Es ist ein typischer Lebensweg: Eine junge Familie zieht in eine Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnung, lebt einige Jahre gemeinsam darin, dann werden die Kinder erwachsen und ziehen aus. Plötzlich stehen zwei bis drei Kinderzimmer leer, so viele Gästezimmer benötigt niemand. Wenn dann auch noch das Arbeitsleben der Eltern zu Ende geht, ist auch kein Büro zu Hause mehr nötig.

Die Wohnung wird zu groß, die Eltern immer älter. Sie haben sich aber an ihr Quartier gewöhnt, an die Nachbarschaft, die ein waches Auge auf sie hat, Besorgungen erledigt. Das Verlassen des gewohnten Heims kommt nicht in Frage, auch wenn es oft längst zur Last wurde.

Das könnte Sie auch interessieren

Das alles ist verständlich. Und doch stehen auch in Konstanz deshalb viele Zimmer leer, weil Menschen sich nicht von ihren zu groß gewordenen Häusern oder Wohnungen trennen können. Junge Familien der nächsten Generation finden nur schwer ausreichend Platz – und wenn sie an eine Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnung kommen, ist sie oft unbezahlbar. Ein Grund für viele Familien, enttäuscht aus Konstanz wegzuziehen.

Anreiz für Umzug in kleinere Wohnung

Nun hat die Landesregierung in Baden-Württemberg einen Anreiz für Kommunen geschaffen, dafür zu sorgen, dass ihre Bürger sich wohnungsmäßig verkleinern: Mit dem Förderprogramm Wohnflächenbonus BW können Städte Prämien erhalten, wenn sie Strukturen schaffen, die den Wohnungswechsel erleichtern.

Das könnte Sie auch interessieren

Wenn Mieterinnen und Mieter innerhalb der Stadt in eine um mindestens 15 Quadratmeter kleinere Wohnung ziehen, bekommt die Kommune eine Grundprämie in Höhe von 3000 Euro. Diese kann sich auf 7500 Euro pro Wohnungswechsel erhöhen, wenn die Mieter auf mehr Wohnfläche verzichten (100 Euro pro Quadratmeter zusätzlich reduzierter Wohnfläche).

„Die Prämie ist seitens der Kommune flexibel verwendbar, so dass auch Mieterinnen und Mieter hiervon profitieren können“, schreibt das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg. Das Förderprogramm ist bis zum 31. Dezember 2026 befristet.

Mieterbund Bodensee wünscht Umsetzung in Konstanz

Der Mieterbund Bodensee hält das für eine gute Sache. Deshalb schrieb der Vorsitzende Winfried Kropp an den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt und forderte darin die Verwaltung auf, das Programm für Konstanz umzusetzen.

Das könnte Sie auch interessieren

„Wir regen an, dass die Stadt Konstanz gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Konstanz (Wobak) unter Einbeziehung weiterer wohnungswirtschaftlicher Akteure wie dem Spar- und Bauverein Konstanz eG eine Arbeitsgruppe einrichtet, die überprüft, wie der Wohnflächenbonus BW schnell für Konstanz nutzbar gemacht werden kann“, schreibt Winfried Kropp im Brief an den OB.

Nur ein Mosaikstein, keine große Lösung

Ist das Zuschussprogramm des Landes der große Wurf, der den angespannten Konstanzer Wohnungsmarkt rettet? Nein, darin sind sich die Akteure einig. Denn einige Hürden können auch nicht mit einer Prämie weggewischt werden. Unter anderem sind nach einem Wohnungswechsel die neuen, kleineren Wohnungen oft nicht nur relativ, sondern auch absolut deutlich teurer als die bisherigen. Auf dem freien Markt scheitern Bemühungen eines Wohnungstauschs unter anderem genau daran.

Das könnte Sie auch interessieren

Deshalb betrachtet Winfried Kropp das Landesförderprogramm eher als Zuschuss zum Kistenpacken: „Die Prämie kann nur helfen, den gesamten Aufwand des Umzugs abzudecken, sodass der Verkleinerungswunsch nicht am Organisations- und Kostenaufwand scheitert.“

Wie schwer es ist, Menschen von einem Wohnungstausch zu überzeugen, weiß die Städtische Wohnungsbaugesellschaft Wobak. Sie bemüht sich schon seit längerem, Umzugswillige beim Wohnungstausch zu unterstützen. Dennoch gelingt das nur in geringem Umfang. Zwar suchen viele Familien mit Kindern eine größere Wohnung, aber nur wenige ältere Menschen würden ihre vielen Quadratmeter gern hergeben.

Es gibt noch kein Recht auf Wohnungstausch

Zudem gibt es auch juristisch einige Hürden. Anders als in Österreich besteht in Deutschland kein Recht auf Wohnungstausch. „Der Deutsche Mieterbund spricht sich schon lange für dieses aus, wonach Mieterhaushalte in die Verträge der jeweils anderen Partei eintreten können“, sagt Winfried Kropp. Er fordert dabei auch einen Bestandsschutz für niedrige Mieten.

Bislang ist ein Wohnungstausch nur dann zulässig, wenn alle Mietvertragsparteien damit einverstanden sind. „Ohne vorherige Zustimmung des Vermieters kann ein Tausch sogar zu einer fristlosen Kündigung führen“, sagt der Wohn-Experte.

Das könnte Sie auch interessieren

Allein ist das neue Landesförderprogramm also kein Heilsbringer für den Konstanzer Wohnungsmarkt. Doch in Kombination mit einem Tauschrecht käme „ein echter Anreiz zustande“, sagt der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee und ergänzt: „Wohnungspolitik darf sowieso nicht auf die eine große Lösung hoffen, sondern muss die vielen Mosaiksteinchen und Elemente sinnvoll zusammensetzen.“

„Wohnungspolitik darf nicht auf die eine große Lösung hoffen, sondern muss die vielen Mosaiksteinchen und Elemente sinnvoll ...
„Wohnungspolitik darf nicht auf die eine große Lösung hoffen, sondern muss die vielen Mosaiksteinchen und Elemente sinnvoll zusammensetzen“, sagt Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee und Mitglied im Landesvorstand des Deutschen Mieterbunds Baden-Württemberg. | Bild: Guido Kasper

Deshalb bittet der Mieterbund die Stadt Konstanz, schnell nach einer örtlichen Umsetzung des Wohnflächenbonus‘ zu suchen. Winfried Kropp geht davon aus, dass dabei keine neuen Personalkosten entstehen, „da Wohnungstausch ohnehin in der Wobak-Mietverwaltung bearbeitet wird und andere Projekte mit ähnlicher Zielsetzung, etwa der Raumteiler, bereits durch Zuschüsse finanziert werden“.

Die Sachkosten könnten somit über die Prämie des Landes finanziert werden. „So stehen noch spürbare Hilfen für umzugswillige Mieterinnen und Mieter zur Verfügung“, sagt Kropp. Und was meint die Konstanzer Verwaltung dazu? „Das Programm ist der Stadt Konstanz grundsätzlich bekannt und es wird derzeit beraten, ob und in welcher Form eine Umsetzung möglich ist“, schreibt die städtische Pressesprecherin Julia Lange auf Nachfrage. Weitere Antworten könne sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben.