Wenn Sabrina Skela über ihre Arbeit spricht, ist von Unsicherheit keine Spur. „Am Anfang habe ich mich gefragt, was mein Umfeld sagen wird, wenn ich erzähle, dass ich in einer Kläranlage arbeite. Aber jetzt ich bin stolz, wenn ich darüber rede.“

Eine Aussage, die überrascht – und die neugierig macht. Warum entscheidet sich eine junge Frau für eine Ausbildung in einer Kläranlage? Warum wechselt sie das Bundesland und den Beruf? Und was bedeutet es eigentlich, sich zu Umwelttechnologin für Abwasserbewirtschaftung auszubilden?

Das Berufsbild Umwelttechnologin für Abwasserbewirtschaftung wurde 2022 neu eingeführt und ersetzt die frühere Fachkraft für Abwassertechnik. Die Ausbildung dauert drei Jahre und erfolgt dual – in Betrieb und Berufsschule. Umwelttechnologen überwachen, steuern und warten Anlagen zur Abwasserreinigung.

Sie analysieren Proben im Labor, kontrollieren technische Prozesse und sorgen dafür, dass Umwelt- und Wasserrechtsvorgaben eingehalten werden. Der Beruf ist vielseitig und verbindet Technik, Biologie, Chemie und Umweltschutz. Mit zunehmender Bedeutung von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung wird dieser Beruf immer wichtiger.

Von Flensburg nach Blumberg

Sabrina Skela war zuletzt in Flensburg tätig – in einem Online-Versandlager. Als die Firma Insolvenz anmeldet, verliert sie ihre Anstellung. „Ich war die Letzte, die dort angefangen hat – und die Erste, die gehen musste“, erinnert sie sich. Statt sich erneut im Logistikbereich zu bewerben, zieht es sie zurück in ihre Heimat, von ganz im Norden nach tief in den Süden.

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Sie will etwas Neues, etwas Sinnvolles machen. „Ich war schon immer technisch interessiert. Ich bin ausgebildete Baugeräteführerin. Aber ich wollte auch etwas mit Qualitätssicherung machen.“

Die Berufsberatung bringt sie schließlich auf den Beruf der Umwelttechnologin für Abwasserbewirtschaftung – ein Begriff, so lang wie komplex. Doch der Beruf vereint vieles, was sie sich wünscht: Technik, Biologie, Chemie, Verantwortung – und Umweltschutz.

Abwechslungsreicher Beruf

In der Kläranlage Achdorf, einer von zwei Kläranlagen der Stadt Blumberg, absolviert sie ihre Ausbildung. Ihre Entscheidung hat sie seither nicht bereut. „Ich gehe gern zur Arbeit. Es ist abwechslungsreich. Ich sitze nicht nur im Labor, sondern bin auch draußen, an den Pumpwerken, bei Reparaturen, im Team. Und ich lerne jeden Tag etwas Neues.“

Dieses Luftbild zeigt die komplette Kläranlage in Achdorf. Die während der Erweiterung in den 1990er-Jahren hinzugekommene Halle sowie ...
Dieses Luftbild zeigt die komplette Kläranlage in Achdorf. Die während der Erweiterung in den 1990er-Jahren hinzugekommene Halle sowie das weitere Belebungsbecken links gut zu erkennen. | Bild: Simon Bäurer

Die Ausbildung dauert drei Jahre und ist inhaltlich breit gefächert. Sabrina Skela lernt nicht nur, wie Abwasser biologisch, chemisch und mechanisch gereinigt wird. Sie arbeitet auch im Labor, misst täglich Wasserproben, überwacht Prozesse, kontrolliert Regenüberläufe und Außenstationen. Sie wird geschult im Umgang mit Pumpen, Motoren und Maschinen – und auch Notfälle kommen hin und wieder vor. „Manchmal spielen wir Feuerwehr. Ein Anruf aus dem Rathaus oder von einem Bürger – und wir müssen sofort handeln.“

„Ich hole Hilfe – das ist keine Schande“

Dass der Beruf körperlich anspruchsvoll sein kann, ist ihr bewusst. Aber: „Wir arbeiten im Team. Wenn ich einen Kanaldeckel nicht allein hochheben kann, hole ich Hilfe. Das ist keine Schande.“ In ihrem Ausbildungsjahrgang sind acht von 28 Auszubildenden Frauen – ein wachsender Anteil.

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Skela empfindet es nicht als Nachteil, eine Frau in einem eher männerdominierten Beruf zu sein. „Ich werde überall mit einbezogen. In großen Kläranlagen ist das oft anders. Aber hier in Blumberg lerne ich alles von Grund auf und Verfahrenstechnik funktioniert nicht über Muskelkraft.“

Anna Gerritsen, ihre Ausbilderin und selbst jahrelang in der Branche, sieht das genauso: „Wir wollen unser Personal selbst ausbilden, weil wir wissen, dass die Anforderungen hier sehr breit sind. Bei uns muss man alles können und Sabrina macht das großartig.“

So aufwändig sind die Reinigungsschritte

Dabei ist so eine Kläranlage eine komplexe Angelegenheit, mit vielen Facetten und einigen kritischen Schnittstellen: Bevor das Abwasser in die Natur zurückgeführt werden darf, durchläuft es mehrere Reinigungsstufen.

Zuerst entfernt ein Grobrechen feste Bestandteile wie Papier, Plastik oder Hygieneartikel. Anschließend wird das Wasser in Vorklärbecken geleitet, wo sich schwerere Stoffe absetzen.

In der biologischen Reinigungsstufe übernehmen Mikroorganismen die Hauptarbeit: Sie bauen organische Schadstoffe ab und wandeln sie in ungefährliche Verbindungen um.

Komplexe chemische Prozesse

Dieser Prozess erfolgt in großen Belebungsbecken unter Zugabe von Sauerstoff. Im Nachklärbecken trennt sich der Klärschlamm vom gereinigten Wasser, das anschließend in ein Gewässer wie die Wutach eingeleitet wird.

Parallel dazu werden im Labor täglich Proben analysiert – unter anderem auf pH-Wert, Stickstoffverbindungen oder chemischen Sauerstoffbedarf. Zweimal pro Woche wird zudem eine vollständige chemische Analyse durchgeführt, um gesetzliche Grenzwerte sicher einzuhalten.

Und das Ergebnis ist dann ganz nahe an der Flusswasserqualität – unglaublich, wenn man das Schmutzwasser sieht, mit dem der Prozess startet.

Die 1979 in Betrieb genommene Kläranlage in Achdorf wurde 1995 erweitert.
Die 1979 in Betrieb genommene Kläranlage in Achdorf wurde 1995 erweitert. | Bild: Simon Bäurer

Sabrina Skela ist angekommen – beruflich wie privat. Sie fühlt sich wohl in Blumberg, auch wenn der Umstieg vom hohen Norden in den Schwarzwald ein kleiner Kulturschock war. „Die Menschen hier sind anders. Aber ich freue mich dann jedes Mal, wenn ich in Norddeutschland zu Besuch bin.“

Und sie weiß: Sie ist Teil eines wichtigen Systems. „Ohne unsere Arbeit würde es stinken. Und die Umwelt hätte ein echtes Problem.“ Ihr Beruf verbindet Verantwortung, Technik und Umweltschutz – und macht sichtbar, wie viel Engagement im Verborgenen geschieht.