Manche Familien reiben sich derzeit beim Blick auf das Mensa-Angebot verwundert die Augen. Da stehen Gerichte wie veganes Curry mit Süßkartoffeln, Wasserkastanien, Brokkoli und Zuckerschoten mit Reis auf dem Plan. Viel Gemüse, viel vegetarisch und vegan, manchmal mit ausgefallenen Zutaten.
Das ist volle Absicht: Die Stadt Konstanz hat zum neuen Schuljahr 2024/25 in den Mensen an weiterführenden Schulen ein nachhaltigeres Essensangebot umgesetzt. Philipp Baumgartner, Leiter des Konstanzer Amts für Klimaschutz, begründet dies so: „Konstanz hat den Klimanotstand ausgerufen und wir sind dadurch in der Verantwortung, auch die Ernährung umzustellen. Sie spielt beim CO2-Ausstoß eine große Rolle.“ Das neue Angebot orientiere sich an den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Ab sofort steht nur noch einmal pro Woche 80 Gramm Fleisch oder manchmal Fisch auf dem Plan. Dafür wurde das Salat- und Obst-Angebot ausgeweitet. Pauline Hippert vom Amt für Klimaschutz erläutert: „Die frischen Zutaten kommen aus der Region, das Fleisch von tiergerechter Haltung aus dem Ravensburger Raum. Endlich haben auch Vegetarier eine Auswahl.“
Die städtischen Kitas kennen diese Umstellung bereits, dort essen die Kinder seit 2023 weniger Fleisch und mehr Bio. „Das Ziel der Stadt ist es, unsere Kinder gut und gesund zu ernähren“, sagt Philipp Baumgartner. „Aus der Forschung weiß man, dass Gewohnheiten früh geprägt werden.“
Mehr Schüler sollen die Mensa nutzen
Laut Tobias Schöll vom Amt für Bildung und Sport nutzten vor der Umstellung rund zehn Prozent aller Schüler weiterführender Schulen in Konstanz die Mensa. „Zu berücksichtigen ist, dass manche zum Essen nach Hause gehen oder gar keine Mittagsschule haben“, so Schöll. Das Ziel der Stadt sei es, die Akzeptanz der Mensen zu erhöhen – auch durch gute Ausstattung der Räume und einen erhöhten Zuschuss der Stadt zum Schulessen.
Ob die neuen Geschmacksrichtungen zu diesem Ziel beitragen, steht auf einem anderen Blatt. „Bislang gibt es noch Irritationen unter Eltern, die manchmal aber nicht richtig über die Hintergründe informiert sind“, sagt Elena Oliveira von der städtischen Pressestelle.

Und wie ist das Meinungsbild vor Ort, in den Schulen? Patrick Hartleitner, Leiter des Suso-Gymnasiums und Geschäftsführender Schulleiter der Konstanzer Gymnasien, sagt: „Nach wenigen Tagen Mensabetrieb in diesem Schuljahr können wir noch kein repräsentatives Meinungsbild erstellen. An meiner Schule ist das Thema bis jetzt weder in der Schüler- noch in der Elternschaft aufgetaucht.“
Generell sei das Mensaessen in den vergangenen Jahren immer wieder und stets kontrovers diskutiert worden, sagt er in Abstimmung mit Heike Bierkandt, Geschäftsführende Schulleiterin für die anderen Schularten in Konstanz.

„In der Regel waren weder Eltern noch Schülerinnen und Schüler in allen geforderten Punkten auf einer Linie“, so Hartleitner. „Da es beim Essen sehr stark um persönliche Vorlieben geht, ist das keine große Überraschung.“
Die Schulen seien nicht aktiv in den Entscheidungsprozess der neuen Ausschreibung eingebunden gewesen, aber die Geschäftsführenden Schulleitungen hinterher informiert worden.
Dagegen haben viele Familien noch nichts von der Umstellung mitbekommen. So schreibt ein Elternteil auf Facebook: „Wundert sich noch jemand über die Essensauswahl dieses Jahr in der Mensa? Ich bin doch etwas verwirrt über Karottenschnitzel und co.“
Jemand anderes antwortet: „Sorry, veganes Knusperfilet aus Schwarzwurzeln und Jackfrucht? Wir essen auch nicht jeden Tag Fleisch, aber etwas kinderfreundlicher könnte das schon gestaltet werden.“ Ein drittes Elternteil kommentiert, sein Kind werde ab jetzt nur noch eigenes Essen mitbringen.

Beim Fünftklässler Alyoscha, der seit wenigen Tagen das Suso-Gymnasium besucht, kommen die überwiegend vegetarischen und veganen Speisen gut an. „Das Essen ist lecker, es gibt jeden Tag was, das mir schmeckt. Ich mag Gemüse und Salat.“ Sein Lieblings-Mensagericht sei aber Spaghetti mit Tomatensauce. „Das gab es an meiner Grundschule“, sagt der Neunjährige.
Die Verantwortlichen der Stadt Konstanz kennen die Kritik mancher Eltern. Doch Klimaschutzamt-Leiter Philipp Baumgartner sagt: „Wir glauben, dass es die richtige Richtung für unsere Stadt ist, ein positives Angebot zu schaffen, das bezahlbar ist.“

Mit diesem Weg ist Konstanz nicht allein, wie die Pressestelle von Apetito Catering auf Nachfrage sagt: „In der Schulverpflegung gibt es eine grundsätzliche Entwicklung in Richtung einer nachhaltigeren Ernährung. Das stellen wir auch in anderen Städten fest.“
Dass vor allem Jugendliche die Mensa an sich wenig attraktiv finden und mittags oft den Schulhof verlassen, weiß das Klimaschutzamt. „Natürlich gehen manche lieber Döner essen und das sollen sie auch tun – aber nicht jeden Tag“, findet Philipp Baumgartner.