrie- Gewerbe- und Neubaugebieten vereinbar?
Die Idee gab es und es sollte auch im Landesentwicklungsplan verankert werden. Dann wurde aber festgestellt, dass das rechtlich nicht wirksam ist. Deshalb wurde es wieder herausgenommen. Das Ziel ist wünschenswert, funktioniert in der Realität aber nicht. Ich bin selbst kein Freund von Flächenverbrauch, aber ganz ohne geht es nicht. Wo Nachverdichtung möglich ist, sollte unbedingt davon Gebrauch gemacht werden. Allerdings kann die Stadt nur auf die Flächen einwirken, die ihr gehören.
Bezüglich der Unternehmen ist es wichtig, Entwicklungsmöglichkeiten bieten zu können. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass ein Unternehmen ansonsten abwandert. Dann werden woanders Arbeitsplätze geschaffen und Gewerbesteuer gezahlt, während Stockach leer ausgeht. Es ist wichtig, unsere Unternehmen bestmöglich zu unterstützen. Wir achten dennoch darauf, Lebensräume für die Natur zu schaffen. Gerade arbeiten wir an der Zertifizierung für das Programm „Stadtgrün“. Das Agri-PV Thema ist in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig, weil die Flächen dadurch doppelt genutzt werden können.