Seit Mai 2019 wird in Konstanz debattiert, sechs Straßen in Konstanz umzubenennen. Anstatt dass der Gemeinderat endlich eine Entscheidung fällt, werden stattdessen immer neue Vorschläge unterbreitet, welche Menschen mit einem Straßenschild gewürdigt werden sollten.

Viele Anwohner der betroffenen Gebiete ärgern sich, denn eine Umbenennung ist für sie zeit- und kostenintensiv – vor allem für Firmen. Pragmatischer wäre aus ihrer Sicht, wenn unter den betreffenden Straßenschildern Erklärungstafeln angebracht würden.

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Anwohner in Petershausen ärgern sich

Karin Burr und Daniel Sauter wohnen im Hindenburgblock in der Hindenburgstraße, die auf der Liste der potenziell umzubenennenden Straßen steht. Die Anwohner waren schriftlich über das Ansinnen informiert worden. „Der erste Reflex war: Ich habe mich geärgert“, sagt Karin Burr. Ihr Nachbar Daniel Sauter stimmt ihr zu, denn beide denken an den großen Aufwand, den sie betreiben müssen.

„Die ganzen Adressänderungen, die auf mich zukommen“, seufzt Karin Burr und zählt auf, was ihr dabei gerade in den Sinn kommt: „Ämter, Berufsverbände, Arbeitgeber, Banken, Versicherungen, Ärzte, all meine Bekannten“ müsse sie in Kenntnis setzen. Damit einher gehe aber auch die Sorge, jemand Wichtiges zu vergessen. „Was ist, wenn man dann wichtige Post nicht bekommt?“, fragt sie sich.

Karin Burr und Daniel Sauter wohnen in der Hindenburgstraße. Wenn die Straße umbenannt wird, dann haben die Anwohner sehr viel Aufwand ...
Karin Burr und Daniel Sauter wohnen in der Hindenburgstraße. Wenn die Straße umbenannt wird, dann haben die Anwohner sehr viel Aufwand zu betreiben, sagen sie. Sie regen an, unter dem Straßenschild eine Erklärungstafel aufzuhängen. | Bild: Scherrer, Aurelia

Dieser Aufwand, der Zeit, aber auch Geld koste, nerve, bekräftigt Daniel Sauter. Vor allem: „Wir sind ja nicht allein betroffen. Das müssen alle Anwohner der Straße machen.“ Viel einfacher wäre ihrer Ansicht, eine Erklärtafel unter den Straßennamen anzubringen. „Als Mahnung“, merkt Daniel Sauter an. Diese Lösung wäre nicht aufwändig, sondern preiswert und diene der Bewusstmachung der Geschichte.

„Es ist wie ein großer Umzug!“

Diese Lösung finden auch Hans-Jürgen Oexl, Chef der Firma WaTeKo, und Matthias Löhrl, Geschäftsführer der orbiz Software GmbH, ideal. Beide Unternehmen sind in der Felix-Wankel-Straße ansässig. Für Unternehmen sei eine Straßenumbenennung ungleich schwerwiegender. „Es ist wie ein großer Umzug, nur nicht physisch“, beschreibt Matthias Löhrl.

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Visitenkarten und Briefpapier müssten neu gedruckt werden. „Verträge, Dokumente, Fuhrpark, Kfz-Werbung, Zertifikate, Tür und Klingelschilder – alles muss umgeschrieben werden“, ergänzt Hans-Jürgen Oexl, der auch auf diverse Briefkästen hinweist, auf denen der Straßenname eingraviert ist. „Auch die Briefkästen kann man dann wegwerfen“, stellt er lakonisch fest.

Und dann gibt es noch die Werbestelen, auf denen ebenfalls Felix-Wankel-Straße steht. Eine Säule habe seinerzeit 10.000 Euro gekostet. Insgesamt komme aufgrund der Straßenumbenennung ordentliche Kosten auf die Betriebe zu.

(Archivbild) Jürgen Oexl von der Firma WaTeKo zeigt die Stele, auf der auch der Straßenname steht.
(Archivbild) Jürgen Oexl von der Firma WaTeKo zeigt die Stele, auf der auch der Straßenname steht. | Bild: Michael Buchmüller | SK-Archiv

Diese Folgen sind zu bedenken

Noch gravierender sei, das Thema Erreichbarkeit. Hans-Jürgen Oexl wird es nie vergessen. Im Jahr 2004 ist er erst mit seinem Unternehmen in die Felix-Wankel-Straße gezogen. „Es hat zweieinhalb bis drei Jahre gedauert, bis uns unsere Kunden und Lieferanten wiedergefunden haben.“

Dann das Thema Navigationsgerät: „Als wir hierhergezogen sind, gab es die Straße bereits seit acht Jahren und trotzdem war sie noch nicht in allen Navis drin“, berichtet Matthias Löhrl. „Das ist richtig beschwerlich, denn unsere Zulieferer sind auf das Navi angewiesen“, so Oexl. Jeden einzelnen vorab zusätzlich eine Anfahrtsbeschreibung zu schicken, sei schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit.

Firmen müssten großen und auch kostenintensiven Aufwand betreiben, wenn Straßen umbenannt werden. Zum Beispiel die vielen Firmen die in ...
Firmen müssten großen und auch kostenintensiven Aufwand betreiben, wenn Straßen umbenannt werden. Zum Beispiel die vielen Firmen die in der Felix-Wankel-Straße ansässig sind, berichten Matthias Löhrl von der Firma Orbiz (links) und Hans-Jürgen Oexl von der Firma WaTeKo (rechts). | Bild: Lisa Seitz

Ein weiteres großes Problem: „Internet. Fluch und Segen. Das Internet vergisst nie. Von uns kursieren noch Eintrage von vor 2003, die wir nicht so einfach korrigiert bekommen.“ Würde diese Straße, die erst im Jahr 2000 entstand und in der vor allem Firmen ansässig sind, jetzt umbenannt, wäre dies ein extrem hoher Aufwand für die Unternehmen, die ohnehin schon wegen aufgrund Mitarbeitermangels und Energiepreissteigerungen vor großen Herausforderungen stünden.

Kritik an der Stadtpolitik wird laut

„Wir haben keine Zeit, neben dem Tagesgeschäft auch das noch zu machen. Wir haben genügend Herausforderungen; da braucht man so ein Hobby nicht“, sagt Matthias Löhrl. Was ihn und Hans-Jürgen Oexl zudem ärgert: Das Thema würde seit 2019 immer wieder hochgekocht und plötzlich fällt es wieder von der Tagesordnung des Gemeinderats.

Das sorge jedes Mal für Beunruhigung. „Man wünscht sich als Unternehmen Stabilität von der Politik. Wir wollen eine Konstanz haben“, stellt Matthias Löhrl fest. Er und Oexkl sind sich einige: Der ideale Weg sei eine Zusatztafel unter dem Straßenschild.