Die Zahlen zeigen es ganz deutlich: Noch erfüllt Gottmadingen nicht die Quote der im Dorf aufzunehmenden Flüchtlinge. Im Oktober 2022 fehlten in der Gemeinde 74 Plätze für Geflüchtete. Bis Ende 2023 muss die Gemeinde noch weitere 100 Menschen, also insgesamt 174 Personen unterbringen. Und der Krieg in der Ukraine zeigt Auswirkungen bis in die Grenzdörfer. Die Zuwanderung ist für die Gemeinde auf allen Ebenen zu einer Herausforderung geworden.

Was alles zu tun ist

Das skizzierte nicht nur der Integrationsbeauftragte Martin Rauwolf, sondern auch Bürgermeister Michael Klinger und die Leiterin des Hauptamtes, Martina Stoffel, in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Denn es geht nicht alleine um die Schaffung von Wohnraum, sondern auch um die personelle Erfassung der Neuankömmlinge im Einwohnermeldeamt, die Unterbringung der Kinder in Kitas und Schulen, die Sprachvermittlung und die Vermittlung von Arbeitsplätzen.

Dass all diese Aufgaben fast geräuschlos erledigt werden, liegt laut Martin Rauwolf zum einen an der ausgeprägten Unterstützung durch die Bürger und zum andern am Integrationsmanagement des Landratsamtes. Hier gebe es einen regelmäßigen Austausch.

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23 Wohnungen vermittelt

Was den Wohnraum angeht, so habe die Gemeinde nach einem Aufruf einen beachtlichen Rücklauf von Wohnungseigentümern erhalten. „50 Wohnungen oder Zimmer von Privatpersonen wurden uns für die Unterbringung von Geflüchteten angeboten“, erklärt Rauwolf.

„Wir haben uns alle Angebote angeschaut und mit den potenziellen Vermietern gesprochen. Doch nicht immer haben Angebot und Nachfrage zusammengepasst. Am Ende konnten wir 23 Wohnungen vermitteln, in denen heute 79 Personen leben.“ Bisher habe es keine Beschwerden von den privaten Vermietern über die Mieter gegeben. Die Gemeinde selbst hat nur sechs Wohnungen, die sie Geflüchteten zur Verfügung stellen kann.

Trotz vielfältiger Bautätigkeit in den letzten Jahren fehlt noch immer Wohnraum im Ortszentrum.
Trotz vielfältiger Bautätigkeit in den letzten Jahren fehlt noch immer Wohnraum im Ortszentrum. | Bild: Trautmann, Gudrun

Dolmetscherpool gegründet

Ein großer Teil seiner Arbeit bestehe aus Wohnungsmanagement, sagt Rauwolf. Doch danach kommt gleich die Vermittlung von Sprachkursen, die in Gottmadingen von Ehrenamtlichen geleistet werde. Wiederum durch einen Aufruf konnte ein Dolmetscherpool in der Gemeinde gegründet werden, der bei allen Fragen der Geflüchteten helfen muss. Und viele Gottmadinger hätten Möbel gespendet. Ganz wichtig sei auch die Arbeit des Rot-Kreuz-Lädeles, wo sich die Menschen mit Kleidung und praktischen Dingen des Alltags versorgen könnten.

Wichtige Anlaufstelle im Gottmadinger Ortszentrum: Das Rotkreuzlädele.
Wichtige Anlaufstelle im Gottmadinger Ortszentrum: Das Rotkreuzlädele. | Bild: Gabriele Hering

Zusammen mit der Caritas wurden Fortbildungen über den Weg in den Arbeitsalltag angeboten. 2023 werde man auch eine Erstorientierung für die Flüchtlinge in der alten Eichendorff-Schule anbieten. Diese hat das Landratsamt von der Gemeinde Gottmadingen angemietet, um dort 200 Menschen unterzubringen. Eigentlich hätten sie schon im November 2022 einziehen sollen. Doch nun kommen sie erst Mitte Februar.

