Thomas Haist und Martina Schneider sind sich nicht wirklich einig, wie sie die aktuelle Situation bewerten sollen. Ruhe vor dem Sturm? Trend zum lauen Lüftchen? „Fakt ist, dass rund 30 Prozent weniger Schweizer ins Geschäft kommen“, sagt Thomas Haist. Der 50-Jährige führt zusammen mit seiner Lebensgefährtin in der Hussenstraße das Goia, eine Mischung aus Café, Weinbar und Mode-Boutique.

Martina Schneider und Thomas Haist Besitzer des Goia in der Hussenstraße, einer Mischung aus Café, Weinbar und Mode-Boutique.
Martina Schneider und Thomas Haist Besitzer des Goia in der Hussenstraße, einer Mischung aus Café, Weinbar und Mode-Boutique. | Bild: Schuler, Andreas

Bei Thomas Haist kommt dennoch ein wenig Vorfreude auf. Er sagt: „Toll ist, dass der Adventsmarkt in diesem Jahr stattfindet. Das bringt Stimmung in die Stadt und macht die Köpfe ein wenig frei.“ Martina Schneider beobachtet aber auch eine gewisse Zurückhaltung. „Die Menschen haben Respekt vor der Situation“, sagt sie, „und gehen den Massen aus dem Weg. Wenn man die aktuelle Entwicklung beobachtet, ist das auch verständlich.“

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Thomas Haist hat wie viele andere auf mehr Normalität im Weihnachtsgeschäft gehofft, „doch wir wollen mithelfen, dass die Menschen auf andere Gedanken kommen“. Zum Beispiel durch ein weihnachtlich geschmücktes Schaufenster oder einen selbst gemachten Glühwein. „Wir dürfen doch das Leben nicht vergessen und können doch nicht den ganzen Tag mit dem Kopf nach unten durch die Stadt gehen.“

Positive Stimmung? Die ist im Moment sehr wichtig

Schräg gegenüber des Goia steht Daniela Klipfel in ihrem kleinen, aber feinen Geschäft „See U“, hier gibt es Geschenkartikel und Souvenirs. Mit dem Sommer war sie zufrieden, auch wenn sie ebenfalls den Rückgang der Schweizer Kundschaft registriert hat. Beim Blick in die nähere Zukunft strahlt sie Zuversicht aus: „Für den stationären Handel wird das Weihnachtsgeschäft bestimmt gut“, berichtet sie. „Man spürt bei vielen Menschen ja jetzt schon die Vorfreude.“

Daniela Klipfel in ihrem Laden für Geschenkartikel und Souvenirs, „See U“ befindet sich in der Hussenstraße.
Daniela Klipfel in ihrem Laden für Geschenkartikel und Souvenirs, „See U“ befindet sich in der Hussenstraße. | Bild: Schuler, Andreas

Montag und Dienstag hat sie seit Beginn der Pandemie geschlossen – einmal die Woche arbeitet sie im Einzelhandel, um überhaupt gut über die Runden zu kommen. „Das hat sich jetzt so eingespielt und das werde ich auch nicht ändern“, erklärt sie.

Mitte November beginnt sie mit dem Schmücken der Auslage in ihrem Schaufenster. „Es geht ja nicht nur ums Geld verdienen, sondern auch um eine positive Stimmung bei den Menschen. Das ist im Moment sehr wichtig.“

Hier gibt es schon seit ein paar Wochen Glühwein

Positive Stimmung herrscht bei Christian Sandmann und seinem Kiosk auf der Laube neben der Lutherkirche sowieso immer. Seit März ist er der neue Pächter und „seither läuft es echt gut, ich darf mich nicht beklagen“. Vom Lockdown war er nicht betroffen.

Christian Sandmann vor seinem Kiosk auf der Laube.
Christian Sandmann vor seinem Kiosk auf der Laube. | Bild: Schuler, Andreas

Das kleine Häuschen ist mehr als nur ein Kiosk, hier gibt mittlerweile Produkte der Nahversorgung – und Christian Sandmann schenkt schon seit ein paar Wochen Glühwein aus. „Die Menschen kommen, halten ihr Schwätzchen und sind glücklich“, sagt er.

„Es ist doch schön, wenn es eine Ablenkung von der Pandemie gibt. Hier braucht niemand einen Test und es geht unkompliziert zu.“ Weihnachtliche Musik hat er fest eingeplant. „Ansonsten gibt es keine Aktionen für den Advent. Die größte Attraktion bin ja ich“, sagt er und lacht laut.

Betrieb hat sich „erstaunlich gut erholt“, so der Chef

Einer der größten Einzelhändler der Stadt ist Sport Gruner. „Nach einem viereinhalb monatigen Berufsverbot hat sich unser Betrieb im Sommer erstaunlich gut erholt“, sagt Seniorchef Peter Kolb. „Wir haben regelrecht gespürt, dass sich die Leute nach einem Stück Normalität gesehnt haben und entsprechend gut drauf waren. Wie schon 2020 waren auch in diesem Sommer viele Inlandtouristen in Konstanz.“

Peter Kolb (von rechts), Isabella Bensberg und Sabrina Kolb vor dem Haupteingang zu Sport Gruner.
Peter Kolb (von rechts), Isabella Bensberg und Sabrina Kolb vor dem Haupteingang zu Sport Gruner. | Bild: Schuler, Andreas

Wenn man beachte, dass der Frankenkurs aktuell so ist wie 2016, „also im Jahr des Ausnahmezustandes, als immer mehr Schweizer über die Grenze kamen“, wie er sagt, „so lässt sich nun schlussfolgern, dass unsere Nachbarn beim Einkaufen offenbar ein neues Nationalbewusstsein entwickelt haben und verstärkt in ihrer Heimat einkaufen“.

Peter Kolb befürchtet, dass für den Handel die 3-G-Regeln eingeführt wird. „Wenn wir zum Beispiel 1000 Kunden an einem Samstag haben“, erzählt er, „dann kann man sich vorstellen, wie aufwendig die Kontrolle am Eingang wäre.“

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Immerhin beobachtet der 63-Jährige seit einigen Monaten eine Dankbarkeit für Beratung in den Geschäften und eine Bevorratung der Artikel: „Ich denke, dass viele den Service des stationären Handels wieder mehr zu schätzen wissen. Es geht nicht mehr nur darum, etwas im Netz zu bestellen. Der Kontakt zwischen den Menschen hat wieder an Bedeutung gewonnen.“