Ganz unerwartet sei der Preisschock nicht gekommen, sagt Martin Schneble, Landwirt in Hilzingen. „Wir dachten uns schon, dass etwas passiert“, sagt er auf Nachfrage des SÜDKURIER. Den ganzen Winter über seien die Preise für Düngemittel stark gestiegen. Er nennt ein Beispiel: Hätten 100 Kilo Kalkammonsalpeter im Winter 2020/21 noch 21 Euro gekostet, so wurden ein Jahr später 63 Euro verlangt. Inzwischen sei Dünger noch teurer.

Woran liegt das? Düngemittel werden vor allem aus Russland und der Ukraine importiert und sind seit Kriegsbeginn knapp im Angebot. Doch dabei bleibt es nicht. Auch die Preise für Getreide, Soja und Mais seien stark gestiegen. Damit werde Tierfutter teurer, das belaste die Milchviehbetriebe, erläutert Schneble. Sein eigener Betrieb habe schon lang keine Milchviehhaltung mehr, er betreibt Kartoffel- und Obstanbau, unterhält eine Backstube und einen Hofladen in Hilzingen-Duchtlingen. Alle Höfe sind von den Energiepreisen betroffen. „Wir brauchen für den Betrieb 20.000 bis 22.000 Liter Diesel im Jahr“, rechnet Schneble vor. Nun sei der Dieselpreis etwa um einen Euro gestiegen. „Das macht gleich 20.000 Euro an zusätzlichen Kosten aus.“

Warum Dünger so teuer ist

Florian Fuchs, Mitinhaber des Fuchshofes in Konstanz-Dingelsdorf, bestätigt die Lage am Markt. Die Verfügbarkeit von Dünger sei noch in Ordnung, die Preise allerdings seien um etwa 300 Prozent gestiegen. Es gebe unterschiedliche Arten von Dünger: Kali beispielsweise werde vor allem in Russland gefördert. Zur Herstellung von Stickstoff-Düngung hingegen werde Gas benötigt – dieses stamme wiederum aus Russland und der Ukraine. Der Fuchshof ist in einer ähnlichen Lage wie Schnebles Betrieb in Duchtlingen: Beim Obstbau ist die benötigte Menge an Düngemittel begrenzt. „Das, was wir brauchen, ist allerdings sehr teuer“, sagt Fuchs. Beim Einkauf der Energie sei die Lage noch komplexer. „Wir sind dabei, uns ökologischer aufzustellen – das braucht aber seine Zeit“, sagt Fuchs. Die ersten Schritte zu einer nachhaltigen Energiebewirtschaftung seien getan, der Hof arbeitet mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW): „das läuft mit einer sehr modernen Technologie – aber leider mit Gas“, sagt Fuchs.

Geplant ist, die Energiegewinnung für den Fuchshof umzustellen. Die Familie plant, Photovoltaikanlagen auf den Dächern zu platzieren. Zunächst müssten diese jedoch saniert werden, das heißt: so schnell wird es nicht klappen. „Wir müssen in dieser Sache sehr schnell viel konkreter werden“, sagt Fuchs. Beim Diesel hat der Hof ein ähnliches Problem. In der Regel habe es Jahresverträge für den Einkauf gegeben. Diesen Winter sei das Angebot so hoch gewesen, dass er verzichtet habe. „Jetzt müssen wir den Marktpreis zahlen, der ist natürlich noch höher.“ Die Preissteigerungen spüre man ansonsten bei vielen Einzelprodukten. So sei der Preis für Marmeladengläser um zehn Prozent gestiegen, bei Nüssen und anderen Rohprodukten, die aus Osteuropa stammten, rechne man mit starken Steigerungen. Für den Kunden bedeute das konkret: „Klar, unsere Preise im Hofladen werden wir erhöhen müssen.“ Das sieht auch Martin Schneble so: „Wir planen aufzuschlagen, wir werden keine andere Wahl haben.“

Florian Fuchs beim BHKW des Hofes. Es ist mit modernster Technik ausgestattet – läuft aber momentan leider mit Gas.
Florian Fuchs beim BHKW des Hofes. Es ist mit modernster Technik ausgestattet – läuft aber momentan leider mit Gas. | Bild: Wagner, Claudia

Stefan Leichenauer, Vorsitzender des Kreisverbands des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV), bestätigt die Analyse der Kollegen und fasst die Auswirkungen zusammen: Problematisch seien für die Landwirtschaft in erster Linie die Preissteigerungen bei Diesel und Heizöl – und jene bei den Betriebsmittelkosten. Letztere sind beispielsweise Dünger, Saatgut oder Futtermittel. Bei allen spiele der Import aus Osteuropa eine Rolle – so werde Körnermais, der in Futtermittel eingemischt wird, aus der Ukraine importiert. Sonnenblumensaatgut sei beinahe ausschließlich in der Ukraine zu bekommen. Die Knappheit in etlichen Bereichen führe zu enormer Kostensteigerung.

Das könnte Sie auch interessieren

Dass die Investitionen für Landwirte höher werden, wäre noch nicht schlimm, wenn klar wäre, dass die Bauern im Spätsommer für ihre Produkte den entsprechenden Preis erhalten. Doch wie die Ernte ausfällt und deren Absatzmöglichkeit, das sei zum jetzigen Zeitpunkt völlig unsicher. „Im Klartext: Wenn ich 400 Euro bekomme für 100 Kilogramm Weizen, dann ist es okay. Sind es aber nur 300 Euro, werden die Kosten zum großen Problem.“ Sind Abnehmer, Mühlen zum Beispiel, bereit, mehr für die Ware zu zahlen?

Was Leichenauer befürchtet: dass kleinere Betriebe, Bäcker und Metzger wie auch kleinere Höfe die Kosten nicht tragen können und ihre Betriebe aufgeben müssten. Als umso wichtiger bewertet er, dass Kunden weiter die Produkte der regionalen Landwirte abnehmen, auch wenn sie teurer werden – eine Konsequenz, die unvermeidbar ist.