Nach dem Umzug in die neue Eichendorff-Schule könnte sich der Abriss der alten Schule für die Entwicklung des neuen Quartiers 2020 ...
Nach dem Umzug in die neue Eichendorff-Schule könnte sich der Abriss der alten Schule für die Entwicklung des neuen Quartiers 2020 verzögern. | Bild: Trautmann, Gudrun

Belegung ab Mitte Februar

Michael Klinger erklärt die Verzögerung: Die Brandschutzanforderungen in der alten Eichendorff-Schule seien umfangreicher gewesen als erwartet. Dazu gab es Lieferengpässe und Handwerkermangel. Mitte Februar soll es nun endlich mit der Belegung losgehen. Ein entsprechendes Dorfgespräch mit den Bürgern vor Ort findet am Donnerstag, 19. Januar, um 17 Uhr statt.

Im Februar werde sich die Schule relativ schnell füllen, weil die Notunterkünfte in den Sporthallen aufgelöst werden sollen. „Wir erwarten dann 150 Geflüchtete aus der Singener Kreissporthalle, die umgesiedelt werden sollen“, sagte Klinger. „Wir sehen es als gutes Zeichen für unsere Jugend und Vereine, dass die Sportstätten wieder frei werden.“ Mit der Belegung der alten Eichendorff-Schule könne Gottmadingen seine Quote erfüllen.

In der Eichendorff-Schule sollen demnächst Geflüchtete eine Unterkunft finden.
In der Eichendorff-Schule sollen demnächst Geflüchtete eine Unterkunft finden. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

„Aber was geschieht nach dem 31. Dezember 2023?“, fragte Klinger. Bis dahin hat das Landratsamt die Schule gemietet. Klinger schlug vor, mit der Behörde über eine Verlängerung des Mietvertrages um ein halbes Jahr zu verhandeln. Doch dafür benötigt er den Auftrag des Gemeinderats, der ihm auch mit großer Mehrheit bei nur einer Nein-Stimme erteilt wurde.

Nutzungsverlängerung bekommt breite Zustimmung im Rat

Angesichts der Tatsache, dass sich die Gestaltung des Quartiers 2020 und damit der Abriss der alten Schule um ein halbes Jahr verzögert habe, konnten die Fraktionen dem Verlängerungsvorschlag gut zustimmen. Bernd Schöffling (CDU) sagte: „Solange wir die Schule nicht abreißen müssen, eignet sie sich besser für die Unterbringung von Flüchtlingen als die Kreissporthalle.“

Bernhard Gassner (SPD) sieht die Abrissbagger für die Schule noch lange nicht anrollen und sprach sich ebenfalls für die verlängerte ...
Bernhard Gassner (SPD) sieht die Abrissbagger für die Schule noch lange nicht anrollen und sprach sich ebenfalls für die verlängerte Unterbringung von Flüchtlingen aus. | Bild: SK

Auch Kirsten Graf (SPD) sieht das so. Sie kritisierte jedoch die Vergeudung von Steuergeldern, die für die Ertüchtigung der Schule als Notunterkunft für so einen kurzen Zeitraum ausgegeben werden müssen. Auch Walter Beyl (FWG) plädierte für eine Verlängerung des Mietverhältnisses, während sein Kollege Norbert Fahr lieber die Entwicklung abgewartet hätte. Bernhard Gassner (SPD) sieht die Abrissbagger für die Schule noch lange nicht anrollen und sprach sich ebenfalls für die verlängerte Unterbringung von Flüchtlingen aus. „Wir sollten bedenken, dass die aller wenigsten freiwillig kommen“, sagte er. „Das sind keine Wirtschaftsflüchtlinge.“

Michael Klinger rechnet vor, dass die Gemeinde wieder ein Defizit an Plätzen für Geflüchtete aufweisen werde, sobald die alte Eichendorff-Schule nicht mehr als Unterkunft genutzt werden könne. Zwar seien zwei Neubauten in der Hauptstraße (48 Plätze) und in der Hilzinger Straße (39 Plätze) geplant. Mit der Schule und den übrigen Unterkünften stünden 2023 dann 306 Plätze zur Verfügung.

Bei einer Zuteilung von 171 Menschen hätte Gottmadingen sogar ein Überangebot an Plätzen für Geflüchtete. Fällt die Schule wieder weg, so fehlen 65 Plätze. Werde darüber hinaus nur ein Neubau realisiert, so fehlten sogar 115 Plätze. Die Rechenspiele sind jedoch immer abhängig von der Zahl der Zuwanderer und damit von der Entwicklung des Krieges in der Ukraine.