Oberbürgermeister Uli Burchardt, aber auch die Stadträte zeigten sich nach der Ablehnung der Steuererhöhungen einigermaßen überrascht. Bei der allgemeinen Aussprache über die Haushaltsplanung wurden zwar etliche Bedenken geäußert, insbesondere gegen die Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuern wurden Vorbehalte geäußert. Dennoch schien die Zustimmung relativ sicher zu sein, da sich die Mitglieder des vorberatenden Fachausschusses mehrheitlich für die Anhebung der Hebesätze der beiden kommunalen Einnahmequellen ausgesprochen hatten.
OB Burchardt ahnte angesichts der Beiträge aber wohl das drohende Ungemach und zog deshalb den Beschluss über die geplanten Erhöhungen der beiden Steuern vor – und handelte sich prompt die Ablehnung der Steuererhöhungen ein. Die Entscheidung fiel denkbar knapp aus: 21 Räte stimmten gegen die Vorlage der Stadtverwaltung, 19 Mitglieder des Gemeinderats (inklusive Uli Burchardt) befürworteten die Steuererhöhungen.
Lücke von 5,6 Millionen Euro
Damit fehlen etwa 5,6 Millionen Euro im Budget des nächsten Jahres. Bei der Grundsteuer handelt es sich um einen Betrag von knapp 3,5 Millionen Euro, bei der Gewerbesteuer beläuft sich die Mindereinnahme auf etwa 2,1 Millionen Euro. Belastet worden wären im Fall einer Zustimmung bei der Grundsteuer in erster Linie die Eigenheim- beziehungsweise Wohnungseigentümer, die im Falle einer Vermietung die Grundsteuer in aller Regel auf die Mieter umlegen. Die Gewerbesteuer ist von den Unternehmen zu bezahlen.
Wegen der Höhe der Einnahmenausfälle muss die Finanzplanung für das nächste Jahr insgesamt überarbeitet werden. Das ist ganz im Sinne der CDU, die die Stadt Konstanz beim Umgang mit dem Geld grundsätzlich auf der schiefen Bahn sieht. Fraktionssprecher Roger Tscheulin bezog sich beim Hinweis auf das strukturelle Defizit auf die Mahnungen des Regierungspräsidiums Freiburg. Die Kritik der Kontrollbehörde lässt sich auf einen Satz reduzieren: Die Stadt Konstanz gibt zu viel aus und nimmt zu wenig ein – und das jahrein, jahraus.
Immerhin sollte mit der Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer ein Korrektiv eingebaut werden, doch das passt für Roger Tscheulin nicht in die Zeit. Zumal wegen der Pandemie hält er die Belastung der Bürger und der Unternehmen für nicht vertretbar. Die Einnahmesituation der Stadt sollte nach seiner Auffassung stattdessen durch die Ansiedlung neuer Unternehmen verbessert werden, weshalb er die Kernaufgabe der lokalen Politik in der Bereitstellung von Gewerbeflächen sieht.

Ebenfalls als „nicht konjunkturgerecht“ stuft Jürgen Ruff als Sprecher der SPD den Dreh an der Steuerschraube ein. Und Heinrich Everke (FDP) wäre sogar eine einmalige Erhöhung der Schulden lieber, weil die Steuererhöhungen „für die Ewigkeit“ Bestand hätten und wohl kaum jemals wieder auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt würden.

Fundamental in Inhalt und Ton schließlich fiel die Kritik der Linken Liste aus: Simon Pschorr und Holger Reile monierten die Bereitschaft zur Defizitbegleichung für das Bodenseeforum in Höhe von etwa 2,4 Millionen Euro sowie für die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) von zirka einer Million Euro, während gleichzeitig die Menschen in der Stadt über die Erhöhung der Grundsteuer zur Kasse gebeten würden. „Wie lange wollt ihr das noch mitmachen, dass ihr Jahr für Jahr Millionen aus dem Fenster kippt?“, so wandte sich Holger Reile direkt an seine Ratskollegen.

Der Hinweis von OB Burchardt, dass den Belastungen der Steuerzahler und der Unternehmen eine hohe Qualität an städtischen Leistungen gegenüber steht, überzeugte die Mehrheit der Räte offensichtlich nicht. Den vom Mieterbund und dem Verband der Haus- und Grundeigentümer erhobenen Vorwurf der Mietpreistreiberei wollte Uli Burchardt übrigens auch nicht auf sich sitzen lassen. Über die städtische Wohnbaugesellschaft Wobak und ihre 4200 Bestandswohnungen würde der Mietspiegel in Konstanz gesenkt, was den Markt beeinflusse und einen Beitrag zur Schaffung günstigen Wohnraums darstelle.