Klimaschutz kostet Geld – und zwar richtig viel Geld. Verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel der städtischen Wohnbaugesellschaft Wobak. Allein um den Wohnungsbestand bis zur vom Gemeinderat angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2035 zu sanieren, sind nach Angaben von Wobak-Geschäftsführer Jens-Uwe Götsch jährliche Investitionen von 35 Millionen Euro erforderlich. Zumal unter Berücksichtigung der Baukostenentwicklung kommt er für den anvisierten Zeitraum auf „locker 500 Millionen Euro“.

Es geht nicht nur ums Geld

„Doch selbst wenn morgen jemand mit dem Geld um die Ecke käme, wären wir überfordert“, führt Jens-Uwe Götsch aus. Abgesehen von der aktuellen Mangelwirtschaft in der Bauwirtschaft infolge der Pandemie fehlt es an Handwerkern. Deshalb hält er für ein Gelingen des Klimaschutzes zugleich eine Neuorientierung bei der bildungspolitischen Ausrichtung für erforderlich. „Wir brauchen nicht nur Büro-Jobs“, so die Überzeugung des Geschäftsführers, „die Politik muss den Handwerker-Markt attraktiver machen“.

Bild 1: Bezahlbares Wohnen auf der einen Seite, hohe Investitionen in den Klimaschutz auf der anderen: Wie will die Wobak diesen Spagat für ein klimaneutrales Konstanz bis 2035 meistern?
Bild: Kerstan, Stefanie

Das Vorpreschen der Stadt Konstanz (zunächst mit der bundesweit beachteten Ausrufung des Klimanotstands, jetzt mit dem verabschiedeten Klimaschutz-Konzept) werde im Alleingang deshalb kaum zum Erfolg führen – erst recht nicht, wenn dabei nicht das Ziel des bezahlbaren Wohnraums aus dem Auge verloren werden soll.

Für Jens-Uwe Götsch steht die Wohnungswirtschaft vor dem Hintergrund des Wohnraumbedarfs und den Herausforderungen des Klimaschutzes ein Spagat bevor, der ohne Finanzspritzen der öffentlichen Hand nicht funktionieren könne. Er hält eine Anhebung der Förderung des Landes und Bundes im sozialen Wohnungsbau von derzeit 30 Prozent auf 70 bis 80 Prozent für nötig.

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An den Kosten selbst ändert das letztlich nichts, sie werden lediglich über das Steueraufkommen umgeleitet. Jens-Uwe Götsch und der für den Bereich der Nachhaltigkeit zuständige Assistent der Geschäftsführung, Malte Heinrich, räumen in diesem Zusammenhang auch gleich mit dem Wunschdenken auf, dass die Investitionen in den Klimaschutz sich über die Minderausgaben bei den Nebenkosten amortisieren lassen.

Denn auch für die Umstellung der Infrastruktur bei der Energieversorgung braucht‘s Geld – zum Beispiel beim Ausbau von Wärmenetzen. In diesen Bereichen arbeitet die Wobak mit den Stadtwerken Hand in Hand, aber auch deren Kosten müssen letztlich über den Preis oder Förderungen finanziert werden.

Beim Verbraucher beziehungsweise Mieter immerhin steckt einiges an Potenzial. Jens-Uwe Götsch spricht von Nutzersensibilisierung und gibt ein Beispiel: Beim Vergleich von acht baugleichen Wobak-Wohnungen wurde eine Spanne beim Energieverbrauch von 50 bis 200 Kilowattstunden festgestellt.

Allerdings spielt es dabei für den Klimaschutz durchaus eine Rolle, woher die Energie kommt. Und da schneidet die Wobak vergleichsweise gut ab. „Bei etwa einem Drittel aller Heizungen in Konstanz handelt es sich um Ölheizungen“, so der Geschäftsführer, „bei den Wobak-Wohnungen liegt der Anteil aber bei nicht einmal einem Prozent.“

„Die zweite Hälfte des Yoghurts ist immer schwieriger auszulöffeln“, sagt Malte Heinrich, Assistent der ...
„Die zweite Hälfte des Yoghurts ist immer schwieriger auszulöffeln“, sagt Malte Heinrich, Assistent der Wobak-Geschäftsführung, zu der Schwierigkeit einer 100-prozentigen Klimaneutralität in der Wohnwirtschaft. | Bild: Oliver Hanser

Sehen lassen kann sich das Unternehmen auch bei der Stromerzeugung. Zehn Prozent der mittels Photovoltaik-Gebäudeanlagen erzeugten Energie stammen von der Wobak, obwohl der Anteil des Unternehmens am Bestand aller Wohnungen in Konstanz bei nur rund vier Prozent liegt.

Aus den Vergleichen geht hervor, dass die städtische Wohnbaugesellschaft eine relativ gute Position bei der Herausforderung der bis 2035 zu erreichenden Klimaneutralität einnimmt. Die Tücke dieser Ausgangslage: Bei den ersten Sanierungsschritten lässt sich meist ein sichtbares Stück auf dem Weg zur Klimaneutralität zurücklegen, was mit dem Näherrücken des Ziels immer weniger gelingt. Malte Heinrich nutzt dafür ein Bild: „Die zweite Hälfte des Yoghurts“, sagt er, „ist immer schwieriger auszulöffeln.“