Architekt Gerhard P. Maier war skeptisch. Er hatte sich den Ausweis zeigen lassen. Er hatte sich eine Quittung geben lassen. Er ist dennoch reingefallen. Ein falscher Spendensammler hat ihm Geld abgenommen – angeblich für den Tafelladen in Konstanz. Maier macht die Sache öffentlich, damit andere nicht auch auf diese Masche hereinfallen.

Das Fatale, so wie es Maier schildert: Der falsche Spendensammler wirkte seriös und kundig. „Er ist sehr solide aufgetreten.“ Er sei ins Büro an der Mainaustraße gekommen. Er habe sich mit dem Namen „Böhler“ vorgestellt und gesagt, Handwerker hätten eine Initiative gestartet und wollten dem Tafelladen in Konstanz etwas Gutes tun. Er sei im Auftrag der Handwerkskammer Konstanz unterwegs.

Aber: Diese kennt die Aktion nicht. Auf Nachfragen heißt es von Sprecherin Petra Schlitt-Kuhnt: „Laut unseres Hauptgeschäftsführers, der das ja wissen müsste, gibt es von uns keinerlei Spendenaktion für die Tafel.“ Maier hatte nach der Spende auch selbst an anderer Stelle bei der Handwerkskammer nachgefragt, und ebenfalls die Antwort erhalten, diese sammle keine Spenden für den Tafelladen. Dieser rettet Lebensmittel und gibt sie günstig an Bedürftige ab.

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Ist der Betrüger ein Einheimischer?

Der falsche Spendensammler war nach den Beschreibungen des Architekten 50 bis 60 Jahre alt und wusste bestens Bescheid: „Wir haben einige Fragen gestellt.“ Der Mann habe Deutsch völlig ohne Akzent gesprochen, alles weise darauf hin, dass es sich um einen Einheimischen handelt. Der Architekt hat sich dann noch den Ausweis zeigen lassen, dabei allerdings, wie er selbst sagt, nicht so genau hingesehen, und sich eine Quittung ausstellen lassen.

Dort ist alles vermerkt: das Datum, die Handwerkskammer Konstanz, der Name, der Betrag und der Zweck: Tafelladen Konstanz, Gottmannplatz. Maier hatte dennoch ein schlechtes Bauchgefühl. Deshalb habe er dem Mann eine überschaubare Summe gegeben: 30 Euro.

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Inzwischen ist bei der Polizei in dieser Sache eine Anzeige eingegangen. Es gibt mit großer Wahrscheinlichkeit noch andere Geschädigte. Anita Hoffmann, die Leiterin des Tafelladens in Konstanz, hatte gehört, dass angeblich Spenden für den Laden gesammelt werden. Sie betont, Teams des Tafelladens schwärmten selbst nie zum Spendensammeln aus.

Immer wieder gibt‘s die miese Masche

Udo Engelhardt, ehrenamtlicher Vorsitzender des Vereins Tafel im Landkreis Konstanz, bestätigt das. „Für Straßensammlungen braucht man Personen.“ Und weiter: „Ansprache kann als Belästigung empfunden werden.“ Leider komme es immer wieder vor, dass im Namen der Tafel Spenden gesammelt werden. „Das gibt es immer wieder. In Singen war auch schon jemand unterwegs.“

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Auch wenn die Tafeln im Landkreis Konstanz nie Geld auf der Straße einsammeln, sind sie dennoch auf Spenden angewiesen. Da wären zunächst Obst, Gemüse und Lebensmittel aus Märkten. Die Tafelläden haben Listen, über die Einrichtungen, die mit ihnen kooperieren. Zusätzlich nehmen die Tafelläden aus privater Hand haltbare Lebensmittel und Ernten aus Gärten entgegen, und sie freuen sich über Überweisungen aufs Spendenkonto.

Von diesem finanzieren sie einiges, etwa den Speicher für den Strom aus Solarzellen auf dem Zentrallager. Dort laufen ständig Kühl- und Tiefkühlschränke. Um die Lebensmittelspenden von Supermärkten und Bäckereien abholen zu können, brauchen sie Transporter. Engelhardt ist froh um Spenden, die die Beschaffung erleichtern.

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So werden Spenden an die Tafel genutzt

Als Beispiel nennt er Engen. Die Tafel dort benötige einen neuen Sprinter, der 70.000 Euro koste. 55.000 Euro müsse der Tafelladen noch tragen. In Stockach sind neue Kühlregale fällig, Kosten etwa 9000 Euro. Konstanz beschafft nächstes Jahr wieder Schulranzen, um bedürftige Kinder zum Schulstart gut auszustatten. Mehrere Einrichtungen geben Hinweise, wer für so einen Spenden-Ranzen in Frage kommt.

Die Schultaschen für das kommende Schuljahr sind schon verteilt. Keine Tafel im Landkreis Konstanz hat aktuell einen Aufnahme-Stopp. Dieser war zeitweise eingeführt worden, als Menschen aus der Ukraine wegen des Krieges in großen Mengen nach Deutschland kamen. Inzwischen habe sich die Lage entspannt. „Wir stehen aktuell gut da“, sagt Udo Engelhardt. Man habe stabile Kontakte zu den Lebensmittel-Gebern.

Von Spendensiegeln und miesen Maschen

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Katrin Rosenthal, Sprecherin der Konstanzer Polizei, sagt, fast täglich werde von Bürgern Bargeld erschwindelt. Bewährte Maschen seien der falsche Polizeibeamte oder der falsche Enkel. Aber auch Spenden würden immer wieder unter falschem Vorwand gesammelt. Allein für die Stadt Konstanz sind in der Polizeistatistik 545 Betrugsfälle fürs vergangene Jahr verzeichnet, 2023 waren es 579 und im Jahr 2022 waren es 400. Die Statistik weist alle Arten von Betrug aus.