Herr Eisenmann, im Vergleich zum Konstanzer OB-Wahlkampf sind die Rollen jetzt getauscht, denn mit Ihnen schlüpft ein CDU-Kandidat in die Rolle des Herausforderers. Was bedeutet der OB-Wahlkampf rückblickend für Sie?
Rückblickend bedeutet der Wahlkampf für mich, dass es jetzt fair ablaufen muss, was von meiner Seite aus auf jeden Fall passieren wird. Zudem muss man den Wahlkampf mit Argumenten führen. Ich finde, die Konstanzer OB-Wahl hat gezeigt, dass eben nicht immer nur die lautesten Stimmen und die populistischsten Ideen gewinnen, sondern dass es um konkrete Punkte, um Sachpolitik geht und dafür stehe ich.

Im vergangenen Jahr sind Sie am Einzug in den Gemeinderat gescheitert, jetzt wollen Sie direkt in den Landtag. Wie kam Ihre Nominierung zustande?
Ich bin in Konstanz aufgewachsen, hier bin ich zur Schule gegangen, hier studiere ich und hier arbeite ich auf dem Wochenmarkt. Hier bin ich auch politisch aktiv. Das macht mir Spaß, deshalb habe ich mich dazu entschieden, meinen Hut in den Ring zu werfen. Ich bin total glücklich über das Vertrauen, mit über 95% nominiert zu werden.
Bei der Gemeinderatswahl zeichnete sich aber sowohl in Radolfzell, als auch in Konstanz eine Mehrheit der Freien Grünen Liste ab, in Konstanz sogar mit über 13 Prozent vor der CDU. Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf einen Wahlsieg ein?
Die Konstanzer OB-Wahl hat uns gezeigt, dass auch in der Stadt Konstanz eine bürgerliche Mehrheit möglich ist. Das ist meine Lehre, die ich aus der Wahl ziehe. Mein Punkt ist, dass diese Region nicht länger unter ihrem Wert regiert werden darf und ich bin davon überzeugt, dass man mit einem anpackenden Wahlkampf, guten Ideen und konkreten Punkten, die Stimmen hier gewinnen kann.
Sprechen wir über diese potenziellen Stimmen. Welche Gründe geben Sie der Wählerschaft über 30, jemanden zu wählen, der bislang weder einen berufsqualifizierenden Abschluss hat oder bereits im Berufsleben verankert ist?
Egal wie die Wahl ausgeht – mein Studium mache ich definitiv fertig. Und bezüglich der Frage: Weil ich hier vor Ort verwurzelt bin. Ich kenne die Anliegen, ich bin seit fünf Jahren Vorsitzender der Jungen Union.
Sie berichten von Ihrer Praktikumstour. Was hat es damit auf sich?
Ich arbeite dort immer einen Tag lang in verschiedenen Betrieben im Wahlkreis mit und lerne dadurch die Arbeit vor Ort kennen. Gleichzeitig erfahre ich viel über die Anliegen der Betriebe, aber auch die der Mitarbeiter. Ich möchte damit diesem Vorurteil gegenüber jungen Kandidaten – „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“ – entgegenwirken. Ich war in ganz unterschiedlichen Bereichen: Zum Beispiel beim Metzger, auf einem Weingut oder im Pflegeheim.
Welche Standpunkte vertreten Sie beim Klimaschutz?
Ich möchte vor allem drei Punkte im Landtag voranbringen: Einerseits die Zukunft des Waldes, wofür ich für jede 50. Stimme einen Baum pflanzen werde. Andererseits den Ausbau erneuerbarer Energien. Ich fordere, dass wir die Bestandsflächen innerorts und außerorts in den Fokus nehmen und überlegen, wo wir Solarflächen installieren können. Außerorts auf Freiflächen, die brachliegen und innerorts, indem Supermarktparkplätze mit Solarflächen überdacht werden. Das dritte Thema, das mir wichtig ist, ist der Umstieg auf neue Antriebsformen. Da ist es Aufgabe der Politik, die Infrastruktur an Ladesäulen und Wasserstofftankstellen zu schaffen. Das Land und auch die Kommunen sollten da mit gutem Beispiel vorangehen und in Zukunft selbst auf Elektro- und Wasserstoffmobilität setzen.
Zur Infrastruktur gehört auch eine gute ÖPNV-Verbindung. Wie gut steht es da um unsere Region?
Mein zentrales Ziel ist da der Ausbau der Gäubahn. Das Konzept wurde schon 1996 in Zusammenarbeit mit der Schweiz beschlossen, ist also älter als ich. Die Schweizer haben ihren Teil des Versprechens erfüllt. Wir sind heute von Konstanz mit dem Zug in weniger als einer Stunde in Zürich, aber wir brauchen eben nach Stuttgart zu lang. Das geht nicht, deswegen müssen die Verfahren beschleunigt werden.
Kommen wir auf die Digitalisierung zu sprechen. Sie wollen ein neues Schulfach zum richtigen Umgang mit der Digitalisierung einrichten. Wie stellen Sie sich das vor?
Das Beispiel Donald Trump zeigt ja, dass die Kenntnisse, wie man Fakten recherchiert, nicht gottgegeben sind. Man muss das Lernen. Ich glaube, dafür wäre ein Schulfach richtig, um das Verständnis zu schärfen. Wie recherchiere ich Fakten? Wie überprüfe ich Neuigkeiten auf ihre Richtigkeit? Wie nehme ich auch das Thema Datenschutz ernst? Ich finde, das wird bis heute in der Schule zu wenig gemacht.
Sie wollen die Verantwortung dafür in die Hand der Lehrer geben. Warum kann man dann nicht einfach den bereits existierenden IT-Unterricht erweitern?
Natürlich ist es denkbar, dass man das mit dem IT-Unterricht koppelt. Dann muss er aber auch ausgebaut werden. Das heißt nicht, einfach zwei Stunden in der achten Klasse, sondern jedes Schuljahr am besten ab der fünften Klasse zwei Stunden in der Woche. Ich finde, wir müssen die Schule als Ort nehmen, wo man auf das Leben vorbereitet wird. Das Leben besteht heute zu einem großen Teil aus der Digitalisierung und diesen Umgang müssen wir in so einem Schulfach schaffen.
Trotz der konsequenten Hygienekonzepte mussten nun erneut die Gastronomie schließen und der Amateursport eingestellt werden. Halten Sie die Maßnahmen für gerechtfertigt?
Wir müssen alles dafür tun, um die zweite Welle zu brechen. Dennoch halte ich manches Neue nicht für sinnvoll. Lieber sollten sich die Menschen kontrolliert in der Gaststätte treffen, als unkontrolliert daheim. Was ich überhaupt nicht teile, ist die Auffassung von Winfried Kretschmann, der sagte, dass, wenn es nach ihm gehe, alle Veranstaltungen bis Jahresende abgesagt werden könnten. Das ist meiner Meinung nach völlig der falsche Schritt. Wir müssen in Kulturvereine und in die Veranstaltungsbranche investieren, wenn wir auch noch in Zukunft die HSG beim Gewinnen beobachten, vom Fasnachtsverein beim Weinfest bedient werden und unseren Geburtstag im Club feiern wollen.