Melanie Bozinov hat Angst. Seit Wochen geht sie nur noch selten aus dem Haus, trifft ihre Freunde nicht mehr, sagt Arzttermine ab. Der Grund: Sie kann aus gesundheitlichen Gründen keinen Mundschutz tragen und sieht sich deswegen oft mit Ablehnung und Aggressivität konfrontiert.
„Ich wünsche mir oft, ich könnte einfach eine Maske tragen. Dann hätte ich endlich Ruhe“, sagt sie. Doch es geht nicht. Gesichtsschild, leichte Baumwollmaske, speziell designte Varianten, vieles habe sie schon ausprobiert, sagt sie. Bisher ohne Erfolg. Selbst wenn sie unter der Maske genug Luft bekommt, bereitet ihr das Tragen ein Engegefühl, Bauchschmerzen, Herzrasen – was dann in eine Panikattacke ausartet.
Denn nicht nur ihr Asthma verhindert, dass sie eine Maske tragen kann, sondern auch eine Angst- und Panikstörung, die vor 14 Jahren diagnostiziert wurde. Viele Jahre arbeite sie schon eng mit Therapeuten und Ärzten zusammen, um ein einigermaßen normales Leben führen zu können.
„Ich habe Jahre gebraucht, um alleine Bus fahren zu können“, verrät sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Doch seit diesem Jahr meidet sie das Busfahren so gut es geht.
Beschimpfungen und Angriffe, weil die Maske fehlt
Denn immer wieder wird sie dabei beschimpft, sogar schon angegriffen, weil sie keine Maske getragen hat, sagt sie. Melanie Bozinov ist jung, schlank. Ihre Krankheiten sieht man ihr auf den ersten Blick nicht an. Doch statt den Dialog zu suchen, erfährt sie Missbilligung. Ihre Erklärungen werden häufig abgetan.
Lebensmitteleinkäufe erledigte die 30-Jährige aus dem Stadtteil Paradies deswegen hauptsächlich in einem Lebensmittelgeschäft im Lago. Bisher. Denn vor rund zwei Wochen wurde sie des Einkaufscenters verwiesen, weil sie keine Maske trug.
Auf einmal geht nichts mehr ohne Maske
„Ich war wie sonst auch im Lago und habe mich mit einem Security-Mitarbeiter unterhalten, den ich schon kannte. Daraufhin wurde er zum Zentrumsleiter gerufen, kam zurück und bat mich dann, ihn zu begleiten. Erst draußen erzählte er mir, dass ich ohne Maske nicht ins Lago dürfe.“
Dabei sei sie seit April regelmäßig im Lago gewesen – immer ohne Maske. Den Sicherheitsleuten sei bekannt gewesen, dass sie ein Attest hat, dass das bescheinigt.
Angstattacke im Laden, Zusammenbruch zuhause
Doch auf einmal war das nicht mehr genug. Obwohl sie Masken eigentlich nicht tragen kann, habe sie den Sicherheits-Mitarbeiter dann um ein Exemplar gebeten. „Was sollte ich machen? Ich musste ja irgendwie einkaufen“, sagt sie. „Es war eine Katastrophe, ich habe im Laden Angstattacken bekommen. Zuhause bin ich dann zusammengebrochen,“ erzählt sie weiter. Seither leide sie unter Albträumen.
Auch in anderen Läden begleite sie seither die Sorge, dass es irgendwann nicht mehr akzeptiert werde, dass ihre Erkrankungen sie vom Maskentragen abhalten. Deswegen hat ihre Mutter ihr inzwischen eine Maske aus einem Wäschesack genäht. Den könne sie zumindest für einen Einkauf tragen, ohne eine Panikattacke zu bekommen.

Dass sie damit auch im Lago ihre Einkäufe erledigt, dagegen spricht laut Peter Herrmann, Leiter des Einkaufszentrums, nichts. „Es reicht ein einfacher Mund-Nasen-Schutz“, sagt er auf Anfrage des SÜDKURIER. Dass im Lago für alle die Maskenpflicht gilt, hat mehrere Gründe.

Kunden und Mitarbeiter fürchten sich vor einer Infektion
Zum einen seien die Ängste vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus bei den Mitarbeitern hinsichtlich der steigenden Infiziertenzahlen größer geworden. Auch bei den Kunden erzeuge es Unsicherheit, wenn andere ohne Maske im Lago unterwegs seien.
Deshalb sei Melanie Bozinov gebeten worden, eine Maske zu tragen. Gehe das nicht, verstehe er es auch, wenn sie darauf verzichte. „Es geht uns allen um die Gesundheit“, führt er weiter aus. Deswegen müsse überprüft werden, ob Kunden wirklich von der Maskenpflicht befreit sind.
Bozinov kann verstehen, dass es andere verunsichert, wenn sie keine Maske trägt. Deshalb gehe sie nur noch in die Stadt, wenn sie weiß, dass wenig los ist. Ihr sei es wichtig, auf andere Rücksicht zu nehmen. Diese vermisse sie selbst aber oft. Deshalb wünscht sie sich mehr Verständnis für diejenigen, die gerne wie alle anderen eine Maske tragen würden, das aber nicht können, weil Körper und Geist streiken.