Bereits 2014 hatte der Konstanzer Gemeinderat Richtlinien zur Umbenennung von Straßen und Plätzen erlassen. Nach diesen sollte kein öffentlicher Raum mehr nach einem Repräsentanten des Nationalsozialismus oder eines sonstigen Unrechtsregimes benannt sein.

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Eine Expertenrunde, die im Mai 2019 zusammengestellt wurde, hat inzwischen alle 190 nach Personen benannten Straßen in Konstanz nach diesen Kriterien überprüft – und sechs Problemfälle benannt. Die nun aus dem Stadtbild verschwinden könnten.

Der Konstanzer Gemeinderat wird entscheiden, ob der Straßenname geändert oder beibehalten wird. Im Fall einer Beibehaltung des Namens besteht zudem die Möglichkeit, dass auch ein Schild mit ergänzenden Erläuterungen zur namensgebenden Person angebracht wird.

Über diese Straßennamen wird entschieden

Die Felix-Wankel-Straße im Konstanzer Industriegebiet.
Die Felix-Wankel-Straße im Konstanzer Industriegebiet. | Bild: Michael Buchmüller

Nach dem Wankelmotor-Entwickler wurde 2001 eine Straße im Konstanzer Industriegebiet benannt. Sein Erfindergeist überstrahlte eine Zeit lang die „braune Vergangenheit“ des Ingenieurs. Doch die Ehrung des gebürtigen Lahrers wird nun möglicherweise aus dem Konstanzer Stadtbild getilgt. In der Felix-Wankel-Straße regt sich allerdings Widerstand gegen eine Umbenennung: Die Inhaber einiger dort ansässigen Firmen hoffen, dass ihre Straße keinen neuen Namen erhält und plädieren stattdessen für eine andere Lösung.

Die Otto-Raggenbass-Straße im Stadtteil Stadelhofen.
Die Otto-Raggenbass-Straße im Stadtteil Stadelhofen. | Bild: Michael Buchmüller

Zu Ehren des Schweizers Otto Raggenbass, der zum unblutigen Ende des Zweiten Weltkriegs in Konstanz beigetragen haben soll, wurde eine Straße nahe der Grenze zu Kreuzlingen nach ihm benannt. Aber welche Rolle spielte Raggenbass wirklich? Von seiner Lebensgeschichte existieren jedenfalls zwei Versionen: In der von ihm selbst verfassten Variante stilisiert er sich zum „Retter von Konstanz“. Allerdings existieren Belege für eine ablehnende Haltung, die der Kreuzlinger Bezirksstatthalter gegenüber Juden und Ausländern hatte.

Historiker Fabio Crivellari vor der der Franz-Knapp-Passage in der Altstadt.
Historiker Fabio Crivellari vor der der Franz-Knapp-Passage in der Altstadt. | Bild: Michael Buchmüller

Die Franz-Knapp-Passage in der Konstanzer Altstadt ist dem ehemaligen Oberbürgermeister gewidmet. Franz Knapp leite von 1946 bis 1957 die Geschicke der Stadt vom Rathaus aus. Historiker sind sich einig: Er hat im Dritten Reich das Unrechtssystem unterstützt. Angehörige zeichnen allerdings ein anderes Bild. Nun ist ein Dankesbrief im Namen von Konstanzer Juden aus dem Jahr 1971 aufgetaucht. Und plötzlich steht die Frage im Raum: War Franz Knapp ein Antisemit oder handelt es sich bei ihm um einen 'guten Deutschen'?

Bild 4: Neue Namen für sechs Straßen in Konstanz? Wo die Gründe dafür liegen und was Anwohner davon halten
Bild: Michael Buchmüller

Nur einen Steinwurf vom Sternenplatz entfernt, trägt eine Straße den Namen des Bischofs Conrad Gröber. Es gibt die Vorwürfe, Gröber habe von Anfang an mit dem Regime kooperiert. Schon 1933 formulierte er in einer Rede: „Ja, ich stelle mich restlos hinter das Neue Reich!“ Auch die Anweisung, dass der Religionsunterricht mit dem Deutschen Gruß zu beginnen habe, setzte er um. Dennoch war der Kirchenmann den Schergen des Regimes ein Dorn im Auge. Wer war der Bischof, der sich durch die Nazizeit lavierte?

Anwohner der Hindenburgstraße vor dem Schild im Stadtteil Petershausen.
Anwohner der Hindenburgstraße vor dem Schild im Stadtteil Petershausen. | Bild: Michael Buchmüller

Im Stadtteil Petershausen ist eine Straße nach dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg benannt – und das soll sich bald ändern, wenn es nach den Anwohner geht. Warum? Alles, wofür Hindenburg stehe – Krieg, Dolchstoßlegende, Hitlerermächtigung, Nationalismus – könne heute nicht mehr als vorbildhaft gelten, und das solle die Ehrung durch einen Straßennamen ja schließlich ausdrücken. Darin sind sich die Beteiligten einig. Sie haben zahlreiche Vorschläge, welchen Namen die Straße in Zukunft tragen könnte.

Sebastian Wolf, Professor für Sozialwissenschaften, in der Werner-Sombart-Straße.
Sebastian Wolf, Professor für Sozialwissenschaften, in der Werner-Sombart-Straße. | Bild: Michael Buchmüller

Im Stadtteil Königsbau ist eine Straße nach Werner Sombart benannt – und das soll sich bald ändern, wenn es nach Sebastian Wolf geht. Der Professor für Sozialwissenschaften lebt in der Werner-Sombart-Straße und schreibt über den Namensgeber seiner Anschrift, dass es sich dabei um einen „antidemokratischen Verfasser kriegsverherrlichender und antisemitischer Schriften“ handeln würde. Was ist über Werner Sombart bekannt? Und wie könnte die Straße, die derzeit noch seinen Namen trägt, stattdessen heißen?