Die überraschende Kehrtwende des Konstanzer Gemeinderats bei der Planung des Haushalts für das neue Jahr dürfte geringere Auswirkungen haben als befürchtet. Davon geht Joachim Helff als stellvertretender Amtsleiter der Kämmerei aus. Nach seiner Einschätzung ist beispielsweise bei Bauprojekten – wie etwa der Neugestaltung des Bereichs vor dem Bahnhof – von keiner Verzögerung auszugehen.
Es geht um 5,6 Millionen Euro
Zur Erinnerung: Nach der Vorberatung im Finanzausschuss nahm die Stadtverwaltung an, dass der Gemeinderat der Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer zustimmen würde. Doch es kam anders. Eine knappe Mehrheit der Stadträte lehnte die Belastung der Bürger und Unternehmen über die beiden Kommunalsteuern ab, womit auf einen Schlag 5,6 Millionen Euro im Budget für das Jahr 2022 fehlten. In der Ratssitzung herrschte daraufhin Unsicherheit, wie die Arbeit der Stadtverwaltung fortgeführt werden kann. Es war von Interimswirtschaft die Rede, Oberbürgermeister Uli Burchardt befürchtete bei einigen Bauvorhaben einen verspäteten Start.
Die Folgen sind laut Joachim Helff vermutlich aber weniger dramatisch als gedacht. So ist der Modus der Interimswirtschaft der Kämmerei prinzipiell nicht neu. Er trete regelmäßig in der Phase zwischen Verabschiedung des Haushalts durch den Gemeinderat und der Genehmigung des Plans durch das Regierungspräsidiums Freiburg ein. Diese Phase werde sich jetzt voraussichtlich um drei bis vier Wochen verlängern. Auswirkungen auf die Terminierung der städtischen Vorhaben ergäben sich dadurch vermutlich nicht.
Das allerdings gilt nur für die Annahme, dass das fehlende Geld auf andere Weise aufs Konto der Stadt fließt. Joachim Helff geht diesbezüglich vom Einverständnis der Gemeinderats zur Erhöhung der Kreditaufnahme aus, da er bei der Ablehnung des ursprünglichen Plans keine Vorgaben zur Einsparung gemacht hat. Grundsätzlich hält Joachim Helff die Erhöhung der Kreditaufnahme für genehmigungsfähig. Die Kreditaufnahme fürs kommende Jahr würde sich damit von 9,2 auf 14,85 Millionen Euro erhöhen, was nach Einschätzung des stellvertretenden Amtsleiters aber bei der Freiburger Prüfungsbehörde „so durchgehen dürfte“.
Corona sorgt für Kulanz-Regelung
Sein Optimismus speist sich aus den bisherigen Gesprächen mit den zuständigen Vertretern des Regierungspräsidiums. So ging man noch im Sommer von einem zu erwartenden Minus von 23 Millionen Euro fürs neue Jahr aus – somit ein Betrag, der mehr als 8 Millionen Euro über dem neuerdings geplanten Defizit zu veranschlagen gewesen wäre. Doch selbst diesen Batzen Geld hätten die Controller in Freiburg wohl genehmigt. Einer der Gründe für die Kulanz: Wegen der Corona-Pandemie herrscht das Gebot des antizyklischen Verhaltens, wodurch die öffentliche Hand die Probleme in der Wirtschaft zumindest zum Teil kompensieren kann.
Egal ob es sich um die ursprünglicher Kreditaufnahme von 9,2 Millionen Euro, das jetzt wahrscheinliche Defizit von 14,85 Millionen Euro oder die ursprünglich auf eine Neuverschuldung von 23 Millionen Euro hinauslaufende Planung handelt, in jedem Fall ist Konstanz ein mahnender Eintrag ins Stammbuch der Finanzplanung sicher. Denn was dem Regierungspräsidium viel größere Sorgen bereitet als die aktuellen roten Zahlen, ist das strukturelle Problem der Stadt Konstanz. Die Stadt gibt jahraus, jahrein mehr aus als sie einnimmt. Zu ändern ist dies nur dadurch, dass entweder die Einnahmen erhöht und die Ausgaben gesenkt werden – beides zusammen geht selbstverständlich auch.