Die große gusseiserner Bandsäge in der Zimmerei-Werkstatt von Christoph Vayhinger in der Ruppanerstraße in Allmannsdorf hat eine noch lesbare 18… eingraviert. „Und die läuft immer noch wie geschmiert.“ Oben in der Schräge hängt ein über zwei Meter langes Bundsägeblatt, „mit dem früher drei Männer einen Baumstamm durchgesägt haben“, erzählt Vayhinger. Und sein Großvater Fritz Weber hat noch die Holzdalben (große Pfähle) an den Anlegestellen der Fähren in Staad und Meersburg mit der Handkatze, viel Gewicht und einigen Männern in den Untergrund gerammt, dabei „Rammlieder“ singend, deren Inhalt so gar nicht jugendfrei waren.

Bild 1: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Beispiele, die zeigen, dass die Zimmerei immer schon Handarbeit, ein Handwerk war. Etwas, was auch in 125 Jahren Zimmerei Weber nie verlorengegangen ist und bis heute gilt. Wenn Christoph Vayhinger und seine Mitarbeiter in Stadelhofen den Dachstuhl der alten Kirche St. Jodok reparieren und die alten Balken mit Passhölzern bandagieren, dann braucht es dieses Geschick mit den Händen genauso wie bei dem Projekt in der Bodanstraße 40, wo die Zimmerleute Teile der Fachwerkfassade restaurieren, indem sie mit Transparentpapier Muster von durchgefaulten Holzverzierungen durchpausen und dann in neue Stücke fräsen. „Dabei schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit.“ Vayhingers Stimme ist voller Bewunderung, wenn er vor Bauteilen steht, die völlig auf Metall verzichteten und nur mit Holzstiften und Verzahnungen arbeiteten. In St. Jodok ist die Dachkonstruktion auf 1492 datiert, da musste jetzt mancher Balken ersetzt werden. Holz lebt, atmet, hat seine Geschichte.

Bild 2: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Mit Holz zu arbeiten, dafür entschied sich Christoph Vayhinger 1985, als er bei der Zimmerei Kern seine Lehre begann, diese 1988 abschloss, dann in die Zimmerei des Opas Fritz Weber, einstieg, um diesen 1992 zu übernehmen. „Der Opa war 76, ich 24.“ Eine Generation wurde übersprungen. „Und ich durfte zweieinhalb Jahre nach der Gesellenprüfung mit einer Sondergenehmigung den Meister machen, um den Betrieb übernehmen zu können.“ Als Innungs-und Kammerbestem und angesichts des schon hohen Alters des Seniors wurde ihm das gewährt.

Bild 3: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Seitdem baut Vayhinger Dachstühle oder auch ganze Häuser. So wie vor wenigen Jahren in der direkten Nachbarschaft, Ruppanerstraße 2, ein Mehrfamilienhaus in Holzständerbauweise. Die Elemente wurden geliefert, „und mit fünf Männern haben wir in vier Tagen das Gebäude hingestellt.“

Bild 4: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Er hat in Allmannsdorf den Glockenturm von St.Georg renoviert, genauso auch den Dachstuhl des alten Rathauses. Denn hier, mitten in Allmannsdorf, fühlt er sich pudelwohl. „Ich wollte nie in ein Industriegebiet umsiedeln.“ Die Werkstätten des Großvaters hat er über die Jahre behutsam vergrößert, Wände entfernt, Hallenteile angebaut. Altes und Neues miteinander verbunden. Und so arbeitet er auch: Wenn industriell gefertigte Häuser errichtet oder eben kleinteilige Restaurierungsarbeiten an altem Gebälk verrichtet werden. Die nun 125jährige Tradition schwingt stets mit. Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Firmengründer Fritz Weber die Villa Ruppaner in Allmannsdorf, nicht weit vom Firmengelände, ein prächtiges Anwesen im Tiroler Landhausstil. Zur 200-Jahrfeier der Brauerei überreichte Amalie Vayhinger, Mutter des heutigen Inhabers, einen eichernen Holznagel vom damaligen Bau, den man in der Werkstatt zufällig gefunden hatte, an Dr. Hans Ruppaner.

