Sechs Straßen sollen in Konstanz in diesem Jahr neue Namen bekommen. Zwei wurden bereits umbenannt: Seit Dienstag, 18. März, heißt die Franz-Knapp-Passage am Rathaus nun Rathauspassage und die Felix-Wankel-Straße im Industriegebiet ist in Robert-Gerwig-Straße umbenannt. Doch bei den vier anderen Straßen liegt die Änderung vorerst auf Eis – denn es gibt mehrere Widersprüche. Welche Gründe stecken dahinter und was bedeutet das für die geplante Umbenennung?

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Die eingereichten Widersprüche richten sich gegen die Umbenennung der Otto-Raggenbass-Straße in Emma-Herwegh-Straße, der Conrad-Gröber-Straße in Joseph-Picard-Straße, der Hindenburgstraße in Matthias-Erzberger-Straße und der Werner-Sombart-Straße in Ralf-Dahrendorf-Straße. Der Gemeinderat hatte die Änderungen 2023 beschlossen, nachdem Stadtarchivar Jürgen Klöckler die historischen Hintergründe der Namensgeber untersucht und dabei kritische Aspekte festgestellt hatte.

Das steckt hinter den Widersprüchen

Anwohner konnten bis zum 25. Februar 2025 Widerspruch gegen die geplanten Straßenumbenennungen einlegen. „Wir haben insgesamt 21 Widersprüche erhalten“, sagt die Pressesprecherin der Stadtverwaltung, Anja Fuchs, auf SÜDKURIER-Nachfrage. Welche Gründe wurden dabei genannt?

Ein Kritikpunkt war ein hoher Zeit- und Kostenaufwand, insbesondere im geschäftlichen Bereich, wie Fuchs erklärt. Statt einer vollständigen Umbenennung wurde vorgeschlagen, die Straßennamen mit Ergänzungsschildern zu versehen. Kritisiert wurde auch, dass die Betroffenen nicht ausreichend aufgeklärt worden seien. Auch die Einhaltung der „Allgemeinen Richtlinien für die Straßenbenennung“ wurde infrage gestellt. Ein weiteres Argument gegen die Änderungen: Das Verhalten der jeweiligen Namensgeber rechtfertige keine Umbenennung.

Warum sind die Personen umstritten?

Die Kritik am Verhalten der Namensgeber hat unterschiedliche Gründe. Otto Raggenbass, ehemaliger Lehrer in Kreuzlingen, steht beispielsweise unter anderem in der Kritik, weil er jüdische Kinder aus Konstanz vom Schulbesuch in Kreuzlingen ausschloss und 1944 einen flüchtenden Juden ans Deutsche Reich ausgeliefert hatte.

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Der Namensgeber der Conrad-Gröber-Straße war ab 1899 katholischer Geistlicher in Konstanz. 1932 wurde er vom Papst zum Erzbischof von Freiburg ernannt. In der Folge orientierte er sich am nationalsozialistischen Regime und veröffentliche judenfeindliche Schriften. Bei der SS war er förderndes Mitglied. In anderen Punkten ging er auf Distanz zum Regime und kritisierte insbesondere die massenhafte Ermordung von Menschen mit Behinderung.

Hinter der Hindenburgstraße steht Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg. Eigentlich schon im Ruhestand, wurde er 1925 von den Rechtsparteien als Kandidat für die Wahl des Reichspräsidenten aufgestellt und gewann in direkter Volkswahl. Nach der Wiederwahl 1932 rückte er immer mehr nach rechts, ernannte 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler und unterschrieb die Verordnung zur Auflösung des Reichstags.

Werner Sombart war Mitglied der nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht. In seinen Schriften zeigt sich rassistisches und insbesondere antisemitisches Gedankengut. 1938 distanzierte er sich von den NS-Rassentheorien.

Geringe Aussicht auf Erfolg

„Die eingegangenen Widersprüche werden geprüft“, erklärt Fuchs. Das Verfahren ende mit einem Widerspruchsbescheid, gegen den Betroffene beim Verwaltungsgericht Freiburg klagen können. Falls das Gericht die Klage für zulässig und begründet hält, könnte die Umbenennung für rechtswidrig erklärt werden. Allerdings habe die Verwaltung bei der Benennung und Umbenennung von Straßen einen großen Ermessensspielraum, weshalb solche Klagen nur selten Erfolg hätten.

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