Otto Baum beschreibt sich als Ur-Rielasinger. Der ehemalige Gemeinderat und langjährige zweite Vorsitzende des Narrenvereins Burg Rosenegg erinnert sich an das Rielasingen vor fünfzig Jahren, als in den Nachbargemeinden der Zusammenschluss zur Doppelgemeinde Rielasingen-Worblingen diskutiert wurde.

Damals war er Brennstoffhändler, kannte das rege Vereinsleben im Ort: „Musikalisch war zum Beispiel ganz schön viel los. Der Musikverein bestand schon, ebenso der Instrumental-Verein und der Männergesangsverein Rosenegg, der heutzutage leider verschwunden ist“, so Baum. Viele Vereine, wie der Narrenverein Burg Rosenegg, der Schützenverein, der Rielasinger Fußballclub, der Turnverein mit den Handballern, der Schachclub, der Schwarzwaldverein und nicht zuletzt der Kaninchenzuchtverein haben sich bis heute gehalten. „Der Radfahrverein Solidarität und der Motorradsportclub sind allerdings dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen“, berichtet der Zeitzeuge.

Interessant sei die Geschichte, dass der Turnverein damals die alte Trotte in der Gottmadinger Straße in Eigenarbeit und mit Unterstützung der Gemeinde zur Turnhalle, beziehungsweise zum Festsaal umgebaut hatte und so die Rosenegghalle entstanden ist. Auch die ist mittlerweile ein Relikt der Vergangenheit und wurde vor einigen Jahren abgerissen. Inzwischen ist die Talwiesenhalle die gute Stube der Gemeinde. Was Otto Baum sehr bedauert, ist, dass auch die wunderschöne Platanenallee, die die Ortsdurchfahrt damals schmückte, der Ortssanierung zum Opfer fiel.

Zu viele Meier sorgen für Spitznamen

Schmunzeln muss Baum, wenn er an eine Anekdote zu jener Zeit denken muss: „Da es früher viele Menschen mit dem Namen Meier im Ort gab, hatte man jedem Meier zur Unterscheidung einen Übernamen gegeben“, erinnert er sich. Da gab es also den Corneli-Meier, den Palästina-Meier, den „Mehl“ oder den „Hagefutterer“ und schließlich den Füdlestich-Meier. Wie es zu den Namen gekommen sei, sei leider längst im Dunkel der Vergangenheit verschwunden.

Mit zwei Bussen bedient der Verein BürgerBus 3Rosen eine Ringlinie zwischen Rielasingen, Arlen, Worblingen und Singen – hier beim ...
Mit zwei Bussen bedient der Verein BürgerBus 3Rosen eine Ringlinie zwischen Rielasingen, Arlen, Worblingen und Singen – hier beim Einsatz in der Rielasinger Ortsmitte. | Bild: BürgerBus 3Rosen

Handwerksbetriebe gab einst reichlich im Ort, als da waren Maler, Schlosser, Fahrradgeschäfte, Installateure, Schreiner, Sattler, Küfer, Wangler, Maurer, Flaschner, Gipser, Schmied, Zimmereien, einen Blumengroßhandel, einen Steinmetz, jeweils drei Metzger und Friseure und sogar vier Schumacher – und mit Baum eben auch einen Brennstoffhändler. Außerdem waren zwei Architekten, ein Glasbläser und eine Galvanisierungsfirma ansässig. Die Keramikfirma Göbel habe die einst so beliebten Hummel-Figuren vertrieben.

Auch Großbetriebe, die viele Arbeitsplätze boten, waren ortsansässig. Hervorzuheben sei dabei die Firma Schiesser, aber auch die die Reinigungsfirma Cowa, die Werkzeugfabrik Wefa, Stempeldruck Neo Print und das Unternehmen Hupac, das den Anschluss an die Etzwiler Bahn in Rielasingen mehrere Jahre zur Containerverladung nutzte.

Heute wie einst – die Aach durchfließt gemächlich Rielasingen und auch Worblingen.
Heute wie einst – die Aach durchfließt gemächlich Rielasingen und auch Worblingen. | Bild: Carmen Biehler

35 Landwirte in einem Ort

„Bei den Landwirten zeigt sich der Wandel der Zeit ganz gravierend“, weiß Baum. 35 an der Zahl waren es früher. „Heute gibt es nur noch fünf Siedlungshöfe.“ Die sieben Lebensmittelgeschäfte, die zum größten Teil Tante-Emma-Läden mit gemischtem Warenangebot waren, ein Schreibwarenladen und ein Reformhaus seien außerdem komplett durch die Supermärkte ersetzt worden.

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Viel vielfältiger war auch die Gastronomie in den damaligen Jahren. Es gab noch mehr Gaststätten, angefangen beim Lisele, dem Falken, dem Gasthaus Rosenegg am Ortseingang, wo heute eine Unterkunft für Geflüchtete eingerichtet ist, ebenso wie das Kupferdächle, der Frieden, die Eintracht und die heute noch bestehenden Gasthäuser Krone, Löwen und Rosenegg auf dem Berg. Nicht zu vergessen werden dürften die einstigen Cafés Brecht, Mocca und das Aachstüble.

Ein Ort voller Feiergelegenheiten

Natürlich wurden auch viele Feste gefeiert, zum Beispiel auf dem alten Sportplatz an der Aach. Viele Besucher habe auch stets die Ausstellung des Hasenverein, damals im Kronensaal, später in der Rosenegghalle angelockt. Dort wurden an Fasnacht auch die ersten Narrenspiele gefeiert, es gab den Walzerabend, den bayrischen Bierabend und diverse Konzerte der musikalischen Vereine des Orts. „So war es in der guten, alten Zeit“, schmunzelt Baum.