Die Nacht auf Donnerstag, 25. Juli 2024, ist bei den Konstanzern bis heute in Erinnerung: Das stadtbildprägende Stadlerhaus in der Zollernstraße stand in hellen Flammen. Wie sich bei späteren Untersuchungen ergab, hatte ein elektrischer Defekt den Großbrand verursacht, der das im Jahr 1905 errichtete Gebäude oberhalb des zweiten Obergeschosses fast vollständig zerstörte. Vor allem das Hinterhaus mit teilweise noch älterer Bausubstanz fiel in Schutt und Asche. Erst nach vier Tagen konnten die letzten der rund 200 eingesetzten Feuerwehrleute abrücken.
Ein Anruf wenige Stunden nach Ausbruch
Schon wenige Stunden nach Ausbruch des Feuers klingelte beim Heiligenberger Zimmerermeister Florian Kopp das Telefon. Nach erstem Eindämmen der Flammen schien der in seiner neugotischen Gestalt ikonische gemauerte Frontgiebel zur engen Gasse hin einsturzgefährdet und musste gesichert werden, um eine nachhaltige Brandbekämpfung auch im Gebäudeinneren überhaupt erst zu ermöglichen.

Diese Aufgabe fiel den Handwerkern der Zimmerei Holz Kopp zu, die mit dem Hausherrn, Christian Stadler, schon aus früheren Aufträgen verbunden waren. Am Freitag und Samstag nach der Brandnacht gelang es ihnen, den Mauergiebel durch Aufrichten und Verankern eines haushohen, massiven Holzbalkenkorsetts so zu stützen, dass ein Einsturz ausgeschlossen werden konnte.
Hintergrund zur Zimmerei Holz Kopp
Gefährliche Baustelle nach dem Brand
Noch heute bewegt Florian Kopp im Gespräch die brisante Lage, der seine Leute bei dieser Arbeit ausgesetzt waren. Immerhin wurden sie aber unterstützt von einem Lasermess-System des Technischen Hilfswerks, das etwaige Bewegungen des Gemäuers millimetergenau erfassen konnte. Nebenbei hat Kopp dabei auch noch ein paar Glutnester entdeckt, die die Feuerwehr dann schnell entschärfte.

Bald nach dem Brand wurde auch klar, dass der Hauseigentümer sein Gebäude unter Berücksichtigung denkmalschutzrechtlicher Vorgaben wiederaufbauen, energetisch sanieren und mit moderner Haustechnik ausstatten wollte. Auch hierbei fiel der Zimmerei wieder eine im Wortsinn tragende Rolle zu, denn die Zwischendecken des Baus und vor allem der fast völlig verbrannte Dachstuhl sollten von Grund auf zu erneuert werden.
Segensreich erwies sich dabei eine frühere Brandschutzwand, die ein Übergreifen der Flammen auf die westlichen Dachfluchten verhindert hatte. Von dort konnten so Vorgaben für die Rekonstruktion des Dachgebälks und die Ziegelart gewonnen werden. Ausschlaggebend, dass sein Unternehmen beauftragt wurde: Florian Kopp beherrscht die in Zimmereien nicht durchgängig verfügbare technische Kompetenz der computergestützten Produktkonstruktion (CAD). So konnte er das im nahen Hattenweiler, einem Ortsteil von Heiligenberg, ansässige Abbundzentrum mit millimetergenauen Maßen für die vielen verschiedenen Balken- und Trägerformate versorgen.
Nicht nur Muskelkraft, sondern auch digitale Technik
Einige hundert Stunden habe er mit dem Aufmaß vor Ort und am heimischen Rechner verbracht. Es ist ihm wichtig zu zeigen, dass sein Handwerk inzwischen nicht mehr nur vom Bewegen schwerer Holzelemente und dem Einsatz muskulösen Werkzeugs bestimmt ist, sondern dass digitale Technik eingezogen ist.
Vor Beginn der Arbeiten in der Brandruine mussten dann noch die meterhoch aufgetürmten Schutt- und Holzkohleberge sauber getrennt werden. Nachdem aber im Inneren eine mehrstöckige Stahlkonstruktion eingezogen war, konnten die Kopp-Zimmerer im März dieses Jahres mit der Errichtung des neuen Dachstuhls beginnen. Im Herbst soll diese ebenso interessante wie herausfordernde Aufgabe an der prominenten Baustelle erledigt sein.