Bild 5: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

„Und an dem Haus in der Bodanstraße 40 hat mein Urgroßvater um 1900 auch schon mitgebaut.“ Und der Nachkomme des Firmengründers legt heute wieder Hand an ans gleiche Holz. Es ist dem Mann der vierten Generation anzumerken, dass er sich gerne in diese Familientradition einreiht. Und es tut gut, wenn die heutigen Besitzer des altes Gebäudes, die Familie Jung, ihm und seinem Team nach getaner Arbeit ihre Wertschätzung für das Geleistete zeigen.

Bild 6: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Auf Baustellen zu arbeiten ist manchmal abenteuerlich, wenn ein großer Dachbalken transportiert werden muss oder nach einem Brand der Zimmermann gerufen wird. Wie im Winter 2010, als das Schuhhaus Haug in der Altstadt ausgebrannt war. Vayhinger stand in der Wohnung unter dem Dachstuhl mit freiem Blick nach draußen. Eine Trennwand zum Nachbargebäude fehlte völlig. Die offene Butterdose stand noch auf dem Tisch, von dem die Bewohner vor dem Feuer geflüchtet waren. „Das Wasserbett war steinhart durchgefroren.“ Und oben aus dem Gebälk schauten die beiden Abgüsse der Imperia-Lenkfiguren, Kaiser und Papst, gleichmütig auf die Katastrophe herab. „Wir haben dann den Dachstuhl mit Stützbalken stabilisiert.“

Bild 7: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Holz erzählt Geschichten, hat aber auch eine Zukunft. Der klimafreundliche Baustoff wird vermehrt eingesetzt und löst mehr und mehr den umweltschädlichen Beton ab. Christoph Vayhinger ist einer, der in die Familiengeschichte hineinblickt und gleichzeitig auf die Holzindustrie mit ihren zukunftsträchtigen Entwicklungen achtet.

Bild 8: 125 Jahre Holzbau Weber: „Es schwingt immer die Ehrfurcht vor dem Können unserer Vorfahren mit“

Das digitale Zeitalter hat auch Einzug in seinen Beruf gehalten. Moderne Messgeräte wie der „Punkt-Wolken-Laser“, der auf dem Team-Bild oben zu sehen ist, haben den Zollstock ersetzt. Wenn er heute für einen Kunden eine sich drehende Treppe passgenau in eine Nische einfügen soll, dann ist er mit einem 3D-Scanner vor Ort, erfasst digital alle Maße, verarbeitet die Daten, um dann in der Werkstatt die Treppe so aufzubauen, dass sie montiert werden kann, „ohne dass man noch eine Säge braucht.“

Eingebettet in Allmannsdorf führt Christoph Vayhinger eine Zimmerei, in der handwerkliches Arbeiten auch weiterhin eine zentrale Rolle spielt. Denn mit dem Holz zu arbeiten, das findet letztlich immer noch „analog“ statt.

Die mahnenden Worte des Urgroßvaters Fritz haben sich nicht bewahrheitet: „Ihr werdet mal keine Zimmerleute mehr sein, sondern nur noch Maschinenknechte.“ Heute ist es eher so, dass die Maschinen dem Handwerk dienen und die Arbeit erleichtern.

 

Tag der offenen Tür

Tradition und die Zukunft werden dieses Wochenende gefeiert: Am Freitag, den 23. Mai, gibt es einen offiziellen Festakt auf dem Werksgelände. Am Samstag, den 24. Mai, findet von 10 bis 16 Uhr ein Tag der offenen Tür statt, bei dem so manches alte Stück Holz den Besucherinnen und Besuchern seine Geschichte erzählen wird.