Ein sonniger Samstagnachmittag in Konstanz, tausende Menschen tummeln sich durch die Altstadt auf der Suche nach einer Erfrischung oder einem Kaffee. Die Plätze in den Cafés sind begrenzt und deswegen heiß begehrt. Mittendrin sitzt seit einer Weile ein Mann, der im Außenbereich des Voglhaus in der Wessenbergstraße seinen Laptop aufgeklappt hat und arbeitet.
Nichts Ungewöhnliches mehr. Das mobile Arbeiten ist ein Phänomen, das nach der Corona-Pandemie immer mehr Menschen tun. Von Zuhause oder unterwegs zu arbeiten, ist normal geworden. Im Jahr 2023 nutzten laut dem Statistischen Bundesamt 23,5 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Damit hat sich der Anteil gegenüber dem Niveau vor der Corona-Pandemie nahezu verdoppelt.
Und das merken auch die Konstanzer Cafés. “Das ist bei uns immer mehr ein Thema. Und wir machen uns Gedanken, wie wir zukünftig damit umgehen“, sagt die Inhaberin des Voglhauses, Martina Vogl. In ihrem Café ist das Arbeiten nicht verboten. Und wird deswegen von Kunden auch gerne genutzt.

Der Mann mit dem Laptop vor dem Voglhaus ist Patrik Weissgerber. Der Kreuzlinger arbeitet eigentlich von zu Hause aus, nutzt das Voglhaus aber regelmäßig für kleinere Arbeiten. “Ich finde es sehr angenehm, hier zu arbeiten. Ein paar E-Mails beantworten, lockere Arbeit eben.“ Eines ist Weissgeber im dichten Gedränge der Touristen aber wichtig: “Ich konsumiere regelmäßig Getränke, wenn ich länger sitze. Das gehört sich so“.
Arbeitende blockieren Plätze
Dass arbeitende Menschen überhaupt zum Problemfall werden, liegt an Kunden, die sich in einigen Punkten nicht so vorbildlich verhalten wie Weissgerber. Immer wieder komme es vor, dass sich ein Espresso oder Wasser bestellt werde und dann stundenlang nichts mehr.
Im Voglhaus herrscht Selbstbedienung, das Personal hat also oft keine Kapazitäten, am Tisch nach weiteren Getränkewünschen zu fragen. Bei dem hohen Durchgangsverkehr in der Innenstadt sorgen Gäste, die lange Plätze besetzen, ohne viel Umsatz zu machen, für Schwierigkeiten. “Das Café erwirtschaftet nur dann Gewinn, wenn wir voll besetzt ist – und die Gäste auch was bestellen“, sagt Vogl.

Ihr Café sieht die ganze Situation aktuell noch locker. Gäste, die genug bestellen und in den Stoßzeiten auch irgendwann ihren Platz wieder frei machen, sind willkommen. Oft wird diese lockere Leine aber auch ausgenutzt. “Es gab leider auch schon negative Reaktionen, wenn wir Gäste gebeten haben, jetzt das Arbeiten zu beenden. Wir seien nicht zeitgemäß oder konservativ“, sagt Martina Vogl.
Verbotsschilder im Café Sol
Von diesen Diskussionen hatte das Café Sol in der Reichenaustraße irgendwann genug. Auch hier suchten Gäste für einen kleinen Tapetenwechsel das Café zum Arbeiten auf. Ursprünglich war die Gastronomie offen dafür. Aber es kam in der Folge laut den Verantwortlichen immer wieder zu unschönen Diskussionen mit uneinsichtigen Gästen.

“Wir haben Gäste verärgert und auch verloren, die bei uns keinen Platz mehr gefunden haben, weil durch das Arbeiten Plätze stundenlang blockiert waren. Und in dieser Zeit wurde sich dann ein Getränk geteilt“, sagt der Inhaber des Sol, Tiberius Triff. Vor zwei Jahren entschied er sich dann, das Arbeiten in seinem Café zu verbieten. Schilder auf den Tischen weisen nun deutlich darauf hin. Seitdem reagieren die meisten seiner Gäste verständnisvoll. “Es gibt manchmal noch verärgerte Gäste. Wir hätten gerne eine andere Regelung, sehen aktuell aber keine andere Möglichkeit“, so Triff.
Das Beste aus beiden Welten
Eine ganz eigene Möglichkeit hat sich das Café Doppio in der Inselgasse ausgedacht. Nicola Furtwängler hat zusammen mit ihrem Geschäftspartner Stefan Ries eine Marktlücke ausgemacht. Seit 2022 kann man dort Kaffee trinken und arbeiten. Allerdings in abgetrennten Bereichen. “Es fehlte uns in der Stadt ein Ort, an dem man guten Kaffee trinken kann und zusätzlich Raum zum Arbeiten hat“, sagt Furtwängler.

Von Anfang an setzten die beiden auf die Kombination aus einem echten Café und einem Arbeitsbereich. Wichtig war vor allem die Abgrenzung zu klassischen Co-Working-Spaces. “Bei uns gibt es keine Selbstversorgung durch Automaten, sondern Tischservice. Wir nennen es ‘gastronomisch betreutes Arbeiten‘“, sagt Furtwängler mit einem Schmunzeln.
Feste Preise und klare Regeln
Diese Betreuung hat aber auch ihren Preis. Fünf Euro pro Person und Stunde kostet ein Platz im Doppio. Dafür bekommen Kunden gratis WLAN und Steckdosen. Obendrauf kommt dann auch noch der Eigenverzehr. Immerhin: Mit dabei ist ein Rabatt von zehn Prozent auf Getränke. Rabatte gibt es für Studierende oder Auszubildende. Eigenen Angaben zufolge hat das Doppio 20 bis 30 Stammgäste.
Um diese Anzahl an Gästen zu haben und wirtschaftlich erfolgreich zu sein, zieht das Café eine harte Grenze zwischen den Bereichen – und das nicht nur räumlich. Im Café-Bereich sind auch kleine Laptops und Tablets verboten. “Wir verweisen täglich Leute nach hinten, die sich erstmal vorne hinsetzen. So streng müssen wir sein“, sagt Furtwängler. Diskussionen gebe es natürlich auch. “Wir sind trotzdem zufrieden bisher. Ich kann es jedem Betreiber nur empfehlen“.
Mittelfristig wird sich wohl zeigen, für welchen Weg sich viele Konstanzer Gastronomen entscheiden und ob es noch weitere Konzepte geben wird. Doch eines ist wohl sicher: Die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten wird wahrscheinlich noch weiter steigen.