Jeder Künstler hat ein Markenzeichen. Einen Baeuerle erkennt man an der Bodenseelandschaft, die er seit fast fünf Jahrzehnten in Aquarell festhält. Und am langen Rauschebart. "Den ich nicht habe, weil es so künstlerisch aussieht", bemerkt Klaus Baeuerle bei einem Besuch in seinem Atelier. "Das war eine Wette mit einem Kommilitonen, wer es länger aushält." Sein Kommilitone habe den Bart nach zwei Monaten gestutzt. "Meiner steht noch", sagt er und lacht.

Den Künstler Baeuerle macht vielleicht gerade das aus: Es geht ihm nicht um ein Idealbild, um eine bestimmte Vorstellung, die die Menschen von ihm als Künstler haben sollen. Er entspricht keinem Klischee, sondern ist so, wie er eben ist, "der Baeuerle". Einer, der viele Fans hat, sich aber nichts darauf einbildet. Einer, der sich nicht unnötig wichtig macht und seine Ausstellungen mit Champagnerglas in der Hand eröffnet. Einer, den es schon immer abseits von vorgefertigten Lebensentwürfen gezogen hat, raus in die Natur.

Schon immer ein Naturbursche

Schon als Kind, erzählt er, ist er am liebsten draußen, zieht mit Hund Barry durch die Wälder rund um St. Georgen.

Bild 1: Sommer am See? "Langweilig", sagt Klaus Bauerle. Er ist Maler und hat einen besonderen Blick auf die Landschaft des Bodensees

 Während der Sommerferien lernt er auf einem Bauernhof als freiwilliger Helfer das Reiten. Und entdeckt auch bald eine andere künstlerische Leidenschaft: das Musikmachen. Er bringt sich selbst das Gitarre spielen bei und gründet mit drei Freunden die Internatsband "Black Forrest Dandys".

Musik machen kann er auch: Während seiner Zeit im Internat gründet Baeuerle mit Freunden eine Band.
Musik machen kann er auch: Während seiner Zeit im Internat gründet Baeuerle mit Freunden eine Band. | Bild: privat

Statt Ingenieur zu werden, wie es die elterlichen Pläne vorsehen, schreibt er sich im Sommer 1966 für ein Gebrauchsgrafik-Studium an der damaligen Bodensee-Kunstschule ein, dem heutigen Fachbereich Kommunikationsdesign der HTWG.

Dass Konstanz bald seine Heimat werden würde, ahnte er spätestens, als er eine attraktive junge Konstanzerin kennenlernte: Ruth Engelsing. 1970 heiraten die beiden – und führen erst einmal eine Wochenend-Ehe. Denn Baeuerle hatte eine Anstellung in einer großen amerikanischen Werbeagentur in Frankfurt bekommen und pendelte zunächst zwischen Bodensee und Main.

Nach gut einem Jahr hat Baeuerle allerdings genug vom "Big Business" in der Großstadt, zieht zurück an den See, gründet sein eigenes Grafik- und Kunstatelier und arbeitet ab 1988 ausschließlich als Maler. "Wäre diese Entscheidung anders ausgefallen, gäbe es heute vermutlich keine Bodensee-Aquarelle von Baeuerle, aber zahllose weitere Klementine-Werbespots", schrieb Tobias Engelsing, Leiter der Städtischen Museen Konstanz, einst über seinen Stiefvater.

Zu jedem Bild eine Erinnerung

In zwei Jahren feiern Ruth Baeuerle-Engelsing und ihr Mann Goldene Hochzeit. "Sie hat mir über all die Jahre den Rücken freigehalten", sagt Baeuerle. Seine Frau Ruth führte die Buchhaltung und Kundenkartei, regelte das Finanzielle und organisierte die Ausstellungen. Zusammen haben sie, die "wandernden Baeuerles", wie sie genannt wurden, jahrelang die Landschaft des Bodensees und des Tessins erkundet, immer auf der Spur nach Stimmungen und Lichtern und der facettenreichen Schönheit der Bodenseelandschaft.

Zu jedem einzelnen Bild – und es sind viele – kann Baeuerle sich noch an den Ort erinnern, der ihn inspiriert hat. In einer Laudatio sagte der Kabarettist Helmut Faßnacht einmal: "Baeuerles Bilder wühlen nicht auf, sie vermitteln vielmehr Ruhe. Wer vor einem Baeuerle-Bild meditiert, kann sich unter Umständen eine Packung Librium ersparen. So kommt es bestimmt auch nicht von ungefähr, daß ein Baeuerle-Bild als Dauer-Motiv für das Plakat der Telefon-Seelsorge ausgewählt wurde. Ein Baeuerle-Bild in den eigenen vier Wänden ist ein Fenster zu den Sinnesweiten unserer Landschaft."

Die andere Seite des Sees

Sein Atelier in einer Alten Wäscherei in der Gottlieber Straße hat Baeuerle inzwischen aufgegeben. "Ich habe dort entschieden mehr Heizöl als Ölfarbe und Aquarellfarbe verbraucht", sagt Baeuerle und lächelt. Seit er sich um seine pflegebedürftige Frau kümmert, war es ihm zu viel, zwischen zwei Standorten zu pendeln. Nun hat er sich ein kleines Atelier in seiner Wohnung eingerichtet. Von dort hat er besten Blick auf sein Lieblingsmotiv, den Untersee mit dem Hegau im Hintergrund. "Da kann man mich nachts um zwei wecken und mir einen Bleistift in die Hand geben."

Manche, sagt Baeuerle, sehen vielleicht gar nicht mehr, wie schön es hier sei. Gerade außerhalb des Sommers. "Was will ich mit Sommerfarben? Oben blau, unten blau. Das ist langweilig. Genauso" Einen echten Bauerle erkennt man also nicht an dem Bodensee, wie ihn tausende Touristen sehen. Sondern daran, wie ihn die Konstanzer kennen und lieben: auch mal mit Nebel.

Ausstellung

Wer sich neue und alte Werke des Künstlers Klaus Bauerle anschauen möchte, hat in diesen Tagen Gelegenheit dazu. Auch, einen berühmten Satz des Künstlers zu hören: "Es freut mich, wenn Sie zum Wein auch die Bilder anschauen." In der Künstlerwohnung gibt es eine kleine, öffentliche Ausstellung mit Werken aus den letzten Jahrzehnten. Die Ausstellung findet vom morgigen Donnerstag bis Sonntag jeweils von 15 bis 19 Uhr in den Räumen der Künstlerwohnung statt: Zum Hussenstein 1 im Stadtteil Paradies.