Was haben Vorträge über Artenschwund, molekulare Elektronik, Chinas Politik und Krankheitserreger gemeinsam? Sie alle sind Teil des Studium Generale an der Universität Konstanz. Der Begriff Studium Generale kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „allgemeines Studium“. Viele Universitäten und Hochschulen bieten ein solches Programm, durch das Bürger und Studenten ihr Allgemeinwissen erweitern und Einblicke in andere Fachrichtungen erhalten können.
Jürgen Felsche war von 1998 bis 2004 für das Studium Generale an der Universität Konstanz verantwortlich und hat es in dieser Zeit geprägt. Im November ist er 80 Jahre alt geworden. Günter Franke, aktueller Koordinator der Veranstaltungsreihe, hat ihm vor der vergangenen Vorlesung nachträglich zum Geburtstag gratuliert und seine Arbeit gewürdigt.

Themen aus verschiedenen Fachrichtungen betrachten
Felsche wird 1939 in Stettin im heutigen Polen geboren, wächst in Hamburg auf und studiert Chemie. Mit seiner Frau Marianne geht er 1966 für knapp zwei Jahre in die USA, wo er am Massachusetts Institute of Technology im Bereich Materialwissenschaft forscht. Anschließend habilitiert er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. 1973 erhält er einen Lehrauftrag am Fachbereich Chemie der noch jungen Universität Konstanz. „Ich wurde als Schweizer begrüßt, aber ich musste die Leute enttäuschen. Ich komme ja aus Hamburg„, sagt Jürgen Felsche. Er habe immer den Ansatz verfolgt, Themen aus verschiedenen Fachrichtungen zu betrachten, berichtet seine Frau Marianne.
„Ein Studium Generale hat es an der Universität schon von 1969 bis ‚89 gegeben“, sagt der derzeitige Koordinator Günter Franke, der offiziell im Ruhestand ist. Das habe der Archivar herausgefunden. Damals sei es aber eine Mischung aus Vorlesungen, Theater, Orchester und Chor gewesen. Zu Beginn der 80er-Jahre habe sich dann der Historiker Horst Rabe dem Thema angenommen. Später habe dann Jürgen Felsche die Koordination übernommen.
Vernetzung bei Suppe und Getränken
„Mein Mann hatte die Vision, die Bürger mit einzubeziehen“, schildert Marianne Felsche. Die Vernetzung von Schulabsolventen, die sich über Studienmöglichkeiten informieren wollen, Bürgern, Professoren und Leuten aus der Praxis sei das Ziel gewesen. „Bei Suppe und Getränken nach den Vorlesungen konnten die Menschen persönliche Fragen an die Fachleute stellen“, sagt sie.
Die Idee der Vernetzung unterschiedlicher Disziplinen zeigt sich auch im Programm des Studium Generale zu früheren Zeiten. So sprachen im Rahmen der Geo-Serie Bodensee beispielsweise Experten aus den Geowissenschaften, der Biologie, Chemie und Unterwasserarchäologie.

200 bis 300 Besucher sind üblich
Heute stehen die einzelnen Vorträge wieder eher für sich. Vor einigen Jahren habe es mehrere Vorträge unterschiedlicher Disziplinen zum Thema Migration gegeben, sagt Franke. „Umfragen unter den Besuchern haben aber ergeben, dass sie wechselnde Themen bevorzugen“, ergänzt er. 200 bis 300 Besucher kämen normalerweise zu den öffentlichen Vorlesungen. Zu dem Ökonom Hans-Werner Sinn, der im Februar zu Gast war, seien 700 Menschen gekommen.
Auch Franke versteht das Studium Generale als eine Art Schaufenster auf die Forschung an der öffentlichen Hochschule. Deshalb werde die Hälfte der Vorträge von Angehörigen der Universität gehalten. Danach gibt es zwar keine Suppe, aber einen Empfang mit Getränken, bei dem auch die Referenten anwesend sind. Der Austausch lebt also weiter.