Einmal mehr wird Manfred Hölzl sehr deutlich. Bereits in der vergangenen Gemeinderatssitzung hatte der CDU-Stadtrat und langjährige Gastronom versucht, zumindest die Papiertüten aus der Verpackungssteuer herauszunehmen, weil er an der inneren Logik des geplanten Systems zweifelt.
Nun, wenige Tage später, verschickte er als stellvertretender Vorsitzender der Dehoga-Kreisstelle Konstanz ein Schreiben an die Mitglieder des Hotel- und Gaststättenverbands.
Darin ist zu lesen: „Die Unterschrift von Oberbürgermeister Burchardt war wohl noch nicht trocken auf der Satzung zur Verpackungssteuer, da war das Schreiben der Kämmerei schon auf dem Weg in die gastgewerblichen Betriebe, Kioske, Tankstellen und andere.“
Diese Eile versteht Manfred Hölzl nicht. „Vor allem die Fristsetzung bis zum 15. Juni 2024, wahrheitsgetreu die Meldung über viele detaillierte Punkte abzuliefern, halten wir für mehr als befremdend. Es ist noch völlig unklar, wie sich die Betriebe orientieren werden“, moniert Hölzl.
Im Gespräch ergänzt er: „Wir wollen zum Beispiel einen Konstanzer Eisbecher als Mehrwegverpackung kreieren, den man in allen Eisdielen abgeben könnte. Aber dafür brauchen wir noch Zeit.“

Die Verpackungssteuer wird zum 1. Januar 2025 eingeführt. „Das sind noch mehr als sieben Monate, aber es scheint der Kämmerei eilig zu sein, die zu erwartenden Steuereinnahmen in den Doppelhaushalt 2025/2026 einzupreisen“, so Hölzl.
Strandbadpächter: „Das würde ich als Kunde auch nicht tragen“
Auch Oliver Krüger, Pächter des Strandbads Litzelstetten, findet deutliche Worte: „So geht‘s nicht! Die Stadt kann nicht einfach eine Steuer einführen und uns damit allein lassen. Wenn ich auf Keramikschalen umstelle, muss ich die kaufen. Da könnte man einen Zuschuss von der Stadt erwarten.“

Ihm bleibe nichts anderes übrig, als die Steuer auf den Preis für Pommes, Wurst und Co. aufzuschlagen. „Aber ich kann doch keine Pommes für über fünf Euro verkaufen, das würde ich als Kunde auch nicht tragen“, empört sich Krüger. „Und wenn sogar eine Pommesgabel aus Holz besteuert wird – wo sind wir denn da?“
Am meisten wurmt den Strandbadpächter die Ungerechtigkeit: „Warum trifft es wieder nur uns Gastronomen?“, fragt Krüger. „Warum dürfen Supermärkte und Großhandel weiterhin Verpackungen unbesteuert verkaufen?“
Kioskpächter: „Das sollen sie gefälligst selbst ausrechnen!“
Auch Christian Sandmann ist wütend. „Keine Frage, dass sich beim Thema Müll was ändern muss, aber wir Händler werden als Steuereintreiber für die Stadt missbraucht!“, ärgert sich der Pächter des Kiosks an der Laube. „Der Obergipfel ist: Die Verwaltung will von uns auch noch wissen, wie viel Geld sie von uns bekommt. Das sollen sie gefälligst selbst ausrechnen!“
Überhaupt seien viele Details nicht richtig geklärt. „Wie soll ich die Verpackungssteuer, die ich direkt an die Stadt abführen muss, verbuchen?“, fragt sich Christian Sandmann. „Dafür müsste ich eine zweite Kasse einrichten. Da denken sich Leute am Schreibtisch was aus, die nicht wissen, wie das Geschäft läuft.“

Er werde versuchen, die Steuer zu umgehen, sagt der Kioskbetreiber. „Fleischkäsbrötchen gebe ich in der Serviette mit, die ist steuerfrei.“ Artikel wie Saft in Plastikverpackung, Piccolosekt und kleine Weinflaschen, die besteuert werden müssten, nimmt er aus dem Sortiment.
„Bier ist in ein Pfandsystem eingebunden, aber auch das ist keine Garantie dafür, dass die Leute die Flaschen nicht einfach ins Gebüsch werfen.“ Beim Kaffee würde er gern Porzellantassen verwenden. „Aber ich darf sie nicht einfach spülen, dafür bräuchte ich eine Sondergenehmigung“, so Sandmann.
Gerade kommt der Konstanzer Wolfgang Türker an den Kiosk. Wie findet er die Verpackungssteuer? „Das ist nicht wenig Geld, was wohl meistens auf die Kunden umgelegt wird“, vermutet er. „Für Konstanz ist es schlecht, wenn hier im Vergleich zu anderen Städten vieles noch teurer wird.“

Pizza-Lieferdienst verunsichern die Unterlagen
Wie groß die Unsicherheiten unter Gastronomen sind, zeigt ein Gespräch mit einem Pizza-Lieferdienst. Er hatte geäußert, die neue Steuer sei für ihn existenzbedrohend, weil er nicht nur Pizzakartons habe, sondern auch Verpackung für Salat, Dressing und Tüten zum Mitgeben.
Als der SÜDKURIER darauf hinweist, dass die Steuer nicht für gelieferte Speisen gilt (weil die Kunden die Verpackung dann über den Hausmüll entsorgen), sondern nur, wenn Kunden das Essen vor Ort abholen, ist der Pizzaservice erleichtert. Aus den städtischen Unterlagen habe er das nicht entnehmen können.
Wirt: „Das ist hausgemachter Blödsinn und total unlogisch“
Eike Hedicke, Inhaber von Hedickes Terracotta, verkauft nur wenige Waren zum Mitnehmen und ist somit von der Steuer kaum betroffen. Dennoch hat auch er eine klare Meinung: „Das ist hausgemachter Blödsinn und total unlogisch, was besteuert wird und was nicht. Das System ist realitätsfremd und unausgegoren.“
Deshalb erhebt Eike Hedicke die Stimme für seine Kollegen: „In die Gastronomie will ohnehin niemand mehr, weil es immer mehr Auflagen gibt. Und jetzt noch diese Steuer. Es ist Wahnsinn, was die Nichtfachleute im Gemeinderat entschieden haben.“

Das sieht Philipp Baumgartner, Leiter des Amts für Klimaschutz, anders. Im Gemeinderat argumentierte er: „Ich verstehe die Befürchtungen der Gastronomen in gewissem Maße, vertraue aber darauf, dass die Industrie reagieren wird und es wie beim Recup für Kaffee bald auch ähnliche Mehrwegformate für andere Verpackungen geben wird.“ Die Steuer sei ein Anreiz in diese Richtung. „Sie ist gut für den Klimaschutz und für das Stadtbild“, so Baumgartner.