Wer an gehobene Gastronomie denkt, landet schnell bei dem Wort Michelin-Stern. In dem bekannten Restaurantführer des Reifenherstellers sind aktuell 340 Gaststätten in Deutschland mit einem, zwei oder drei Sternen ausgezeichnet. Am Dienstag, 17. Juni, könnte sich diese Zahl ändern. Dann wird in Frankfurt am Main der aktualisierte Guide Michelin vorgestellt. Zu dem Kreis der aktuell ausgezeichneten Restaurants gehören auch zwei im Landkreis Konstanz.
Johannes Wuhrer ist mit dem „Falconera“ in Öhningen schon lange in der Liste vertreten. Wer das nicht weiß, bekommt bei einem Besuch wahrscheinlich gar nichts davon mit. Das kleine rote Schild mit dem Stern für das Jahr 2024 hängt in der Küche. Nicht im Gastraum, schon gar nicht draußen an der Tür, wie es von Michelin eigentlich vorgesehen ist. Angeben liegt Wuhrer nicht. „Wir kochen nicht für Michelin, wir kochen für unsere Gäste“, sagt er bestimmt.

Dieser Grundsatz wird im Gespräch deutlich. Wenn Wuhrer durch die alte Mühle auf dem Schiener Berg geht, spricht er von der Gaststätte, nicht vom Restaurant. Er sieht sich als Gastgeber, bezeichnet den Gastraum als sein Wohnzimmer. Das würdigt auch der Guide Michelin: „Auch die herzliche Art der Gastgeber kommt an“, steht auf der Webseite. Für Wuhrer ist klar: Ohne seine Frau Anne, mit der er das „Falconera“ 2002 übernommen hat, läuft gar nichts, sagt er.
Wie blickt er dem Tag der Verleihung entgegen? „Meine Frau und ich, wir schweigen darüber“, sagt er. Irgendwann gehe dann jemand an den Computer, um nachzuschauen. In den vergangenen Jahren konnte er sich immer wieder freuen, wenn Köche, an deren Ausbildung er beteiligt war, die begehrte Auszeichnung erhalten. Und auch für sich selbst konnte er sich stets freuen: Es wäre am Dienstag sein 24. Stern in Folge, hat er nachgerechnet.
Als Sternekoch will er sich aber nicht bezeichnen. „Ich bin Koch, nichts anderes“, sagt er. Für ihn ist es der schönste Beruf der Welt, „aber er ist auch gnadenlos hart“. Mit dem „Falconera“ habe er sich aber seinen Traum erfüllen können: Das zu kochen, worauf er Lust hat. „Das ist mein Leben“, sagt er.
So ähnlich wie die Oscars
Das „Ophelia“ in Konstanz gehört zu einem noch kleineren Kreis von Restaurants. Seit 2012 wird es mit zwei Sternen im Guide Michelin aufgeführt. Ist Küchenchef Dirk Hoberg deshalb besonders selbstsicher oder angespannt, wenn die neue Vergabe bevorsteht? „Ich möchte selbstsicher sein und bin dann doch aufgeregt“, gibt er zu.
Vor einigen Jahren gab es so eine Verleihung noch gar nicht, erinnert er sich. Für ihn sei es dann noch aufregender gewesen. Die Auszeichnung im Guide Michelin ist etwas, worauf Hoberg auch hinarbeitet. „Dieser Tag ist schon etwas Besonderes“, sagt er. In etwa wie die Oscarverleihung für Schauspieler könne man sagen.

Den Weg in die Spitzenküche habe der 43-Jährige sich schon nach seiner Ausbildung vorgenommen. Sein Ziel: sich noch vor seinem 30. Geburtstag den ersten Stern zu erkochen. Den hat er 2011 mit dem „Ophelia“ erhalten, ein Jahr nach der Eröffnung des Restaurants im Konstanzer Hotel Riva. Ein Jahr darauf folgte der zweite Stern. Hat er sich seitdem ein neues Ziel gesetzt? „Ich bin ein ehrgeiziger Mensch“, sagt Hoberg von sich. Er formuliert seine Antwort so: Man trete ja auch kein Rennen an, um Zweiter zu werden.
Die Sterne bringen natürlich mehr Aufmerksamkeit und damit auch mehr Gäste. Diese kommen dann allerdings auch mit einer entsprechenden Erwartung, erklärt Hoberg. Ein eher modernes Phänomen sind zudem Food-Blogger und Influencer. Der Koch schätzt, dass 60 bis 80 Prozent der Gäste ihr Essen fotografieren. Er sehe selbst ab und an in sozialen Netzwerken Bilder von den Tellern, die er herausgegeben hat.
Die Küche im „Ophelia“ sei definitiv klassisch-französisch basiert, erklärt Hoberg. Seit etwa zwei Jahren bewegt er sich zudem weg von Übersee-Produkten und hin zu mehr und mehr Regionalem. Für ihn selbst war das eine Herausforderung, die er aber gerne annahm. Hier könne man einiges Spannendes entdecken. Zum anderen dient das auch als Alleinstellungsmerkmal. „Ich will zeigen, was die Region kann“, beschreibt Hoberg.
Köche sehen keinen Konkurrenzkampf
Wie die Verantwortlichen des Guide Michelin entscheiden, kann von außen niemand sagen. Eines ist klar: Einen Stern, den man sich erarbeitet hat, will niemand wieder verlieren. Einen Konkurrenzkampf oder gar Neid gebe es zwischen den Köchen aber nicht, beteuern sowohl Hoberg als auch Wuhrer. Im Gegenteil: Beide sagen, sie freuen sich, wenn sie sehen, dass die harte Arbeit von Bekannten und Kollegen gewürdigt wird. Die Vielfalt wirke sich positiv aus, finden beide.