Wir schreiben das Jahr 2034. Die Kinder, die zum Zeitpunkt der guten Nachricht im August 2025 noch in die Grundschule gingen, arbeiten auf ihren Abschluss hin. Die Zeitzeugen, die fast 30 Jahre zuvor die Baugenehmigung für die neue B33 bei Allensbach als Durchbruch gefeiert hatten, sind zumeist im Rentenalter. Und sagen sich: Dass wir das noch miterleben dürfen. Es ist der Tag, an dem die letzte Lücke beim vierspurigen Ausbau der Bundesstraße 33 zwischen Konstanz und Radolfzell geschlossen und der neue Tunnel Hegne für den Verkehr freigegeben wird.
Zukunftsmusik? Ja – aber es ist ein großes Stück wahrscheinlicher geworden, dass das größte Bundesstraßen-Projekt im Süden des Landes doch noch ein gutes Ende nimmt. Denn entgegen allen Unkenrufen sowie trotz der enormen technischen Herausforderungen ist jetzt klar, dass der knapp 800 Meter lange Tunnel Hegne tatsächlich gebaut werden kann.
Lange Zeit schien die Realisierung des letzten Bausteins unsicher, sogar Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann persönlich hatte das Projekt öffentlich in Frage gestellt. Umso erfreuter nehmen Anwohner und B33-Nutzer die Nachricht auf, dass die Vorplanung abgeschlossen und damit die Baubarkeit der Doppelröhre bestätigt ist.
Der B33-Ausbau, eine (fast) unendliche Geschichte
Das Regierungspräsidium Freiburg wertet insbesondere die Zustimmung der Verkehrsministerien in Stuttgart und Berlin als Durchbruch, denn „nun kann unser Team die Tunnelplanung weiter vorantreiben“, so Sprecherin Heike Spannagel, damit sei „tatsächlich eine große Hürde genommen“. Mit an Bord ist bei der Planung übrigens die Bund-Länder-Gesellschaft Deges, die bei dem komplexen Projekt berät. Dem Regierungspräsidium das Vorhaben komplett wegzunehmen, ist dagegen kein Thema mehr und wird es wohl auch nicht mehr.

Besonders spannend wird ab Herbst 2025 für Bauprofis das Bohren der ersten Probe-Gründungspfähle. Beim Asisi-Panorama in Konstanz mussten diese Stützen bis in 45 Meter Tiefe getrieben werden, bis überhaupt tragfähiges Gestein erreicht war. Als ähnlich problematisch gilt der Untergrund bei Hegne. Deshalb gleicht der Tunnel konstruktiv eher einer Brücke, die sich über eine schwammige Bodenschicht spannt. Wie viele dieser kostspieligen Stützen tatsächlich benötigt werden, ermitteln die Planer also bald direkt vor Ort.
Denn obwohl die Experten den Tunnel Hegne nun mit einem ungewöhnlichen Verfahren von oben nach unten bauen wollen – die Pfahlgründung braucht es laut Regierungspräsidium trotzdem. Wenn aber die Arbeiten tief im Untergrund abgeschlossen sind, kommt als Erstes die Tunneldecke an die Reihe. Unter ihr entstehen dann die Seitenwände und dann die Sohle mit der Fahrbahn. Es wird also genau andersherum gearbeitet als am Tunnel Röhrenberg in Allensbach, wo die Bauarbeiten an der Sohle beginnen und der Deckel zum Schluss draufkommt.
Erst kommt der Deckel drauf, dann geht es nach unten
Das für Hegne geplante Verfahren hat laut den Planern nicht nur den Vorteil, dass auch bei schlechtem Wetter gebaut werden kann. Anwohner sind über die Lärmschutzwände hinaus besser vor Staub und Krach geschützt – hier hatte es in der Vergangenheit viel Kritik gegeben. Und die Fuß- und Radwege können bei Bedarf über die Tunneldecke geführt werden, was auch die Wege zu Schule und Bahnhof Hegne erleichtert. Für die Autofahrer schließlich bleibt es bei dem aktuellen, teils dreispurigen Provisorium südlich an der Baustelle vorbei, „für sie wird sich in der Bauphase nichts ändern“, so Heike Spannagel.
Die nächsten Etappen auf der Baustelle sind laut Planungsbehörde: Im Herbst wird die Vorkonsolidierung abgeschlossen. Dann liegt genug schweres Erdreich über dem Bereich des künftigen Tunnels, um Wasser aus dem durchnässten Boden zu drücken. Gleichzeitig wird die Entwurfsplanung fertiggestellt, auf deren Grundlage dann beim Bund das nötige Geld beantragt werden kann. Wie viel das ist, steht noch nicht fest, so Behördensprecherin Spannagel auf SÜDKURIER-Nachfrage. Wenn Berlin die Mittel freigibt, wird 2027 EU-weit ausgeschrieben, dann der Zuschlag erteilt, und 2029 soll der Rohbau starten. Fünf Jahre später sollen die ersten Fahrzeuge durch den Tunnel rollen.

Noch vier Kilometer und neun Jahre, dann ist die Lücke geschlossen
Und ist der Termin 2034 zu halten? Das wären 27 Jahre nach dem Planfeststellungsbeschluss, also der Baugenehmigung für die neue Straße. Elf Kilometer sind zwischen dem Stadtausgang von Konstanz und dem früheren Schnellstraßen-Ende bei Markelfingen zu bauen. Im Sommer 2025 fehlen davon noch knappe vier Kilometer zwischen Tunnel Waldsiedlung und Allensbach-Mitte. Das ist, Stand heute, bis 2034 zu schaffen, so das Regierungspräsidium – der andere der beiden Tunnel, Röhrenberg am Rand von Allensbach, wächst ja bereits täglich und unter den Augen der Fahrer von fast 30.000 Autos und Lastwagen, die hier jeden Tag vorbeikommen.