Bereits am Samstagabend soll es rund um den Wasserpark Rulantica neben dem Europapark in Rust zu einem schlimmen Vorfall gekommen sein. Das teilte das Polizeipräsidium Offenburg am Donnerstag in einer Medienmitteilung mit.

Was ist passiert?

Nach Angaben der Polizei soll ein sechsjähriges Mädchen am Abend des 9. Augusts im belebten Treiben des Wasserparks seine Eltern aus den Augen verloren haben. Daraufhin soll ihr ein Mann bei der Suche nach ihren Eltern seine Hilfe angeboten haben. Er soll das Kind in ein nahegelegenes Waldstück gelockt haben.

Dort soll er sie gezwungen haben, sexuelle Handlungen an ihm durchzuführen. Nach Angaben der Polizei hat der Mann mit dem Kind das Bad gegen 20.20 Uhr verlassen – erst zwei Stunden später wurde die Sechsjährige von einem Zeugen aufgegriffen, rund fünf Kilometer vom Wasserpark entfernt.

Der mutmaßliche Täter habe das Kind laut der Polizei allein zurückgelassen, worauf es sich durch den Wald gekämpft haben muss. Dabei habe es lediglich Badeschuhe, sowie ein hellblaues Bikinioberteil und eine rosa Badehose getragen, wie es aus den Beschreibungen der Polizei hervorgeht.

Hat die Polizei bereits einen Täter identifiziert?

Der Europapark stellte den Ermittlern Bild- beziehungsweise Videomaterial zur Verfügung. Bei der Auswertung des Materials sei bereits Anfang der Woche ein männlicher Besucher in den Fokus der Ermittlungen geraten. Als Verdächtiger sei dann ein circa 31-jähriger Mann aus der Region identifiziert worden.

Bevor der 31-jährige Mann als mutmaßlicher Täter identifiziert wurde, hatten die Ermittler einen anderen Tatverdächtigen im Visier. Zu diesem habe man, so geht es aus einer Mitteilung des Polizeipräsidiums Offenburg hervor, am Montagmorgen persönlichen Kontakt aufgenommen – dadurch konnte die Person als Täter aber schnell ausgeschlossen werden, teilt die Polizei mit. Durch weitere Auswertungen des Videomaterials habe die Polizei einen unbeteiligten Zeugen ermitteln können, der den Beamten gesicherte Hinweise zur Identität des nun tatverdächtigen 31-Jährigen geben konnte.

Gibt es einen Haftbefehl?

Ja. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde ein Beschluss zur Wohnungsdurchsuchung sowie ein Haftbefehl erwirkt. Bei der Wohnungsdurchsuchung seien laut der Polizei Kleidungsstücke sichergestellt worden, die der 31-Jährige zum Tatzeitpunkt getragen haben könnte. Er selbst sei allerdings für die Polizei nicht greifbar gewesen, auch sein Reisepass habe gefehlt.

Die Polizei geht davon aus, dass sich der Tatverdächtige nach Rumänien abgesetzt haben könnte. Deshalb sei bereits ein internationaler Haftbefehl ausgeschrieben worden. Die Fahndungsmaßnahmen erfolgen länderübergreifend, sowohl offen als auch verdeckt.

Weitere Spuren an dem Mädchen und an der Kleidung des Mannes werden derzeit untersucht, so die Polizei.

Wie sieht der Verdächtige aus?

Laut der Polizei hat der Tatverdächtige folgendes Erscheinungsbild: Er soll eine schlanke Statur haben, schwarze kurze Haare und habe zur Tatzeit einen schwarzen Vollbart getragen. Außerdem liegen Hinweise vor, dass er Raucher sein könnte, sagt die Polizei. Allerdings sei auch nicht auszuschließen, dass sich der Tatverdächtige äußerlich verändern könnte. Er sei bislang ausschließlich wegen Diebstahls und Erschleichen von Leistungen polizeilich in Erscheinung getreten, nicht aber aufgrund von Sexualdelikten.

Mit einem Foto möchte die Polizei aktuell aber noch nicht nach dem Verdächtigen suchen. Laut einem Polizeisprecher würden dafür die „notwendigen gesicherten Erkenntnisse fehlen.“ Dazu müsse man beispielsweise die Ergebnisse der Auswertung von Spuren abwarten. An den Aussagen der Sechsjährigen würden laut der Polizei aber „in keiner Weise“ Zweifel gezogen werden. Bevor man eine Person aber aufgrund des Verdachts des Kindesmissbrauches mit einem Foto suche, müsse man sich der Sache „sehr sicher“ sein, erklärt die Polizei.

Wie geht es dem Mädchen?

Gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) äußerte sich ein Polizei-Sprecher, dass das vermutlich traumatisierte Kind wieder zu Hause bei seinen Eltern sei. „Man kann sich vorstellen, dass es nach einer so schrecklichen Tat um die Seele eines Kindes mit Sicherheit nicht gut bestellt ist“, sagte Wolfgang Kramer vom Polizeipräsidium Offenburg.

Ob sich das Mädchen in psychologischer Betreuung befindet, sei demnach nicht bekannt. Die Polizei biete aber Hilfe an, auch bestehe ein ständiger Kontakt mit der Familie. Das Mädchen habe nach Angaben der Polizei noch am Abend des Geschehens befragt werden können.

Was sagt der Europapark?

Gegenüber der dpa sagte ein Sprecher, dass alle im Europapark „sehr betroffen“ seien. Alle 700 Mitarbeiter im Erlebnisbad Rulantica seien sehr sensibilisiert, was das Thema angehe. So würden die Mitarbeiter versuchen, die Augen offenzuhalten, man mache alles, „was möglich ist.“

Auf Nachfrage des SÜDKURIER sagt ein Sprecher des Europaparks, dass es selbstverständlich bedauerlich sei, dass sich hier vereinzelt in ihrer Art völlig unterschiedliche Vorkommnisse ereignen. Für diese Fälle verfüge der Europapark aber über detaillierte Notfallpläne.

Was ist noch unklar?

Laut einer Mitteilung der Polizei vom Donnerstagabend versuchen die Ermittler derzeit, den Laufweg des Mädchens zu rekonstruieren. Klar ist, dass das Mädchen fünf Kilometer vom Freizeitbad von einem Zeugen gefunden und in Obhut genommen wurde. Um diese Strecke zu Fuß zurückzulegen, müsste das Mädchen rund eine Stunde gebraucht haben.

Es ist aber unklar, wie lange sie wirklich allein durch den Wald irrte, bevor der Zeuge sie aufgefunden habe. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass das Mädchen vergewaltigt worden ist.

Mittlerweile ist klar, dass der Tatverdächtige mit der Sechsjährigen zu Fuß unterwegs war. Nach Angaben der Polizei gebe es keine Hinweise darauf, dass der Verdächtige den Weg in den Wald in einem Fahrzeug zurückgelegt haben könnte.

Unklar sei auch, ob der mutmaßliche Täter tatsächlich nach Rumänien geflüchtet ist, sein Heimatland wieder verlassen hat, oder direkt in ein anderes Land gereist ist. Nach Angaben eines Polizeisprechers würden Verdächtige erfahrungsgemäß aber in eine Region oder Land flüchten, in dem sie sich auskennen und untertauchen können.

Die Polizei sucht dringend Zeugen: Wer das Kind ab Verlassen des Freizeitbades bis zum Auffinden durch Zeugen in Kappel-Grafenhausen (Ortenaukreis) gesehen hat, sei dazu angehalten, die Polizei unter 0781/21 28 20 zu kontaktieren.