Jetzt ist es in höchster Instanz entschieden: In baden-württembergischen Schulkantinen müssen nicht täglich Chicken Nuggets, Schweinebraten oder Spaghetti Bolognese auf den Tisch. Dies entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim. Den Beschluss fassten drei Richter des 9. Senats des VGH am Montag, 23. Juni, wie die Behörde jetzt bekannt gibt.
Eine Konstanzer Familie, deren Kind eine Ganztagsgrundschule besucht, hatte die Ernährungspraxis in der Schulmensa kritisiert. Denn die Stadt Konstanz hatte zum Schuljahresbeginn 2024/25 aus Klimaschutzgründen auf hauptsächlich vegetarische Kost umgestellt, es gibt seitdem in vielen Schulkantinen nur noch einmal pro Woche 80 Gramm Fleisch oder Fisch.
Den Eltern einer Tochter im Grundschulalter schmeckte das nicht. Sie stellten am 23. März 2025 einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Freiburg und begründeten dies mit Sorgen der Mangelernährung, mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit ihrer Tochter sowie mit Angst vor Diskriminierung von Kindern, die andere Essgewohnheiten haben.
Außerdem äußerten sie „Bedenken hinsichtlich einer Politisierung von mit Steuermitteln mitfinanzierter Schulverpflegung“. Doch drei Berufsrichterinnen am VG Freiburg wiesen den Eilantrag zurück.
Mit dieser Freiburger Entscheidung gaben sich die Eltern aber nicht zufrieden und legten innerhalb der zweiwöchigen Frist Beschwerde ein. Somit landete ihr Begehren vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim. Allerdings baten sie hierfür keinen Anwalt um Hilfe, sondern reichten ihren Widerspruch nur persönlich ein, wie der SÜDKURIER bereits berichtete.
Dabei verlangt Paragraf 67, Absatz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung: „Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen.“ Es besteht somit eine Art Anwaltszwang.
Darauf wurde die Familie mehrfach hingewiesen, wie Andrea Kloster, Richterin und Pressesprecherin am VGH Mannheim, dem SÜDKURIER sagt: „Schon in der Rechtsmittelbelehrung durch das Freiburger Gericht stand, dass sie einen Anwalt benötigen, wenn sie in die nächste Instanz ziehen möchten. Als der Antrag bei uns einging und sie keinen Rechtsvertreter hatten, wies unsere Vorsitzende Richterin sie erneut darauf hin. Aber die Familie schaffte es nicht innerhalb der Frist von 14 Tagen, einen Anwalt zu besorgen.“
Grundschülerin selbst kann nicht Beschwerde erheben
Auch die Beschwerde der Tochter war nach der Begründung des Mannheimer Gerichts unzulässig. „Sie war nicht Beteiligte im erstinstanzlichen Verfahren und deswegen nicht befugt, eine Beschwerde zu erheben“, erläutert der Verwaltungsgerichtshof. Andrea Kloster präzisiert auf Nachfrage: „Beim Eilantrag in Freiburg hatten die Eltern nur in ihrem eigenen Namen Beschwerde eingelegt, nicht aber im Namen der Tochter. Das taten sie erst in zweiter Instanz.“
Eine weitere Chance, ihr Anliegen auf höchster juristischer Ebene in Baden-Württemberg überprüfen zu lassen, haben die Konstanzer damit verwirkt: Die Entscheidung des VGH Mannheim ist unanfechtbar. Doch zu Ende muss die ganze Sache trotzdem nicht sein: „Die Eltern könnten mit ihrem Anliegen nochmal zurück ans Verwaltungsgericht Freiburg gehen“, sagt Andrea Kloster.
Ob das viel hilft, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich hatten sich dort auch schon drei Berufsrichterinnen ausführlich mit der Beschwerde auseinandergesetzt, und zwar inhaltlich. „Aber es ist das gute Recht der Bürger, gegen eine staatliche Entscheidung vorzugehen, hier gegen die der Stadt Konstanz als Schulträgerin, wenn einem was nicht gefällt“, so Kloster.

Die bundesweite Aufmerksamkeit für diesen Fall sei auch deshalb zustande gekommen, weil noch kein anderes Gericht darüber befinden musste, wie viel Fleisch in Schulmensen angeboten werden muss. Dass Berufsrichter über Alltagsfragen entscheiden, sei aber nichts Besonderes: „Wir haben hier einen bunten Strauß an Themen“, sagt Kloster abschließend.