Im Ratssaal duftet es nach Fleischkäse. Gibt es etwa einen warmen Snack, damit sich die Stadträte während der stundenlangen Gemeinderatssitzung stärken können? Nein. Manfred Hölzl (CDU) hat nur ein einziges Fleischkäsbrötle mitgebracht – zu Demonstrationszwecken und um seine Worte sinnbildlich zu unterstreichen. Er ist dagegen, dass Papiertüten besteuert werden sollen.
Antrag: Papiertüten sollen nicht besteuert werden
Manfred Hölzl steht für seine leidenschaftliche Rede auf. „Plastik, Alu, das muss nicht mehr sein“, hebt er an. Generell stehe er – wie alle anderen – hinter der Müllvermeidung und der Verpackungssteuer. Aber: „Bei der Papiertüte verstehe ich es leider nicht“, so Hölzl, der an der Logik der Satzung zweifelt. „Fleischkäsbrötle warm, Papiertüre: 50 Cent. Schnitzelbrötle kalt, Papiertüte: keine Steuer. Was soll der Unsinn? Und wer kontrolliert das am Ende?“

Innerlich schüttelt Manfred Hölzl den Kopf. Wer sein Vesper in einer Papiertüte in seinem Rucksack verstaut „ist doch grundsätzlich keine Umweltsau“, so der CDU-Stadtrat, der postuliert: „Wenn Steuer, dann vernünftig und gerecht. Oder geht es hier wirklich nur um die Kasse?“
Einfaches Essen würde noch teurer, wobei Hölzl an die Geldbeutel von Schülern und Studenten denkt. Das bestätigt Khaled Badawi von der Jugendvertretung. Er berichtet aus dem Schüleralltag. 45 Minuten Pause. Schnell zu Bäcker, Döner oder Supermarkt, essen beim Laufen, skizziert er. Die Steuer belaste den Geldbeutel der Jugendlichen. „Für Schüler ist das nicht gut“, so Badawi.

Stadt will auf der sicheren Seite sein
Helge Kropat, Abteilungsleiter Steuern der Stadt Konstanz, erläutert, dass die Papiertüte nicht aus der Satzung genommen werden könne. Das wäre ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Müllvermeidung sei der Lenkungszweck der Satzung. An die Jugendvertretung gewandt, meint er, es bestünde die Möglichkeit, eine Dose mitzunehmen und das Vesper dort hineinzutun.
Ja, die Differenzierung bei Papiertüten sei schwer verständlich, findet auch Jan Welsch (SPD). Und doch kommt er, wenn er die Hintergründe bedenkt, zu einer anderen Abwägung. Tübingen habe als erste Stadt dieses Instrumentarium eingeführt.
Das Bundesverfassungsgericht habe geurteilt, dass die Satzung soweit rechtmäßig sei. Eine Insellösung für Konstanz erachtet er als nicht sinnvoll, denn er will nicht, dass die Rechtssicherheit der Satzung gefährdet werde. 1,2 Millionen Euro gebe die Stadt Konstanz jährlich für die Müllbeseitigung an öffentlichen Orten aus, erinnert Jan Welsch. Er findet: „Die Verursacher sollen dafür aufkommen.“

Unter der Steuer leiden nicht die Ärmsten
Es seien nicht die Ärmsten, die unter der Verpackungssteuer leiden, meint Christine Finke (Junges Forum). „Leute mit wenig Geld gehen überhaupt nicht zum Bäcker und holen sich eine Brezel; die schmieren sich zu Hause Brote und die kommen in eine Dose“, sagt sie.

Simon Pschorr (Linke Liste) gibt zu bedenken, dass man die Erwägung, was die Gleichheit angehe, auch anders sehen könne. Den Differenzierungsgrund könne man darin sehen, dass Papier einfacher zu entsorgen sei.
Papier diene der Verpackung einfacherer Mahlzeiten, jene aus Plastik und Alu hingegen der Aufbewahrung vollwertiger Mahlzeiten. „Ob es wirklich rechtswidrig ist, was Hölzl beantragt, darüber kann man echt streiten“, so Pschorr.

Sind Brezeltüten-Kontrolleure notwendig?
Die Freien Wähler sind gegen eine Verpackungssteuer, stellt Jürgen Faden (FW) fest. Der Sinn sei berechtigt. Aber wie solle die Einhaltung überprüft werden, fragt er sich. Er sei gespannt, ob die Verwaltung dann wohl komme und sage, „wir brauchen fünf neue Brezeltüten-Kontrolleure, weil wir sonst nicht überprüfen können“. Faden will, dass nach einem Jahr evaluiert werde, was die Steuer gebracht habe.

Die FGL hatte die Verpackungssteuer beantragt, erinnert Anne Mühlhäußer (FGL). Es gehe um Müllvermeidung und das Schonen von Ressourcen, führt sie aus. Die überquellenden Mülleimer in der Stadt sähen hässlich aus und seien einer Touristenstadt nicht würdig.

Pfandsysteme werden sich entwickeln
Matthias Schäfer (Junges Forum) will den Jugendlichen die Angst nehmen. Auch an der Uni sei ein Pfandsystem eingeführt worden. Er geht davon aus, dass „sich Systeme entwickeln, damit sich der Preis nicht erhöht.“
Philipp Baumgartner, Leiter des Klimaschutzamtes, verweist auf die bereits gängigen Recup-Becher für Kaffee. „Wir erwarten ganz ähnliche Formate im Bereich der Einmalverpackungen“, so Baumgartner, der überzeugt ist, dass auch Industrie und Gewerbe darauf reagieren würden. Die Verpackungssteuer sei „gut für den Klimaschutz, den Umweltschutz und das Stadtbild“, so Baumgartner.
Und wie ging die Diskussion aus? Der Antrag der CDU, Papiertüten nicht zu besteuern, wurde knapp abgelehnt und die Satzung zur Erhebung der Steuer auf Einwegverpackungen beschlossen. Die Verpackungssteuer wird in Konstanz also ab dem 1. Januar 2025 erhoben.