Gut zwei Wochen sind seit dem Angriff eines älteren Jungen auf einen Zehnjährigen am Konstanzer Webersteig vergangen – und noch immer gibt es keine Spur vom Täter. Dass es bisher keinen Verdacht gibt, bestätigt Patrick Zöller, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. Die ermittelnden Beamten seien weiterhin dran und hoffen darauf, dass jemand aus den bisherigen Beobachtungen möglicherweise einen konkreten Hinweis auf den gesuchten Jugendlichen geben kann.
Was aber erwartet einen Jugendlichen, der möglicherweise noch jünger ist als 14 Jahre und eine Straftat begangen hat? Bei strafunmündigen Kindern erfolge lediglich eine Anhörung, keine Beschuldigtenvernehmung, schreibt Patrick Zöller weiter. Außerdem gebe es eine Mitteilung an das Jugendamt, das dann weitere Maßnahmen in die Wege leite.
Polizei und Jugendamt arbeiten zusammen
Das Jugendamt der Stadt Konstanz schreibt auf Anfrage, dass zwischen der örtlichen Polizei und dem Jugendamt eine langjährige enge Kooperation bestehe. Bei Straftatbeständen im Rahmen des Jugendgerichtsgesetzes, aber auch bei besonderen Vorkommnissen in Familien informiere die Polizei das Jugendamt. Das gelte auch bei Fällen häuslicher Gewalt oder Alkohol- und Drogenmissbrauch.
Nötig sei dann eine rasche Kontaktaufnahme des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) mit den Eltern eines solchen Kindes, schreibt Elena Oliveira, Sprecherin der Stadt Konstanz, weiter. Der ASD habe dann das Ziel, sich ein Bild von der Erziehungssituation zu machen. Das betroffene Kind – im vorliegenden Fall also der Junge, der zugeschlagen hat – werde möglichst mit eingebunden. Im aktuellen Fall gehe es etwa um Fragen wie jene nach den Ursachen solcher Gewaltausbrüche oder darum, was der Täter zu Hause an Vorbildern innerhalb der Familie erlebe. Natürlich auch, ob überhaupt Empathie für das Opfer der Gewalt bestehe.
Sollte es sich erweisen, dass die Eltern überfordert sind oder es konkrete Hinweise auf Vernachlässigung gibt, wird es Ziel des ASD sein, die Eltern dazu zu bewegen, Hilfen anzunehmen. Mögliche Unterstützung können etwa eine Familienhilfe sein oder therapeutische Hilfen für das Kind. Das Jugendamt vermittelt diese Hilfsmaßnahmen und übernimmt deren Finanzierung.
Zur Not auch gegen den Willen der Eltern
Für diese Prozesse wird ein Hilfeplan erstellt, in dem vereinbart wird, welche Ziele bis wann bearbeitet werden. Wie das Jugendamt weiter handelt, hängt maßgeblich vom Verhalten der Eltern des Kindes ab. Sollten die Eltern die Hilfen nicht annehmen oder sollte sich nichts verbessern, seien die Mitarbeiter des ASD aufgerufen, zu prüfen, ob weitere Maßnahmen nötig sind, auch wenn dies gegen den Willen der Beteiligten geschehe.
Erst, wenn alle Versuche, die Familie zu stabilisieren, gescheitert sind, bleibt für das Jugendamt die Herausnahme des Kindes aus seiner Familie, die Inobhutnahme, als letzte Option. Bevor dies geschehe, versuche das Jugendamt nochmals mittels eines Familiengerichts die Annahme der Hilfen zu erzwingen.