Für Thorsten Otterbach handelt es sich bei diesem Gespräch um eine vertrauensbildende Maßnahme. Der AfD-Landtagskandidat für den Wahlkreis Konstanz/Radolfzell zeigt sich bereit, im Verhältnis mit dem SÜDKURIER – wie er sagt – die „Reset-Taste zu drücken“.

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Und er gibt sich auch sonst großzügig. Nein, von Lügenpresse wolle er nicht reden. Eher von Lückenpresse – und dabei schmunzelt er. Der 52-Jährige findet‘s witzig. Was ihm bei der Berichterstattung fehle, sei die Tiefe.

Nun, die kann er haben, im Rahmen der Porträt-Reihe des SÜDKURIER trifft man sich. Zeit in die Tiefe zu gehen, Fragen zu stellen. Angesprochen auf das ruckelige Verfahren des AfD-Kreisverbands bei der Bestimmung des Kandidaten, verweist Thorsten Otterbach auf das eindeutige Ergebnis.

Für ihn ein Erfolg: Sechs Parteimitglieder der AfD waren stimmberechtigt

Es war der 17. Dezember, als die Mitglieder ihn mit 83 Prozent auf den Schild hoben. Keine Frage: Da hat der Mann von der hinteren Höri im Vergleich zu seiner Mitbewerberin sehr gut abgeschnitten, doch die Nachfrage nach der Zahl der Stimmberechtigten bei der Nominierung passt ihm dann doch nicht. Es waren sechs (in der Zahl: 6) Parteimitglieder (inklusive der beiden Kandidaten).

Mit der Tiefe hat Thorsten Otterbach auch bei der Nachfrage zu Wolfgang Gedeon so seine Probleme. Er holt zwei, drei Mal Luft, dann fällt ihm die Replik ein. Gewiss, der Rechtsaußen aus dem Landkreis sei 2016 auf dem Ticket der AfD in den Landtag eingezogen.

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Doch erstens handle es sich um den Wahlkreis Singen/Stockach, zweitens sei der Holocaustleugner erst aus der Fraktion und später auch aus der Partei ausgeschlossen worden. Immerhin räumt er ein, dass er die angebliche Lückenpresse über Gedeon „eher nicht verfolgt“ habe.

Thorsten Otterbach distanziert sich von Björn Höcke – oder auch nicht...

Später reicht er schriftlich ein Argument nach, dass ihm beim coronagerechten Gespräch an der frischen Luft bei der Konstanzer Mole nicht gleich eingefallen ist. Ihn nach Wolfgang Gedeon zu befragen, sei etwa so, wie wenn Levin Eisenmann als sein Mitbewerber von der CDU zu Hans Filbinger befragt würde. Nun, nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich...

Aber es geht tatsächlich nicht um Wolfgang Gedeon, sondern um die Position des Thorsten Otterbach im Flügelkampf der AfD. Der Mann windet sich, spricht von einer jungen Partei in der Findungsphase, und irgendwie sei was dran an der Bezeichnung des gärigen Haufens durch die AfD-Galionsfigur Alexander Gauland. Von Björn Höcke und seinen Mitstreitern distanziert er sich, aber dass sie nicht in die Partei gehören, will er so auch nicht sagen.

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Auch hierzu gibt es im Nachgang zum Gespräch eine schriftliche Präzisierung: „Ich gehöre zu denen in der AfD, die Höcke im letzten Frühjahr ausschwitzen wollten, und ich würde Höcke sagen, dass er zu Hause bleiben soll, wenn er zur Wahlkampfunterstützung nach Konstanz kommen wollte.“

Ein wenig aber hat er schließlich doch für den Scharfmacher aus Thüringen übrig. Ganz so sanft wie der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Hubert Meuthen will er jedenfalls nicht rüber kommen, auch wenn er die Höcke-Hetze ablehnt.

Am Ende bleibt ein Sammelsurium von Forderungen und Stammtischparolen

Ein eher unsicherer Kantonist also, was bei der Verortung politischer Inhalte nicht anders ist. Auf den ersten Blick sind sie klar – ein Markenzeichen aller Populisten. Wirtschaftsflüchtlinge sind keine Flüchtlinge, sagt er, stattdessen soll den Menschen in ihrer Heimat geholfen werden.

Der verheiratete Vater zweier Kinder geht dabei nach eigenen Angaben mit zwei Patenkindern in Tansania mit gutem Beispiel voran. Er will die Parkgebühren in den Innenstädten abschaffen, Blitzgeräte hält er für Abzocke, und der Ärztemangel auf dem Land gehört abgeschafft. Zudem will er, der Selbstständige bei der Konzeption von Fertigholzhäusern, den Wohnungsbau fördern.

Ach ja, Corona: Die Maskenpflicht hält er für Schikane, und bei der Querdenker-Menschenkette am Bodensee war er dabei. Am Ende bleibt nicht mehr als ein Sammelsurium von Forderungen, und Thorsten Otterbach muss sich der eigenen Kritik stellen: Wo bleibt die Tiefe?

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