Die Gemeinde Gaienhofen erhielt Landeszuschüsse in Höhe von 3,3 Millionen Euro für den Ausbau ihres Breitbandnetzes. Im Endspurt des Wahlkampfs vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag ist nun eine Debatte darüber entbrannt, wem die Zuschüsse zu verdanken seien.

Die Kontrahenten sind Gaienhofens Bürgermeister Uwe Eisch und die grüne Landtagsabgeordnete Nese Erikli. Auslöser war der Auftritt von Nese Erikli in der SÜDKURIER-Wahlarena.
Dort brachte Nese Erikli die Fördergelder für den Ausbau des Breitbandnetzes in einen direkten Zusammenhang mit einem Kampf, den sie jahrelang gefochten habe. Sie verwies auf Gespräche im Innenministerium vor einigen Jahren, die sie gemeinsam mit Bürgermeister Eisch geführt habe. Einen ähnlichen Eindruck hinterlassen ihre Pressemitteilungen zu diesem Thema sowie ihre Äußerungen in einem Kandidaten-Porträt des SÜDKURIER.
Verwunderung im Gemeinderat
Diese Äußerungen sind jetzt in einer Sitzung des Gemeinderates von Gaienhofen aufgearbeitet worden. In der Fragestunde zeigte sich die Gemeinderätin Mechtild Biechele von der CDU-Fraktion darüber verwundert, dass sich die grüne Landtagsabgeordnete die Bewilligung des Förderungszuschuss in Höhe von 3,3 Millionen Euro auf ihre eigenen Fahnen geschrieben habe. Ihres – Biecheles – Erachtens sei der Förderzuschuss Bürgermeister Uwe Eisch zu verdanken, da er sich eingesetzt und ihn erwirkt habe.
Bürgermeister Eisch stellte daraufhin seine Sicht der Förderung dar. Beim Gespräch mit dem Ministerialdirektor sei die Landtagsabgeordnete im August 2018 mit großer Verspätung eingetroffen – nachdem „der Markt längst verlaufen war“, sagte Eisch nun im Gemeinderat.
Inhalt des Gesprächs im Innenministerium seien nur potentielle Änderungen im Abrechnungsmodus von bereits bewilligten Fördergeldern gewesen, da die Leitungen für den Breitbandausbau – anders als im Masterplan vorgesehen – zusammen mit den Gasleitungen verlegt wurden. In dem Gespräch sei es darum gegangen, ob dieser Umstand bei der Abrechnung „zuschussschädlich“ gewesen wäre.
Vom Landesprogramm zur Bundesförderung
Mit der Einführung des Digitalpakts wechselte die Gemeinde Gaienhofen vom Landesförderprogramm in die Bundesförderung, erläuterte Eisch. Nach dieser Förderungsart werden 90 Prozent der förderfähigen Kosten übernommen. Der Bund übernimmt hier 50 Prozent, das Land Baden-Württemberg 40 Prozent sowie die Kommune 10 Prozent der Kosten.
Wird die Bundesförderung bewilligt (im Falle Gaienhofens mit insgesamt 4,15 Millionen Euro), so erfolgt automatisch die Landesförderung in Höhe von 40 Prozent, erläuterte Eisch im Nachgang gegenüber dem SÜDKURIER. Nachdem die Gemeinde Gaienhofen die Bundesmittel erhalten habe, bekam sie folgerichtig 3,3 Millionen Euro Zuschüsse aus den Landesmitteln bewilligt. Bürgermeister Eisch sagt: „Für den Landeszuschuss habe sich niemand mehr einsetzen müssen – auch nicht Frau Erikli.“
Nese Erikli nimmt erneut Stellung
In einer erneuten Stellungnahme zu dieser Frage betont Landtagsabgeordnete Nese Erikli, dass Bürgermeister Eisch sie um ihre Unterstützung rund um das Thema Breitbandausbau gebeten habe, da die Kommune hier zu dem Zeitpunkt nicht vorangekommen wäre. Erikli habe ihre Unterstützung zugesagt und habe den Termin mit dem Ministerialdirektor und weiteren Vertretern des Innenministeriums vor Ort organisiert. Dabei wurde unter anderem besprochen, wie Gaienhofen künftig unterstützt und gefördert werden könne.
„Es ging darum, Gaienhofen stärker zu beraten, um hier nicht nur Landesmittel, sondern auch die Bundesförderung stärker einzubeziehen“, so Nese Erikli. Dabei sei auch beklagt worden, dass nach Baden-Württemberg zu wenig Bundesmittel für den Breitbandausbau fließen würden und man in den kommenden Jahren gemeinsam dieses Thema angehen müsse. Entsprechende Anträge sollten daher vorbereitet werden, wobei das Ministerium der Gemeinde beratend zur Seite stehen werde, erläutert Nese Erikli.
Uwe Eisch erläutert den Kontext
Bürgermeister Eisch wiederum hat auf Nachfrage erklärt, dass es im Gespräch mit dem Ministerialdirektor im Innenministerium lediglich um den Abrechnungsmodus der Bauabschnitte aus der Landesförderung gegangen sei. Dieses Gespräch habe er über Frau Erikli im Nachgang einer Gemeinderatssitzung im Juni 2018 initiiert. Die Gemeinde habe im Jahr 2016 mit der Planung eines Gas- und Glasfasernetzes begonnen, erläutert Eisch in diesem Zusammenhang den Kontext der Förderprogramme. Dafür hatte die Gemeinde Gaienhofen einen Masterplan als Fördervoraussetzung erarbeitet.
Mit diesem Masterplan wurden nach den damals gültigen Förderrichtlinien des Landes zwei Zuschüsse für zwei Bauabschnitte bewilligt. Im Jahr 2018 wechselte die Zuständigkeit des Glasfaserausbaus in Baden-Württemberg vom Wirtschafts- zum Innenministerium. Zudem wurde der Digitalpakt des Bundes beschlossen. „Danach mussten wir nun vorrangig auf die Bezuschussung aus Bundesmitteln umstellen und erneut Anträge stellen“, sagt Eisch: „Diesmal aber an den Bund.“ Das sei nicht einfach gewesen, weil die Gemeinde sich mitten in einer bereits laufenden Maßnahme befand.