In der Region sind sie ein Pfeiler der Gesellschaft, woanders sind sie eher kaum bekannt: Die Rede ist von den Alt-Katholiken in Südbaden. Die meisten Mitglieder in der Region haben die sechs Randen- und Wutachtal-Gemeinden Kommingen, Fützen und Mundelfingen sowie Blumberg mit Randen und Stühlingen-Schwaningen mit circa 640 Seelen, die von den Pfarreien Kommingen und Blumberg geleitet werden.
Erste alt-katholische Priesterin kommt
Die Gemeinde Fützen, an der Grenze zum Landkreis Waldshut, feiert im Oktober 2025 stolz ihr 150-jähriges Bestehen. Und die Predigt im Gottesdienst und den Festvortrag im Anschluss hält Professorin Angela Berlis. Die Theologin von der Universität Bern stammt aus Blumberg. Sie wurde 1996 zusammen mit einer Kollegin zur ersten alt-katholischen Priesterin in Deutschland geweiht.
„Wir freuen uns auf Angela Berlis“, betont Kommingens Pfarrer Stefan Hesse. „Und wir sind dankbar für die 150 Jahre Gemeinde Fützen, in denen sich viele engagierte Menschen eingebracht haben“.

Im Gemeindeleben, durch den Krankenpflegeverein und bei vielen anderen Anlässen sind sie dabei. Ganz besonders bei der Renovierung der Erlöserkirche in Fützen im Jahr 2005, die mit sehr viel Eigenleistung und Unterstützung durch das Bistum erfolgte. Die Vorsitzende des Kirchenvorstands, Helga Heimburger, bekräftigt das.
Das macht die Alt-Katholiken besonders
Die Alt-Katholiken entstanden nach dem Ersten Vatikanischen Konzil der Jahre 1869/70 in Rom, als Papst Pius IX sich von den Bischöfen die Unfehlbarkeit des Papstes sowie den Jurisdiktionsprimat als Dogmen anerkennen ließ.
„Der Jurisdiktionsprimat ist die höchste Rechtsgewalt und die höchste Lehrvollmacht des Papstes“, erklärt Pfarrer Stefan Hesse. Theologen und katholische Laien, die diese Dogmen nicht anerkannten, wurden vom Papst exkommuniziert. Sie firmierten sich dann als Alt-Katholiken.

Bei den Alt-Katholiken werden die Pfarrer nicht ernannt, sondern von den Gemeindeversammlungen gewählt. An den Beschlüssen auf den Synoden wirken die Laien mit, die damit Einfluss auf die Entwicklung innerhalb des alt-katholischen Bistums Deutschland nehmen.
Und die alt-katholischen Priester dürfen auch heiraten. Dies wurde schon auf einer frühen Synode in den 1870er Jahren beschlossen. „Die Frage nach dem Zölibat stellte sich schon nach der Aufklärung“, sagt Pfarrer Hesse. Die Alt-Katholiken hätten sich immer in der Tradition der Aufklärung gesehen. Pfarrer Hesse ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Spannungen unter den Christen
„Die staatliche Anerkennung der alt-katholischen Gemeinde Fützen ist auf den 19. August 1875 datiert“, heißt es im aktuellen Randenboten, dem Organ der Alt-Katholiken. Vorausgegangen war eine Gemeindebildung, die „wahrscheinlich durch eine Disputation des geistlichen Philosophie-Professors Friedrich Michelis mit dem Ortspfarrer Schöttle in Fützen am 25. Oktober 1974 angeregt wurde“. Professor Michelis hatte schon in Blumberg am 14. August 1874 den ersten Vortrag über den Alt-Katholizismus auf der Südbaar gehalten.
Die Gründung der Alt-Katholiken führte zu Spannungen mit den römisch-katholischen Gemeinden und Christen. In Fützen kam es zur Spaltung wie in Blumberg und anderen Orten, in denen es Alt-Katholiken gab.
Da die Mehrheit der volljährigen und damit stimmberechtigten Männer im Dorf alt-katholisch war, stellten sie Juli 1875 das Gesuch, die Pfarrkirche mitbenutzen zu dürfen. Das wurde ihnen am 19. August von den badischen Behörden auch eingeräumt, was wiederum zur Folge hatte, dass die römisch-katholische Kirche eine Notkirche baute.

Der Papst hatte den römisch-katholischen Christen 1873 untersagt, ihre Kirche mit den Alt-Katholiken zu teilen. 1931 wurde in Fützen dann die alt-katholische Erlöserkirche in der Singener Straße eingeweiht, die 2005 renoviert wurde.
Neue Rolle der Frauen holt einige ins Boot
Zu den ältesten Alt-Katholiken in Fützen zählt Margot Gleichauf. Als die alt-katholische Geschichte in Fützen gegründet wurde, traten von ihren Urgroßeltern beide Familien bei.
Die 88-jährige Gläubige ist seit ihrer Taufe Mitglied und hat sich vielfältig in der Gemeinde engagiert. „Das Allerhöchste für mich als Frau war, dass die Frauen Priesterinnen werden dürfen.“
Angela Berlis kennt sie seit deren Jugendzeit, sie war auch bei ihrer Priesterinnenweihe in Konstanz dabei. „Mit Angela Berlis sind es immer schöne Begegnungen“, sagt Gleichauf.