Mühlhausen-Ehingen In seinem ersten Roman „Buddenbrooks“ erzählt Thomas Mann die Geschichte seiner Familie, im Jahr 1901 erschienen, zählt der Roman heute zu den Klassikern der deutschen Literatur. Aber wer war dieser Mann, der gern so selbstbewusst und weltoffen gewesen wäre wie sein Bruder Heinrich, der bereits Schriftsteller war?
Wie konnte ein unbekannter Dichter wie Thomas Mann, der sich abgeschottet und nur in seinem Werk geäußert hat, die „Buddenbrooks“ mit mehr als 1000 Seiten schreiben? Das war eine der Fragen, die den Historiker und Autor Matthias Lohre beschäftigten. Im Rahmen der Erzählzeit las er im Gasthaus Mägdeberg in Mühlhausen aus seinem neuen Roman „Teufels Bruder“, in dem er von der Reise der Brüder Thomas und Heinrich Mann nach Italien erzählt.
Das Verhältnis zwischen ihnen ist spannungsgeladen, sein vier Jahre älterer Bruder Heinrich verkörpert alles, wonach Thomas sich sehnt. Herrisch aber auch anlehnungsbedürftig verbindet Thomas Mann wie bei vielen Geschwistern mit seinem Bruder Heinrich eine Mischung aus Rivalität, Vertrautheit und Zuneigung. Als beide 1896 die Italien-Reise antreten, lässt der Gedanke an seine Jugendfreundin Ilse Martens ihn nicht los. Bei ihr hofft er den Halt zu finden, nach dem er sich so sehnt. Wäre da nicht dieser melancholisch blickende Jüngling, der ihm in Venedig über den Weg gelaufen ist.
Für den Schulversager und von Selbstzweifeln geplagten Thomas Mann wird es eine fast verhängnisvolle Reise. Die Ausstrahlung des Jungen zieht ihn an und bezaubert ihn. Ein Erlebnis, das sein Leben verändert wird. Wie er selbst vor seinem Tod sagte, sei er in diesem Sommer dem Teufel begegnet. „Der Junge gleicht ihm, Thomas Mann ist fasziniert von ihm, seine Zukunft hing an diesem Jungen“, erläuterte Lohre, dass die tiefe Traurigkeit in Manns Novelle „Tod in Venedig“ auch Thema seines Buches sei.
Als Historiker verbindet Lohre in „Teufels Bruder“ profunde Fakten und Fiktion. Auf unterhaltsame und emotionale Weise zeichnet er ein stimmungsvolles und berührendes Bild von Thomas Mann. „Ich versuche aufzuzeigen, wie aus diesem fast erstarrten Schriftsteller Thomas Mann der Autor geworden ist, wie wir ihn kennen“, erläuterte Lohre.
Lebendige Erzählweise fesselt
Er erzählt er von der Sehnsucht nach Liebe und dem schmerzhaften Versuch herauszufinden, wer man wirklich ist. Als Kenner von Manns Werk gelang es Lohre, die Zuhörenden durch seine lebendige Erzählweise zu fesseln und in „Teufels Bruder“ auf gut 540 Seiten den Menschen und das Leben dieses großen Autors näher zu bringen. Wie gebannt hörten die Gäste seinem Vortrag zu, auf ihren Wunsch las Lohre auch eine weitere Passage.